Schwerkranke Welpen
Vor allem Welpen beliebter Rassen werden aber aufgrund der Nachfrage überhaupt erst in sogenannten Vermehrungsstationen gezüchtet, vielfach in Osteuropa, etwa in Rumänien, Ungarn oder Bulgarien. Viel zu früh werden sie von der Mutter getrennt, nicht ausreichend geimpft und unter mit dem österreichischen Tierschutz nicht vereinbaren Transportbedingungen über Ländergrenzen transportiert. „Wenn jemand in kurzer Zeit, zu einem Schnäppchenpreis verschiedene Rassen liefern kann, muss etwas faul sein. Man muss sich schon fragen, wie das im Hintergrund ausschauen kann“, betont Persy.
Oft bringen diese Welpen Krankheiten mit, häufig Pavovirose, eine hochansteckende Infektionskrankheit, bei der es zu Fieber, Erbrechen und Durchfall kommt und die vermehrt auftritt, wenn viele Hunde unter schlechten Bedingungen auf engem Raum zusammenleben. Persy: „Viele Tiere versterben ein paar Tage, nachdem sie bei ihren neuen Besitzern angekommen sind oder überleben gerade noch. Die Halter haben dann eine Tierarztrechnung von mehreren tausend Euro und sind ganz erstaunt, dass es sich nicht um eine handverlesene Familienaufzucht handelt.“
Manche der schwerkranken Welpen werden einfach ausgesetzt. „Sie sind zu krank, um verkauft zu werden, oder der neue Besitzer merkt, dass sie krank sind und kann die Tierarztkosten nicht tragen“, erzählt Sonja Zarbach vom Wiener Tierquartier. Dorthin kommen ausschließlich Tiere, die gefunden wurden. „Während der Pandemie kam es zu einer Zunahme kranker Tiere in Parks, vermutlich aus illegalem Welpenhandel. Für die Jungtiere ist das besonders problematisch, da sie wegen der Infektiösität abgesondert gehalten werden müssen und keinen Kontakt zu anderen Hunden haben dürfen“, so Zarbach. Nach wie vor gebe es illegale Kofferraumverkäufe, bei denen die Tiere im öffentlichen Raum an spontane oder via Internet gewonnene Interessenten verkauft werden. Vor allem zum Wochenende hin werden ausgesetzte Welpen entdeckt und ins Tierquartier gebracht.
Einfach ausgesetzt
„Das Problem ist, dass wir nichts über das Tier wissen. Wir verlassen uns auf die Einschätzung der Tierärzte, aber wir wissen nicht, was dem Hund vorher passiert ist. Gerade die Junghunde sind in der Betreuung wahnsinnig schwierig, da sie nicht viel kennengelernt haben und viele Ängste haben“, erzählt Zarbach. Viele Fundtiere brauchen intensives Training bevor sie vergeben werden können. Zarbach: „Ganz wichtig ist der Vertrauensaufbau mit den Pflegern. Wir haben ein großes Gelände, wo sie Normalität kennenlernen, etwa gemeinsame Spaziergänge mit anderen Hunden, die Begegnung mit Autos.“ Bei besonders anspruchsvollen Tieren wird mit Trainern gearbeitet. Viele sogenannte Listenhunde, für die in Wien Leinen- und Beißkorbpflicht besteht, müssen daran erst gewöhnt werden.
Bei der Vergabe sind Listenhunde und besonders jene, die verhaltensauffällig sind, schwieriger zu vermitteln als kleine Rassen wie Chihuahua, Malteser oder Zwergspitz. „Auch bei Langsitzern, also Tieren, die mehr als ein Jahr bei uns sind, finden sich immer wieder Leute, die bereit sind, viel in ein Training zu investieren. Das ist aber eher selten der Fall, da man sein Leben an das Tier anpassen muss, etwa, weil andere Hundebegegnungen oder ein Kontakt mit Kindern nicht möglich sind“, so Zarbach.
Tiere auszusetzen ist in Österreich übrigens mit bis zu 7500 Strafe belegt. Die Verfolgung ist aber ebenso schwierig wie die derjenigen, die die Welpen ins Land bringen. Sie bewegen sich oft in einem rechtlichen Graubereich, sind durch die Anonymität des Internets nur schwer auszuforschen.
Straßenhunde: Keine "gute Tat"
Auch vermeintliche Straßenhunde zu importieren, ist nicht unbedingt eine gute Tat. Wirklicher Tierschutz ist es dann, wenn vorort Kastrationsprogramme betrieben werden. „Ein echter Straßenhund wird sich kaum in einer kleinen Wohnung wohlfühlen. Es gibt aber viele Organisationen, denen das egal ist und die Besitzer haben dann einen Hund, der überhaupt nicht zu ihnen passt“, sagt Tierschutzombudsfrau Persy. Kommt es zu Schwierigkeiten mit dem auf diese Art vermittelten Hund, sind manche Organisationen nicht mehr erreichbar. Die neuen Besitzer haben dann zwei Möglichkeiten: Entweder sie arbeiten mit ihrem Hund, investieren Zeit und Geld, etwa mithilfe von Tiertrainern. Oder das Tier landet in einem Tierheim.
Im Tierquartier, aber auch in anderen Tierheimen, sind sie dann oft schwer zu vermitteln. Generell müssen Interessenten sich um ein Tier bewerben – sie können nicht etwa durchgehen und einen Hund mitnehmen. Stattdessen füllen Sie Fragebogen aus, im persönlichen Gespräch werden Erwartungen besprochen. Manche wollen etwa, dass das Tier schon nach einer Woche acht Stunden alleine bleibt oder die Kinder gleich mit ihm Gassi gehen können. „Einige der Erwartungen kann ein Hund kaum erfüllen, auch nicht ein Hund von einem Züchter.“ Schließlich werden jene Tiere vorgestellt, die aus Sicht des Tierheims passen.
Unterstützung für Hundehalter
Im Tierquartier braucht es mindestens zwei Termine, um den Hund kennenzulernen, einer davon ist ein Spaziergang. „Viele kommen mit der Vorstellung, dass im Tierheim jeder Hund dankbar ist und sich freut, einen Besitzer zu finden. Wenn das Verhalten oder die finanzielle Situation von Interessenten nicht gesichert sind, ist das Tier aber besser bei uns aufgehoben“, betont Zarbach.
Auch nach er Vermittlung werden die neuen Halter unterstützt, zum Teil werden Trainer- und Tierarztkosten übernommen. Falls es überhaupt nicht passen sollte, kann der Hund innerhalb von vier Wochen zurückgegeben werden, was „sehr selten“ vorkomme.
Eva Persy empfiehlt sich vor der Anschaffung eines Hundes genau zu überlegen, ob das Tier zum Leben passt. „Ein Hund bleibt etwa 15 Jahre bei einem, man muss sich einschränken, kann nicht alle Reisen machen, nicht immer am Abend weggehen, nicht jeden Job machen und mitunter muss ich auch sehr viel Geld ausgeben, wenn das Tier krank wird.“
Wichtig sei das Tier kennenzulernen und sich die Situation vorort anzusehen. Auf der sicheren Seite sei, wer in ein inländisches Tierheim gehe. Dort wird nicht nur darauf geachtet, dass der Hund zum neuen Besitzer passt, man kennt auch seinen Gesundheitszustand und hat einen Ansprechpartner, falls etwas nicht klappt. Persy spricht beim Hund aus dem Tierheim von einem „Hund mit Gebrauchsanweisung“. Schließlich habe auch das Tierheim Interesse, dass der Hund nicht wieder zurückgebracht wird.
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