Was schenke ich nur? Eine Frage, die in den Wochen vor Weihachten bei vielen Menschen für Stress sorgt. Als jemand, der sich sein Leben lang mit diesem Thema beschäftigt, hat es Susanne Kippenberger da schon etwas einfacher: „Mir macht es das ganze Jahr Spaß, Sachen zu suchen und zu finden, die genau zu einer Person passen.“ Ein wichtiger Aspekt. Dabei zählt nicht der Preis, sondern der Gedanke, der mit dem Geschenk und damit auch mit dem Beschenkten, verknüpft wird. „Es ist wichtig, einen anderen Menschen ernst zu nehmen und zu wissen, da hat jemand wirklich an mich gedacht. So entsteht Beziehung“, sagt Susanne Kippenberger. Sie zitiert Theodor Adorno: „Wirkliches Schenken hatte sein Glück in der Imagination des Glücks des Beschenkten. Es heißt wählen, Zeit aufwenden, auf seinem Weg gehen, den anderen als Subjekt denken.“
Dabei schwingt auch immer Liebe mit, egal, wie nahe man einander ist: „Da gibt es das liebevolle Aussuchen und Verpacken – oder das lieblose“, sagt die Autorin. Für das Liebevolle brauche es Aufmerksamkeit und einen langen Atem: „Nichts ist schlimmer als auf Kommando einzukaufen. P. hat heute Geburtstag, was kann ich da zwischen Dienstschluss und Dinnerparty noch besorgen? Bestimmt nichts Persönliches“, überlegt sie. Da setzt sie lieber auf mehrere Kleinigkeiten, die sie auf ihren Wegen (oft beim Reisen) entdeckt hat, und schließlich einzeln verpackt und das dann als „Wundertüte“ überreicht. Apropos verpacken: Hier ist ebenso das Besondere, aber nicht unbedingt Kostspielige gefragt. Kippenberger schwört seit Jahren auf folgende, einfache Methode: Ihre Geschenke wickelt sie in einfärbiges Papier, das sie mit lustigen Fotos oder Bildchen beklebt, die sie im Laufe der Zeit aus Katalogen, Broschüren oder Zeitschriften gesammelt hat. „Darüber freuen sich die Menschen so sehr, dass sie das Geschenk manchmal ungeöffnet stehen lassen, um länger etwas von der Verpackung zu haben.“
Verpackung scheint ebenso unterschätzt wie der Faktor „Zeit“: „Gerade dieses Jahr wären Zeit-Geschenke besonders angebracht, sie bergen allerdings, wie viele Gutscheine, Gefahren. Es wird ein Versprechen geschenkt, das manchmal nie eingelöst wird. So wird es zu einem leeren Versprechen – das kann schmerzhafter sein, als gar nichts geschenkt zu bekommen.“
Geld-Geschenke lässt Kippenberger nur in ausgewählten Fällen gelten: „Lange dachte ich, das sei einfallslos. Aber gerade bei jüngeren Menschen ist es oft besser, Geld zu schenken, als etwas, mit dem sie nichts anfangen können.“ Allerdings sei ihr wichtig, nicht nur das „nackte“ Geld zu geben, sondern immer „eine Kleinigkeit dazu zu tun, damit das persönlich aufgeladen wird“. Kippenberger outet sich übrigens als Anhängerin des Weihnachtsfestes, im Sinne der Buddenbrooks von Thomas Mann: „Die Familie hatte das Gefühl, durch die geöffnete Flügeltür, direkt in den Himmel hinein zu marschieren.“ Um dieses weihnachtliche „Glück der Fülle“ zu ermöglichen, fängt sie immer schon im Sommer an, sich Gedanken zu machen, und notiert sich jede Geschenkidee in den Notizen ihres Handys. Trotzdem geht es ihr wie vielen anderen: „Am Ende ist der Advent doch immer zu kurz…“ Fülle bedeutet für die Geschenk-Expertin dennoch keine Überfülle: „Gerade heuer könnte man die Zeit nützen, sich wirklich etwas zur Person Passendes einfallen zu lassen. Wir sollten mehr überlegen, statt nur zu kaufen.“
BUCHTIPP: „Die Kunst der Großzügigkeit“, Hanser, 256 Seiten, 24,70 Euro
Kommentare