Rubey und Maurer: "Plötzlich hat der Christbaum gebrannt"
Pleiten, Pech und Pannen zu Weihnachten. Vom brennenden Christbaum bis zu Unterhosen als Geschenk: Die Kabarettisten Manuel Rubey und Thomas Maurer über Aufreger und Hoppalas.
Aus der Küche duftet es nach Vanillekipferln, im Radio drehen wir bei „Last Christmas“ die Lautstärke rauf – alle Jahre wieder sehen wir Weihnachten mit unbändiger Vorfreude entgegen. Man kann es drehen und wenden wie man will: Es ist das Fest des Jahres. Groß ist die Erwartungshaltung, alles soll perfekt sein. Doch natürlich läuft auch am Heiligen Abend nicht immer alles rund. Im Doppeltalk berichten uns die Kabarettisten Manuel Rubey und Thomas Maurer von ihrem Umgang mit dem Weihnachtsfest, ihren Bräuchen und Erfahrungen. Und weil ein persönliches Treffen derzeit nicht klappt, gab es eines per Videokonferenz.
freizeit: Weihnachten ist das Fest des Jahres – dabei kann natürlich auch manches schiefgehen. Welches Hoppala drängt sich Ihnen als Erstes in Erinnerung?
Manuel Rubey: Ich weiß noch, als ich acht oder neun Jahre alt war. Meine Eltern waren damals noch zusammen, wir haben in Wiener Neudorf gelebt. Damals gab es auch noch Schnee, was die Kinder heute ja nur noch aus Erzählungen kennen: weiße Weihnachten. Und wir hatten den Christbaum mit echten Kerzen aufgeputzt ...
Ich ahne, wie sich die Geschichte weiterentwickeln könnte ...
RUBEY: Plötzlich hat der Christbaum gebrannt. Ich erinnere mich noch: Mein Vater hat ihn geschnappt, aus dem Haus getragen und den brennenden Baum einfach in den Schnee geworfen. Das war relativ spektakulär ...
Kein Kübel Wasser, der neben dem Baum stand, wie es empfohlen wird?
RUBEY: Der hat leider gefehlt. Ich bin aber trotz dieses Erlebnisses ein Verfechter von Echtkerzen am Baum. Ich finde: wenn schon, denn schon.
Thomas Maurer: Alkoholfreies Bier, Elektrokerzen und serielle Monogamie – alles Dinge, die gar nicht gehen.
RUBEY: Als der Baum ausgekühlt war, haben wir ihn dann wieder zurück ins Haus gebracht und neu aufdrapiert. Er war zwar nicht mehr der Alte, aber immerhin, es stand ein Baum da.
MAURER: An ein ähnlich dramatisches Missgeschick habe ich keine gesonderte Erinnerung. Bei mir ist am Weihnachtsabend noch nichts angebrannt, auch kein Gansl. Es ist mir höchstens schon passiert, dass die Erdäpfelknödel eine Art Erdäpfelpüree waren.
Es muss nicht immer etwas in Flammen aufgehen, auch so verbinden viele Weihnachten mit Stress. Sind die Tage rund ums frohe Fest wenigstens bei euch so entspannt, wie sie es sein sollten?
MAURER: Warum sollten sie es sein?
RUBEY: Ich finde diese Tage ehrlich gesagt auch alles andere als entspannend. Meistens ist Weihnachten ja ein bissl wie Lockdown: Man ist ohne es zu wollen mit den engsten Familienmitgliedern eingesperrt.
MAURER: Und in Anbetracht der bisherigen, mageren Geldausschüttungen der Regierung an die Branche der Kulturschaffenden haben wir heuer endlich die Chance, mit dem lästigen Konsumismus zu brechen. Heuer wird ein Weihnachten wie es eigentlich gedacht ist!
Weihnachten wie damals: ein Fest der Familie, auch für euch?
MAURER: Bei mir hat sich das als Kind so ritualisiert, dass wir zu Besuch bei meiner Oma waren. Die hat dann so lange für alle Verstorbenen gebetet, die ihr eingefallen sind, bis sie geweint hat – anschließend wurden Sandwiches serviert und meine Onkel haben gestritten.
