Alles auf Neubeginn
Doch der Mensch funktioniert anders als das Tier, welch ein Glück: Wir haben das ganze Jahr – mehr oder weniger – Lust. Und mehr oder weniger Sex. Und trotzdem sollten wir uns den Frühling als besondere Zeit des Jahres ins Herz beamen, im Sinne von „Ikigai“. Er macht uns lebendig und bunt. Besonders, weil das Leben jetzt auf Neubeginn steht, und jedem Anfang bekanntlich „ein Zauber innewohnt“. Was Hermann Hesse in seinem Gedicht „Stufen“ noch schreibt, ist wesentlich: „Nur wer bereit zu Aufbruch und Reise, mag lähmender Gewöhnung sich entraffen.“ Frühling wird’s: Adieu, Lähmung, jetzt geht’s darum, sich wieder zu „bewegen“, sich zu öffnen, um sich dem Leben und seinen vielen wunderbaren Augenblicken zuzuwenden. Und der Kraft, die damit verbunden ist.
Was das mit Sex zu tun hat? Ganz einfach: Um ein sexuelles Wesen zu sein, braucht es Sinnlichkeit und die Wachheit für alles Schöne, das die Welt zu bieten hat. Da ist der Frühling herrlich exzessiv – alles da, im Überfluss: das Kitzeln der Sonne, das Aufblühen, der Duft, das Erdige, der wärmer werdende Wind, die Leichtigkeit, die Lust, etwas zu erleben. Wir öffnen uns, fühlen uns frei, alles fließt. Dieses „Fließen“ hilft, mit unserer sexuellen Energie in Kontakt zu kommen. Aber auch, sich neu zu verlieben – nicht zwingend in einen anderen Menschen, sondern ins Leben an sich, in die Natur und vielleicht auch in uns selbst. That’s Erotik, Baby!
Also bitte nicht falsch verstehen: Es geht nicht darum, uns Huschpfusch One-Night-Stands zu verordnen, um frühlingsfit zu werden. Sondern vielmehr darum, ein erotisch-sinnliches Fühlen in unser Leben einzuladen, statt immer nur zu funktionieren, im Alltagssein zwischen Geschirrspüler, Laptop und To-do-Listen. Eine Reise in die Welt der Sinne hilft uns, „saftig“ zu bleiben, interessiert, neugierig und offen für Neues und Schönes. Das Tor zur Erotik – wir hören, schmecken, riechen, fühlen. Die Welt – uns! Ein Prozess, zu dem der Frühling einlädt, weil er die perfekte Zeit ist, alles, was da draußen gerade passiert, in uns aufzunehmen, mit jeder Faser, mit jedem Atemzug und mit jeder Berührung. Glücksmomente aus Farben, Tönen, Gerüchen, die aber nur dann wahrnehmbar werden, wenn wir uns mit ganzem Herzen hingeben. Aber dann – dann ist er endlich da, der legendäre Frühlings-Flow. Er macht die Menschen schön, zufrieden und erotisch – vor allem aber bereit, zu lieben, was da ist.
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