Totales Chaos herrscht bei der gebürtigen Oberösterreicherin zwar nicht, aber lebendig darf es ruhig zugehen. Ein Stilmix ist ausdrücklich erwünscht, und zwar in allen ihren drei Wirkungsstätten: New York, Wien und Jennersdorf.
Die Möbel für ihre Wohnung in New York hat sie in den Neunzigerjahren ausschließlich auf Flohmärkten zusammengesucht. Darunter auch ein runder Tisch von Knoll, der sie bis heute begeistert – und viele Lampen. Denn gutes Licht ist schon berufsbedingt ein Faible von Semotan.
Neunzigerjahre in NYC
Ihre 140 Quadratmeter große Mietwohnung im Big Apple hat die Künstlerin allerdings im Vorjahr aufgegeben. „Als noch nicht klar war, ob Trump wieder Präsident wird und wegen Corona“, so Semotan, die einst aus beruflichen Gründen über den großen Teich gezogen war – gemeinsam mit ihrer Clique rund um Designer Helmut Lang und Agent Walter Schupfer.
„Ich war bereits in Europa erfolgreich, aber ich wollte nicht so funktionieren, wie sich das einige vorgestellt haben. Also bin ich gegangen.“
Von Naomi bis Willem
Mit einem dicken Fotobuch in der Tasche hat das Ex-Model eine Zeitschrift und Zeitung nach der anderen abgeklappert und wieder bei Null angefangen – wenn auch mit viel Renommee im Hintergrund. Das Risiko machte sich bezahlt. Semotan fotografierte Stars wie Naomi Campbell bis Willem Dafoe für Hochglanz-Gazetten von Elle und Harper’s Bazaar.
„Es war schwer, aber gut. Das ist nicht immer ein Widerspruch“, analysiert sie im -Gespräch. „Es gab so unglaublich viele Möglichkeiten, selbst im Gegensatz zu London oder Paris. Mehr Zeitschriften, mehr Models, mehr Stylisten.“
In das lebhafte Viertel Chinatown hat sie sich sofort verliebt, wo sie auch ihr Apartment fand, in dem sie stets mehrere Monate im Jahr lebte. „Während der Pandemie gab es aber extrem viel Rassismus gegen Asiaten und das Mietshaus wurde derart vernachlässigt, dass es oft nicht einmal Strom oder Gas gab“, begründet sie ihren Entschluss, die Wohnung aufzugeben. Die Stadt, die niemals schläft, möchte sie aber nach wie vor nicht missen.
Derzeit lebt die bald 80-jährige Doyenne der Fotografie vorwiegend in Wien – in einer zweigeschossigen Mietwohnung mit Wendeltreppe, inklusive Archiv und Atelier im Hof.
„In Wien fühle ich mich am meisten zu Hause. Und der neunte Bezirk hat sich in den letzten sieben Jahren ganz toll entwickelt.“
Zu ihrem Haus in Jennersdorf, das sie schon seit 1974 besitzt, hat sie aber auch eine ganz spezielle Beziehung. „Das Haus und der Garten gehören einem. Das erzeugt ein anderes Gefühl.“
Auf 400 Quadratmetern lebt und arbeitet sie im Südburgenland – wohin sie es durch Künstler- und Schriftstellerfreunde verschlagen hat. In der Gegend sind die Grundstückspreise noch immer unschlagbar günstig und „Künstler nicht bekannt dafür, dass sie reich sind“, schmunzelt sie.
Die Freiheit auf dem Land
Fünf-Sterne-Luxus brauchte die Fotografin keinen. Lieber sollten auch ihre längst erwachsenen Söhne Ivo und August die Freiheiten des Landlebens kennenlernen. Nicht zuletzt, weil Semotan selbst stark von ihrer ländlichen Kindheit geprägt wurde, war ihr das Bauernhaus ein Anliegen. „Ich habe meine Großmutter geliebt, bei der ich aufgewachsen bin. Sie hatte großes Vertrauen in mich. Ich habe als Kind totale Freiheit genossen und war viel alleine draußen.“
Heute schätzt sie Gesellschaft. Egal, ob in Jennersdorf oder Wien, ein großer Esstisch ist essenziell für die noch immer äußerst aktive Lichtbildnerin – um Freunde einzuladen, gemeinsam zu essen und um sich zu unterhalten. „Wenn es was zu feiern gibt, dann soll auch gefeiert werden“, sagt sie daher auch über ihren bevorstehenden Geburtstag am 25. Juli.
Unglaubliche 80 Jahre wird sie alt – erst wird bei einem Abendessen mit Freundinnen angestoßen, danach folgt ein großes Fest im Kunsthaus Wien.
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