Ganz einfach: Sie telefoniert mit ihren potenziellen Liebhabern – sehr oft, sehr lange und mitunter auch recht exzessiv. Dirty Talk statt Dirty Dating in Echtzeit also: „Sich da vorzutasten war aber gar nicht einfach“, gesteht sie und fragt, was mir dazu einfällt. Sagen wir so: Als Königin des Dirty Talks wird man nicht geboren – der Weg vom schmutzigen Gedanken zur passenden Wortwahl kann ein holpriger sein. Für angehende Tonkünstlerinnen: Pomali, gehen Sie es erst einmal langsam an. Sie müssen Ihr Smartphone nicht in der Sekunde in ein tönendes Sextoy verwandeln und endlos lange Telefonsex-Orgien erzwingen. Nein, das alles geht auch viel subtiler und doppelbödiger – doch gerade das könnte im ersten Schritt sogar um eine Nuance spannender sein.
Die hohe Kunst der Verbalerotik
Womit wir bei der hohen Kunst der feinen Verbalerotik gelandet wären – und dem raffinierten Einsatz von Stimme und Tonalität. Klar, das muss man können, wollen – und vor allem den Mut dazu haben. Da fällt mir die legendäre Schauspielerin Mae West ein – sie beherrschte den lasziven Unterton nahezu perfekt. Wenn sie in ihrer gedehnten Sprechweise sagte „Komm, lass uns nach draußen gehen“, hatte es nicht nur diese eine, im Grunde völlig harmlose, Bedeutung – nein, da war auch dieser gewisse Subton. Die Art und Weise, den Satz auszusprechen, ließ einen erweiterten Interpretationsspielraum zu. Und genau das kann in manchen Situationen um einiges anregender sein als ein glasklar-trockenes „Komm, lass uns raus, vögeln gehen.“
Umgekehrt konnte sie Anzüglichkeiten so vortragen, dass es engelsgleich und völlig unschuldig klang – indem sie ihre Hände auf ihre Wangen legte und Richtung Himmel blickte. Was für eine Performancekünstlerin! „Mae West konnte nicht mal ein Schlaflied singen, ohne dass es sexy klang“, schrieb das Magazin „Variety“ über die platinblonde Schauspielerin. Von sich selbst sagte sie, dass sie zwei Sprachen beherrsche: „Englisch und Körper“. Und genau das ist es, was man von ihr lernen kann, möchte man sich als Verbalerotikerin und Verführerin in Zeiten wie diesen vergnügen.
Einige Tipps dazu finden sich in dem hübschen Buch „Das gewisse Etwas“ von Ellen T. White: „Sagen Sie ihm, was Sie mit ihm machen werden, Schritt für Schritt. Seine Erwartung ist der Schlüssel. Drehen Sie es um und denken Sie laut darüber nach, was er vielleicht als Gegenleistung für Sie tun könnte. Verwenden Sie dabei einen Hauch sexueller Obszönität.“ Es geht also um die Art und Weise, wie etwas gesagt wird – man kann ein „Zieh mich aus!“ bellen und so formulieren, als würde man gerade einen Brief ans Finanzamt diktieren. Oder aber man kann die Worte ausatmen, hauchen, mit heiser-leiser Stimme schnurren. „Ein paar katzenhafte Laute können nicht schaden“, heißt es dazu im Buch. Zu gewollt wirkt natürlich uncool, die Gefahr, wie die Synchronisationsstimme in einem schlechten Porno zu klingen, ist groß. Vermutlich geht’s einfach nur darum, so zu klingen, als wäre man bereit für alles – und nichts.
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