RUBEY: Ich habe die Besuche bei Verwandten als Kind als sehr anstrengend empfunden. Gleichzeitig habe ich allerdings gewusst, dass auf diese Weise in kürzester Zeit relativ viel Taschengeld zusammenkommt. Und deshalb hab’ ich es dann unterm Strich eigentlich ganz gern gemacht.
Haben Sie abgesahnt?
RUBEY: Meistens gab es 10 bis 20 Schilling. Ganz selten sogar einen Fünfziger. Das war ziemlich super. Taschengeld habe ich, soweit ich mich erinnere, von den Eltern keines bekommen. Und wenn, dann wirklich sehr wenig. Bei diesen Verwandtschaftsbesuchen hingegen hatte ich die Möglichkeit, sehr schnell sehr viel abzustauben.
MAURER: Sehr bitter! Mich hat damals weniger das Geld beschäftigt, als das Christkind selbst es getan hat. Schon früh habe ich dahinter eine riesige Verschwörungstheorie gewittert: Eine riesige Anzahl an Menschen, die sich darauf geeinigt hat, etwas zu verheimlichen. Alle Erwachsenen waren darin verwickelt, den Kindern etwas einzureden, das gar nicht stimmt. Das hat meinen Zugang bis heute geprägt.
Sie waren schon früh ein Zweifler, ob es das Christkind überhaupt gibt?
MAURER: Ja, und später hat sich sogar enthüllt, dass das Christkind nicht einmal aus dem direkten Bibelstudium abzuleiten ist. Trotzdem haben alle jahrelang so getan, als gäbe es das Christkind. Ich ziehe da per Gedankensprung durchaus eine Parallele zur Geldtheorie: Geld funktioniert auch nur deswegen, weil alle dran glauben.
RUBEY: Ich habe meinen Eltern die Sache mit dem Christkind zwar nicht abgekauft – jedoch wollte ich daran glauben. Das ist ja das Schöne! Meine Mutter hat auf rührende Weise gut geschauspielert: Nachdem mein Vater zur Bescherung geläutet hat und ich endlich das Wohnzimmer betreten durfte, ist sie immer am Fenster gestanden und hat dem Christkind nachgewunken, das – wie’s der Zufall so will – gerade in diesem Moment zum Fenster rausgeflogen war ...
Ein Brennpunkt zu Weihnachten ist öfter auch die Küche. Wie wild geht es da bei euch am Heiligen Abend zu?
MAURER: Das hält sich bei uns in Grenzen, weil wir an den Feiertagen die Großeltern besuchen. Dort wird dann gegessen, was auf den Tisch kommt. Ich persönlich koche zwar gern. Ein spezifisches kulinarisches Weihnachtsritual habe ich allerdings nicht. Anders verhält sich das zu Ostern: Wenn ich da keinen Schinken im Brotteig serviert bekomme, dann bin ich angefressen ...
RUBEY: Gerne verrate ich an dieser Stelle, dass der Thomas ausgezeichnet kocht. Allerdings hinterlässt er die Küche in einem Zustand, dass man eigentlich alle Weihnachtsfeiertage benötigt, um sie danach zu putzen und sauber zu kriegen. Anbetracht seiner Kochkünste lohnt sich das allerdings, möchte ich betonen.
Manuel, welche kulinarischen Rituale pflegen Sie zu Hause?
RUBEY: Das ist in unserer Familie ein heikles Thema, zumal meine ältere Tochter im Team Greta spielt – sprich, sie isst vegetarisch. Wir nehmen das auch ernst, über Greta macht man keine Witze.
Und Ihre jüngere Tochter?
RUBEY: Die Kleine ist noch zu sehr Hedonistin, die isst noch Fleisch. Aber die Große hat sich das Fleischessen seit einem halben Jahr komplett verboten – und das, obwohl sie es eigentlich gerne mag und Gemüse nicht leiden kann. Wir werden also versuchen, am Heiligen Abend ein mehrgängiges vegetarisches Menü zusammenzuzaubern. Und wahrscheinlich daran scheitern ...
