Beatles & Beastie Boys im Kino: Musikfilme im Trend
Legendäre Livekonzerte, wie es sie nie wieder geben wird. Bands, deren Gigs man leider nicht besuchen konnte, bevor sie sich unter dramatischen Umständen wieder auflösten. Oder einfach der Blick durchs Schlüsselloch – auf ein ganz besonderes Leben. Musikfilme geben uns die Chance, noch einmal oder endlich einmal dabei zu sein.
Biopics & Dokus
Gerade die sogenannten „Biopics“, also Spielfilme über das Leben der Künstler, setzten in den letzten Jahren zu einem regelrechten Höhenflug an. Da nahm uns etwa Oscarpreisträger Rami Malek in „Bohemian Rhapsody“ auf die Achterbahnfahrt von Freddie Mercurys Leben mit.
Ethan Hawke begeisterte als Chet Baker („Born To Be Blue“), „Straight Outta Compton“ nimmt uns mit in die gefährlichen Teile von Los Angeles, wo die Karriere von Ice Cube, Dr. Dre & Co begann. Oder erst vergangenes Jahr, als der schillernde „Rocketman“ spektakulär abhob, der Film über Elton Johns Aufstieg und Beinahe-Fall Kritiker und Kinopublikum begeisterte.
Die bösen Boys
Heuer sind allerdings wieder die großen Dokus dran – dafür aber mit gleich zwei der ganz großen Regisseure des Hollywood-Himmels. Peter „Hobbit“ Jackson drehte einen Film über die Beatles, während Spike Jonze sich der irrwitzigen Karriere der Beastie Boys annahm. Wie er ausgerechnet darauf kam? Erstens sind die „Boys“ so etwas wie amerikanische Ikonen, „You Gotta Fight For Your Right To Party!“ ist noch heute College-Kanon, zweitens sind sie mit 20 Millionen verkauften Alben nicht nur die meistverkaufte Hip-Hop-Band der Welt, sondern stehen auch was Pop ganz allgemein betrifft in der ersten Reihe.
Und ja, Mr. Jonze hat seine ersten Sporen nicht mit arty Intellektuellenfilmen verdient, wie man vielleicht vermuten könnte, sondern mit Musikvideos. Für Sonic Youth, die Breeders, Weezer – und die Beastie Boys.
Zwei der Lieblingsrabauken von einst, Mike-D und Adam Horovitz, sind wunderbar sympathisch in die Jahre gekommen, während Gründungsmitglied Adam Yauch 2012 im Alter von nur 47 Jahren an Ohrspeicheldrüsenkrebs verstarb. Regisseur Spike Jonze lässt die beiden Überlebenden sich erinnern und hat wunderbar nostalgisches Filmmaterial ausgegraben, aus den Tagen, als es mit Kate Schellenbach auch noch ein „Beastie Girl“ gab, das gemeinsam mit den Jungs Hardcore-Punk machte. Als sich nach dem Wechsel zum Hip-Hop erste Erfolge einstellten, wurde Kate gefeuert, sie passte nicht mehr zum Image der „bösen Buben“.
Ein Verhalten, das Adam und Mike heute noch auf der Seele liegt. „Plötzlich sind wir von Jungs, die sich über eine gewisse Szene lustig machen, genau zu diesen Typen geworden“, erinnert sich Mike D im Film. Aber keine Sorge, inzwischen haben sie sich mit Kate wieder versöhnt.
Brave Beatles?
Der Weg der Boys aus Brooklyn zum Superstartum war jedenfalls ein lauter, grober – ganz wie man es vermuten würde. Die Beatles dagegen waren doch die Braven, perfekte Schwiegersöhne gewissermaßen. Oder? Wenn man sich da mal nicht täuscht. Jedenfalls sollte man sich nicht von den Firmungsanzügen ihrer frühen Karriere oder dem sanften Dackelblick eines Paul McCartney in die Irre führen lassen. Vom unschuldigen Grinsen Ringo Starrs erst recht nicht.
Oscar-Preisträger Peter Jackson hat sich für sein Filmprojekt über die Fab Four jedenfalls ein ganz besonderes Event ausgesucht: Das Ende der Beatles während der Aufnahmen zu „Let It Be“, das letztendlich mit dem Konzert auf dem Dach der „Apple Headquarters“ endete. Dem letzten öffentlichen Auftreten von Paul, John, George und Ringo. Und nein, Apple hatte damals gar nichts mit Computern zu tun ...
