Geboren im Jahr 2000: Was wurde aus den Millenniumsbabys?
Im kommenden Jahr feiern sie ihren 20. Geburtstag. Was sie beschäftigt, was sie ärgert, was sie erträumen.
31.12.19, 05:00
Als sie auf die Welt kamen, war Thomas Klestil Bundespräsident, der Schilling offizielles österreichisches Zahlungsmittel und das dritte Jahrtausend gerade ein paar Monate alt.
Manuel, Evi, Katharina und Florian sind vier von 78.268 Kindern, die im Jahr 2000 in Österreich geboren wurden und in den kommenden Monaten ihren zwanzigsten Geburtstag feiern (morgen, am 1. 1., tun das laut Statistik Austria übrigens 202 junge Österreicher – Happy Birthday!).
Dem KURIER gaben die einstigen Millenniumsbabys einen Einblick in ihre Lebenswelt, plauderten über Zukunftspläne, nervige Generationenklischees, den Klimawandel und ihr Verhältnis zur Politik.
Dabei zeigte sich vor allem eines: Egal, um welches Thema es geht und auch, wenn sich ihre Meinungen voneinander unterscheiden – die Bald-Twens haben so einiges zu sagen.
Manuel: „Schwierig, alles zu durchschauen“
Ich habe vor einem Jahr meine Lehre als Landmaschinentechniker abgeschlossen und mache jetzt gerade meinen Zivildienst. Ab Jänner bin ich Lkw-Fahrer, das taugt mir. Es war nicht schwierig, einen Job zu finden, weil ich zu denen gehöre, die wirklich noch arbeiten wollen. Viele, die ich kenne, wollen einfach studieren, egal was. Ich bin gespannt, wie das gehen soll, wenn alle mit 25 in den Beruf einsteigen. Meine Eltern haben früh zu arbeiten begonnen und können trotzdem erst mit 65 Jahren in Pension gehen. Das ist auf jeden Fall ein Thema, das mich beschäftigt. Mit der Politik tu ich mir gerade schwer, weil dauernd etwas schief läuft, vertrauen kann man eh keinem mehr. Es ist momentan schwierig, alles zu durchschauen, dafür fehlt mir die Zeit und die Geduld. Ich bin zwar nicht gegen Einwanderung, aber bei den Parteien fehlt mir das Mittelmaß. Später würde ich gerne eine Familie gründen und Haus bauen, ich bin da eher der klassische Typ. Mein Traum wäre eine eigene Landwirtschaft. Im Juni werde ich 20 und bekomme eine richtig große Maschin’ (Motorrad) – darauf freue ich mich schon.
Evi: "Ich lebe sehr minimalistisch"
Nächstes Jahr mache ich meine Matura an einem Realgymnasium und habe noch keinen Plan, wie es danach weitergeht. Ich lese viele Bücher zu Persönlichkeitsentwicklung, irgendwo stand der Satz: Du hast nur ein Leben! Seitdem denke ich mir, es gibt viel mehr als den klassischen Weg mit Studieren, Arbeit und Familie. Ich war heuer ein halbes Jahr in Australien, nach der Matura besuche ich vielleicht meine Freundin in Brasilien. Seit Australien sehe ich den ganzen Konsum extrem kritisch und habe mich von fast all meinen Sachen getrennt. Ich lebe sehr minimalistisch, meine Kleidung kaufe ich Second Hand. Da bin ich das Gegenteil von meinen Eltern, die gern einkaufen und vieles zu Hause horten. Gerade versuche ich sie zu überzeugen, kein oder weniger Fleisch mehr zu essen. Auch mein Instagram habe ich „ausgemistet“. Ich folge nur noch wenigen und lege mein Handy oft weg. Dieser Moment kommt nie wieder, da will ich ihn nicht in einem Kastl verbringen, wenn es nicht sein muss.
Katharina: „Viele Vorurteile sind anstrengend“
Ich habe heuer eine fünfjährige Tourismusschule abgeschlossen, habe aber schon vorher entschieden, dass ich danach nichts in dem Bereich machen werde. Lieber möchte ich Jus studieren, das passt besser zu meiner Persönlichkeit, da ich gerne diskutiere und schlagfertig bin. Zwischen Schule und Uni wollte ich mir ein Jahr Zeit nehmen, um herauszufinden, was ich wirklich will. Aktuell kellnere ich zwei Tage die Woche, bald möchte ich auch ehrenamtlich arbeiten. Mir ist bewusst, dass nicht jeder die Möglichkeit dazu hat, aber wieso sollte ich die Gelegenheit nicht nutzen, nur weil es früher nicht üblich war? Viele Vorurteile über meine Generation finde ich extrem anstrengend: Wir hängen nur am Handy, können nicht lesen und schreiben, sind faul und haben keine eigene Meinung. Das stimmt einfach nicht. Ich interessiere mich sehr für Politik und spreche mit meinen Freunden nicht nur darüber, wie viele Likes unsere Instagram-Fotos haben. Klar sind die sozialen Medien oberflächlich, aber gerade jetzt bei der Klimaschutz-Bewegung sieht man ja, dass man dadurch auch viel Gutes bewirken kann.
Florian: "Die Wahl 2016 hat mich politisiert"
Ich habe an einer HTL für Informatik maturiert, dann aber doch einen anderen Weg eingeschlagen: Weil ich so gerne schreibe, studiere ich seit Herbst Politikwissenschaft und Publizistik an der Uni Wien. Danach würde ich gerne in Richtung Storytelling gehen, am liebsten crossmedial. Ich bin viel auf Twitter und Instagram unterwegs, einerseits, um Freunde auf dem Laufenden zu halten, andererseits, um für Themen wie LGBTQ oder Feminismus Awareness zu schaffen oder was zu schreiben, wenn Trump wieder mal Unsinniges twittert. Ich glaube, mein Politisierungsmoment war die Bundespräsidentenwahl im Jahr 2016. Für mich sind die größten Themen momentan Gleichberechtigung und die Klimakrise. In meiner Familie hat vor mir niemand maturiert, ich bin der Erste, der sich mit solchen Themen befasst und über das Leben philosophiert. Es beschäftigt mich sehr, dass Frauen noch immer nicht die gleichen Chancen wie Männer haben und es immer noch so viele Konservative gibt, die etwas gegen gleichgeschlechtliche Paare haben. Ich bin aber zuversichtlich, dass eine offenere und tolerantere Generation nachkommt.
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