MAURER: Muss aber nicht sein: Immerhin gilt nach Alt-Wiener-Definition ja auch ein Wurstsalat als vegetarisch ...
Klingt danach, als könnte die Essensfrage am Weihnachtsabend noch zu mittelschweren Gemetzeln führen.
MAURER: Man muss da einfach Kompromisse schaffen. Bei mir ist die Situation so, dass der Kleinste isst, wie man es gemeinhin annimmt, dass Kinder essen. Und der Große verkostet alles gerne einmal. Schon im Alter von fünf Jahren hat er Austern probiert. Die haben ihm zwar nicht wirklich geschmeckt, aber er fand sie zumindest interessant. Vielleicht serviere ich als Weihnachtsmenü heuer ja Austern und Kinderüberraschungseier ...
Sprechen wir über das Thema Schenken, das ja eine eigene Kunst ist: Mit dem richtigen Geschenk kann man viel gewinnen, mit dem falschen es sich ordentlich verscherzen. Seid ihr gut im Schenken?
RUBEY: Grundsätzlich ja. Ich kaufe Geschenke am liebsten, wenn mir danach ist – oder mir für jemanden eine schöne Überraschung einfällt. Das mache ich gerne und oft. Kaum geht es jedoch darum, für einen speziellen Anlass ein Geschenk auszusuchen, fällt mir nichts mehr ein. Zum Glück ist das bei meiner Frau keineswegs der Fall.
Ihre Frau rettet Sie aus dieser Situation?
RUBEY: Und wie. Sicher hat sie jetzt schon, einen Monat vor Weihnachten, längst alle Geschenke besorgt – inklusive aller Tanten, Onkel und fernen Verwandten. Davor ziehe ich meinen Hut! Zumal es mich in eine komfortable Lage bringt: Wenn jemandem gut gefällt, was er geschenkt bekommt, darf ich behaupten: das Geschenk sei „von uns“. Herrlich.
Ist euch ein Weihnachtsgeschenk einmal als besonders schrecklich in Erinnerung geblieben?
RUBEY: Ich habe einmal eine Unterhose geschenkt bekommen, auf der „Einfahrt freihalten“ stand.
MAURER: Ich habe tatsächlich einmal eine Unterflak mit der Aufschrift (zensiert, Anm. der Redaktion) bekommen.
Und ein besonders schönes Präsent?
RUBEY: Eine Autorennbahn von Carrera. Ich konnte im Wohnzimmer aber nur Schritttempo fahren, weil die Eltern starke Raucher waren und deshalb alles von Nebelschwaden verhangen war. Ein anderes Geschenk, an das ich mich gerne erinnere, hatte mit Fußball zu tun: Ich war ein großer Fan von Andi Ogris und habe zu Weihnachten ein Ogris-Trikot mit der Nummer 7 geschenkt bekommen. Da war ich sehr stolz.
Das freut mich als Austria Wien-Fan natürlich ganz besonders. Wissen Sie auch noch, was die letzte Bescherung brachte?
MAURER: Ich bekomme meist Bücher und Tonträger geschenkt. Um zweitere abzuspielen, muss ich aber oft erst eine Ansteckmöglichkeit für den CD-Player finden, weil die Kinder den Strom für die X-Box benötigen.
RUBEY: Ich weiß es nicht mehr – wie furchtbar. Vielleicht war es ja nichts Spektakuläres. Andererseits: Nein, meine Frau schenkt mir immer wahnsinnig schöne Dinge. Allein, mir fällt es gerade nicht ein ...
Darf man sich zu Weihnachten gegenseitig Socken schenken?
RUBEY: Wenn schon, dann müssen es wenigstens originelle Socken sein. Es ist zwar längst nicht mehr originell, originelle Socken zu tragen. Aber zwei Paar schwarze Socken? Das wäre echt ein Griff in den Gatsch. Witzige Socken finde ich aber okay.
