Glücksrezepte aus Skandinavien: Die Suche nach dem Wohlbefinden
Im Norden wohnen die glücklichsten Menschen der Welt. Das belegt der jährliche World Happiness Report seit 2012 mit seinem Ranking von 150 Ländern. Vor allem die skandinavischen Länder sind beharrlich unter den Top 10.
Hyggelig ist alles, was eine herzerwärmende Atmosphäre zaubert
Klar, dass die Welt schaut, was die Nordeuropäer so happy macht. Wobei kein Glücks-Export bisher so erfolgreich war wie Hygge. Klingt nach einem Kissenbezug aus Schwedens berühmtestem Möbelhaus, ist aber dänisch, steht im Duden und wird dort so erklärt: „Gemütlichkeit, Heimeligkeit als Lebensprinzip (in Dänemark)“. Hyggelig ist alles, was eine herzerwärmende Atmosphäre zaubert: Kerzen, Kuchen, Kamin und Kaffee, sich in Decken einzukuscheln, wenn der Regen gegen das Fenster prasselt, oder mit guten Freunden einen gemütlichen Abend zu verbringen.
Seitdem wird regelmäßig ein neues Wohlfühlkonzept ausgerufen.
Hygge, ein Lebensprinzip, das 2014 zum internationalen Trend wurde, zuerst in England, Amerika, Kanada und schließlich im deutschsprachigen Raum. 2016 hat das renommierte Magazin „The New Yorker“ gar zum „Year of Hygge“ erkoren. Seitdem wird regelmäßig ein neues Wohlfühlkonzept ausgerufen. Schließlich haben die anderen nordischen Glücksländer auch einiges zu bieten. Das schwedische Lagom etwa, die Anleitung zum maßvollen Leben, für alle, die mehr Harmonie in ihren Alltag bringen wollen. Oder Sisu aus Finnland. Die Finnen haben Dänemark ja vom „World Happiness“-Thron gekickt, was den finnischen Begriff Sisu sofort populärer gemacht hat. Ein Wort, das für Willensstärke, Mut und Entschlossenheit steht. Also ein Anker für alle, die scheinbar unüberwindbare Hindernisse meistern müssen. Hier geht es darum, entschlossen an Zielen dranzubleiben.
Jeder kann aktiv für sein eigenes Wohlbefinden sorgen. Es ist eine Entscheidung, die man für sich selbst trifft.
Entschlossenheit ist eine Haltung, die wichtig ist, wenn es um das eigene Glück geht, weiß Psychologin Melanie Hausler („Glückliche Kängurus springen höher“, Jungfermann). Sie ist als Wissenschaftlerin mit den neuesten Erkenntnissen der positiven Psychologie betraut und zugleich in ihrer Psychologie-Praxis in Innsbruck nah dran an den Nöten einzelner Menschen. Hausler ist überzeugt: „Jeder kann aktiv für sein eigenes Wohlbefinden sorgen. Es ist eine Entscheidung, die man für sich selbst trifft.“
Sich gut zu fühlen, ist wichtiger, als man glaubt.
Und diese Entscheidung könnte für viele Menschen wichtiger sein, als man zunächst glaubt. Es ist der anhaltende Stress, der vielen zu schaffen macht. So erhob die Allianz Versicherung 2017, dass 41 Prozent der 18- bis 34-Jährigen eine akute Stressbelastung am Arbeitsplatz haben, und drei von vier Österreichern sich sogar in ihrer Freizeit gestresst fühlen. Gesund ist das nicht. Jüngste Forschungen belegen eindeutig: Chronischer Stress schadet erheblich, fördert Entzündungen im Körper und schwächt das Immunsystem.
Positive Gefühle können vieles, was durch Stress negativ auf unseren Körper einwirkt, rückgängig machen.
Deshalb ist die Suche nach mehr Wohlbefinden im Leben sinnvoll. „Im Alltagsstress gerät viel in Disbalance, da kann der Erholungsaspekt zu kurz kommen“, sagt Psychologin Hausler. „Positive Gefühle hingegen wirken entspannend, können vieles, was durch Stress negativ auf unseren Körper einwirkt, rückgängig machen. Sobald wir uns entspannen, bauen sich die Stresshormone wieder ab. Dadurch erholen wir uns schneller, auch auf der Zellebene.“ Je rascher auf Belastung Ruhe folgt, desto besser funktioniert das. Anhaltender Stress gefährdet auf Dauer die Gesundheit! Die Wissenschaft hat dermaßen gesicherte Studien vorgelegt, dass an dieser Erkenntnis nicht zu rütteln ist.
Welche Rolle spielt es, wenn wir uns mit dem Lifestyle anderer Länder beschäftigen, seien es Hygge, Sisu oder Lagom? Glücksforscherin Hausler: „Den Begriffen haftet ein eigener Zauber an, das gibt dem Ganzen etwas Spielerisches, Leichtes, was Distanz zu Problemen schaffen kann, den Tunnelblick öffnet und so die Wahrnehmung erweitert.“
Die Grundbedürfnisse sind ja überall die gleichen.
Warum sich also nicht mit Neugierde und Offenheit von fremden Ländern inspirieren lassen? „Es ist wie mit einem Land, das gerade im Trend ist. Plötzlich wollen alle dort hin, weil man immer auf der Suche nach schönen, besonderen Orten ist“, sagt Melanie Hausler. Das beflügelt schon bei Reisen, die wir nur auf der Landkarte machen, und kann neue Perspektiven weisen. Die Glücksforscherin sieht das positiv: „Was macht andere glücklich, was davon kann auch mich glücklich machen? Es ist doch gut, wenn wir uns umschauen. Die Grundbedürfnisse sind ja überall die gleichen, vielleicht passt etwas für mich.“
Immerhin kam Österreich auf Platz 10 beim World Happiness Report.
Zeit für ein Gedanken-Experiment: Es könnte durchaus sein, dass der ein oder andere Glücksuchende sich gerade irgendwo auf der Welt mit der Wiener Kaffeehauskultur oder dem Tiroler Hüttenleben am Berg beschäftigt. Immerhin kam Österreich auf Platz 10 beim World Happiness Report, sieben Plätze vor dem Lieblingsnachbarn Deutschland. Eh klar: Von Wien bis Bregenz hat man es immer schon hyggelig. Bei uns heißt es halt gmiatlich.
7 Grundpfeiler für mehr Glück.
Von Psychologin Melanie Hausler. www.glücksrezepte.at
1 Offen bleiben: Nehmen Sie eine innere Haltung ein, die der Welt zugewandt ist.
2 Für sich sorgen: Investieren Sie in Ihre Gesundheit und in erholsamen Schlaf.
3 Sich fordern: Sich weiterzuentwickeln und ein Ziel zu erreichen, stärkt den Selbstwert.
4 Sich erholen: Erst die Arbeit, dann das Vergnügen? Erlauben Sie sich das zu tun, was Ihnen Freude und Spaß bereitet.
5 Dankbar sein: Auch angesichts widriger Umstände. Das ist extrem wichtig, um aus dem Tunnelblick rauszukommen, den der Stress oft mit sich bringt.
6 Glück trainieren: Lernen Sie Techniken, um den Blick für Positives zu schärfen. Das hilft auch, wenn es richtig schwierig wird.
7 Mini-Urlaube: Versuchen Sie, Mini-Urlaube in die Woche zu legen. Worauf haben Sie Lust nach einem langen Arbeitstag, nach einer Prüfung, was belebt Sie und tut gut?
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