Sir Jackson, der bei seinen preisgekrönten „Herr der Ringe“-Verfilmungen ausgeprägten Sinn für Dramatik bewiesen hat, hatte Zugriff auf knapp 60 Stunden bisher unveröffentlichten Filmmitschnitt – und bastelte daraus ein Werk, das die Vorab-Kritiker durch seine Leichtigkeit und seinen Witz begeisterte. Nicht nur Beatles-Fans werden davon begeistert sein, heißt es.
Jede Menge Drama
Und wo bleiben die herrlich dramatischen Biopics über das Leben der Superstars? Die großen Spielfilme mit Liebe, Leidenschaft, Verrat und allem, was dazu gehört?
Keine Sorge, in „Stardust“ kommt sogar eine ganz besonders dramatische, kultartig verehrte Figur auf die große Leinwand: David Bowie. Es geht um die erste US-Promo-Tour mit dem Album „Hunky Dory“, als der 24-jährige, langhaarige Bowie Exzentriker wie Iggy Pop & Co. kennenlernte. Und sich schließlich neu erfand, zu Ziggy Stardust wurde, der die Popwelt erobern sollte.
Aus rechtlichen Gründen gibt’s keine Originalmusik von Bowie. Trotzdem: Der britische Schauspieler und Sänger Johnny Flynn bringt den frühen Bowie erstaunlich gut rüber. Noch ein wenig Hippie, aber schon auch gern im langen Kleid, nur ohne das grenzüberschreitend Ekstatische, das sich einfach über alles hinwegsetzt. Man spürt aber, dass es schon da ist, dass es wächst. Und auch das muss ein Biopic können.
Das Release-Date des Streifens steht aufgrund des Corona-Virus noch in den Sternen, fertig ist er jedenfalls. So wie „Respect“, in dem Jennifer Hudson die geniale Aretha Franklin spielt. Zwischen Herbst und Weihnachten sollten sich beide Filme hoffentlich ausgehen.
Best Of: Musikfilme
Dokus, die mit Sounds und Atmosphäre punkten, Spielfilme, die uns das Leben der Stars zeigen. Hier sind die besten, in chronologischer Reihenfolge.
Woodstock (1970) – Die Mutter aller Musik-Dokus. Noch immer fesselnd.
The Buddy Holly Story (1978) – Ein „jugendgefährdender“ Brillenträger revolutioniert die Musik, großartiger Spielfilm.
The Last Waltz (1978) – Regie-Star Martin Scorsese filmte das letzte Konzert der legendären „The Band“.
The Kids Are Alright (1979) – Wilde Doku über die wilden Jungs von The Who.
Sid & Nancy (1986) – Mit Gary „Vicious“ Oldman als Sex Pistols-Bassist!
Sign O’The Times (1987) – Prince in einem der besten Konzertfilme aller Zeiten.
In Bed With Madonna (1991) – Sensationelle Doku über Madonna Backstage.
What’s Love Got To Do With It (1993) – Angela Bassett als Tina Turner. Mitreißend.
Buena Vista Social Club (1999) – Die Geburt des Kuba-Hypes groovt heute noch.
Westway To The World (2000) – Doku über die „wichtigste Band der Welt“: The Clash.
Ray (2004) – Jamie Foxx als Ray Charles.
Walk The Line (2005) – Superstar Johnny Cash kämpft mit seinen Dämonen. Golden Globe für Darsteller Joaquin Phoenix.
I Am Not There (2007) – Cate Blanchett als Bob Dylan? Genial.
The Runaways (2010) -– Kristen Stewart spielt Joan Jett. Yeah!
Searching For Sugar Man (2012) – Grandiose Doku über den geheimnisvollen Songwriter Sixto Rodriguez.
Behind The Candelabra (2013) – Schön schräg: Michael Douglas als Liberace!
Straight Outta Compton (2013) – Der Aufstieg der Westcoast-Rapper als Thriller.
Born To Be Blue (2016) – Ethan Hawke spielt Chet Baker. So schön. So traurig.
Bohemian Rhapsody (2018) – Freddie Mercurys Leben, preisgekrönt verfilmt.
Rocketman (2019) – Das Biopic über Elton John gilt als eines der besten aller Zeiten.
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