MAURER: Für mich bitte ausschließlich schwarze Socken als Geschenk. Danke.
Es soll ja Leute geben, die erst am 23. Dezember schnell einen Notkauf tätigen ..
RUBEY: Ich habe einen alten Freund, mit dem ich mich einmal im Jahr am 23. Dezember zum Geschenke kaufen verabrede. Dann ziehen wir mit unseren Listen durch die Stadt. Und dazwischen trinken wir ein bisschen was, um uns zu bestärken.
Trinken Sie im Advent mehr Alkohol als sonst?
RUBEY: Ja, ähnlich wie im Lockdown. Die Verlockung und die Wahrscheinlichkeit, dass ich trinke, steigt mit der Möglichkeit zu Hause zu sein. Weil ich für die Dinge, die ich hier tue, nicht komplett nüchtern sein muss. Also: Leben. Musik hören. Kochen. Deswegen ist die Gefahr größer.
MAURER: Um der Lockdown-Depression nicht komplett anheim zu fallen, habe ich meinen Alkoholkonsum im Moment eher eingeschränkt. Aber nicht immer. Das ist eine sehr intuitive Entscheidung (lacht).
Nach dem dritten Achterl fällt das Singen von Weihnachtsliedern ja bekanntlich ein ordentliches Stück leichter.
MAURER: Ich neige dazu, das von Helmut Qualtinger nach einem Gedicht von H. C. Artmann gesungene Lied „Angsoffener unterm Christbaum“ zu geben – einer meiner liebsten Weihnachtsbräuche. Das kommt zwar nicht immer gut an. Aber es ist ein schönes Ritual, das ich genieße.
RUBEY: Was auch gut ankommt: Spontan eine Rede zu halten, deren Inhalt man sich erst während man sie hält überlegt. Das trifft tatsächlich auf mich zu, weil ich manchmal so deppert bin zu glauben, ich muss Thomas-Bernhard-mäßig allen alles einmal reinsagen. Das geht nur nach hinten los, weil die Menschen mit so viel Direktheit gar nicht umgehen können. Ich könnte es auch nicht, aber der Alkohol ermutigt einen.
Unerschrockene Offenheit, die grundsätzliche Gefahr bei Weihnachtsfeiern.
RUBEY: Ich bewerte es positiv, dass heuer keine Weihnachtsfeiern stattfinden. Diverser Nachwuchs, der nicht erwünscht ist, wird dadurch nicht gezeugt werden – das ist eine Chance, beruflich wie privat. Punsch an sich ist schon ein schlechtes Getränk, zudem richtet er aber nur Katastrophen an.
Manuel, Sie galten früher als Weihnachtsmuffel. Hat sich das gebessert?
RUBEY: Deutlich. Wenn man die leuchtenden Kinderaugen sieht, wäre man ein schöner Trottel, das nicht hintanzustellen. In meiner Pubertät habe ich als Kurzzeit-Punk meiner Familie das Fest allerdings manchmal wirklich versaut. Ich bin dazu einfach nicht aufgetaucht.
Wo waren Sie stattdessen?
RUBEY: Ich habe Samariter gespielt und war zum Beispiel in einem Altersheim und habe für die Leute dort Gitarre gespielt.
MAURER: Die werden eine Freud’ g’habt haben!
RUBEY: Ich war 15, es war eine schwierige Zeit! Ich entschuldige mich dafür bei meiner Familie: Man darf gerne an allen anderen Tagen rebellieren, zu Weihnachten muss das nicht gerade sein. Deshalb versuche ich heute besonders konstruktiv zu sein.
Welche Lieder haben Sie gespielt?
RUBEY: Alles von STS bis Ostbahn-Kurti. Und ein paar Weihnachtslieder.
MAURER: In den Vereinigten Staaten nehmen alle wichtigen Künstler Weihnachtsalben auf – wo bleibt deins?
RUBEY: Ich hätte da an ein Duo-Album mit dir gedacht ...
MAURER: „Angsoffener unterm Christbaum“, neu arrangiert? Na schauen wir mal ...
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