Aber das konnte Mister Bell nicht ahnen. Noch nicht. Außerdem wollte er mehr als nur ein repräsentatives Haus, er gründete gleich einen ganzen Stadtteil: Bel Air. Der Tennisprofi – 1904 hatte er bei den Olympischen Sommerspielen in St. Louis zwei Medaillen gewonnen – war ein Mann mit einem guten Riecher fürs Geschäft. Schon ein Jahr bevor eine Maklerfirma den überdimensionalen Schriftzug Hollywoodland an einem Hügel der noch jungen Filmstadt aufstellte, erkannte er das Potenzial dieses noch brach liegenden Landstrichs. Als auf einem seiner Grundstücke Öl gefunden worden war, kaufte er in West Los Angeles jede Menge Land auf – auch, um sich selbst ein Denkmal zu setzen.
Als exklusive Wohngegend mit prominenten Bewohnern und guter Luft – Bel Air! – ist das Viertel bis heute in der ganzen Welt ein Begriff. Auch, weil 1946 nach einer Immobilientransaktion aus dem einstigen Pferdestall eine fast märchenhaft anmutende Bettenburg im spanischen Kolonialstil wurde: das Bel Air Hotel.
Pool-Parade mit Marilyn
Jetzt, im Taumel des 75-Jahr-Jubiläums, erinnert man sich wieder der prallen Geschichte dieses Gemäuers. Nachdem Elizabeth Taylor 1950 Hotel-Erbe Conrad „Nicky“ Hilton heiratete, verbrachte sie gleich einen ganzen Monat an der Stone Canyon Road.
Die Schauspielerin Grace Kelly war so oft Gast, dass eine der 45 Luxussuiten nach ihr benannt wurde, nachdem sie 1956 als oscargekröntes „Country Girl“ auszog, um als Gracia Patricia das Fürstentum Monaco mitsamt allen Klatschspalten der Welt zu erobern. Und im Juni 1962 wurde im Auftrag der Vogue der rote Teppich für die damals meistfotografierte Frau der Welt ausgerollt.
Marilyn Monroe kam allein, gleich fünf Stunden verspätet, und checkte für drei Tage im Bel Air ein. Nicht zum Ausspannen, sondern zum Arbeiten: Eine mehrtägige Session mit Fotokünstler Bert Stern stand auf dem Programm. Der hatte schon denkwürdige Aufnahmen von Sophia Loren, Audrey Hepburn und Twiggy gemacht. Jene mit Marilyn Monroe sollten die Krönung seiner Karriere werden.
Nicht nur, weil der Filmstar sechs Wochen später aus dem Leben scheiden sollte. Sondern, weil sich Hollywoods begehrteste Schauspielerin hier ganz privat und ungezwungen – auch nackt – präsentiert hat. Insgesamt mehr als 2500 Fotos entstanden, eine Auswahl davon ist in der Lobby des Bel Air Hotel bis 31. Oktober zu sehen.
Aber man muss nicht unbedingt so weit zurückblicken, um die Bedeutung dieses Hauses für Hollywood zu erkennen. Anjelica Huston schmiss 1992 ihre Hochzeitsparty hier – mit namhaften Gästen wie Mick Jagger, Lauren Bacall, Meryl Streep, Arnold Schwarzenegger und Lauren Hutton.
Bleibe für Bebenopfer
Nach dem Erdbeben von Los Angeles 1994 mieteten sich Kathleen Turner, Warren Beatty und Tommy Lee Jones für Wochen im Bel Air ein. 2003 moderierte Oprah Winfrey eine „Friends“-Reunion mit Jennifer Aniston, Matthew Perry & Co von hier aus. Und als Ben Affleck vor Jahren ein Versteck für „sein“ Kindermädchen suchte, checkte er sie kurzerhand in einem der 1.500-US-Dollar-Zimmer des Bel Air ein. Ein Schnäppchen. Die teuerste Suite, die Presidential, kommt auf 25.000 US-Dollar die Nacht. Privatpool inklusive.
Im Jahr 2008 gab es die drastischste Wendung in der Geschichte der Luxusbleibe. Das Bel Air ging in den Besitz der Dorchester Collection über, einer Hotelkette, die dem Sultanat Brunei gehört. Wenn also wieder einmal Proteste gegen Menschenrechtsverletzungen in Asien anstehen, kann es sein, dass sich eine Demo vor der Adresse 701 Stone Canyon Road formiert.
Wem das zu heiß ist, kein Problem, zehn Minuten den Sunset Boulevard runter liegt mit dem Beverly Hills Hotel ein verwandtes Vorzeigehaus der Dorchester Collection. Gut, dass man als Gast des Bel Air auch hier alle Annehmlichkeiten genießen kann. In dessen Polo Lounge könnte man dann auf eine alte Bekannte treffen. Lauren Hutton hatte hier ihr legendäres Date mit Richard Gere als „American Gigolo“.
Für beide Häuser gilt jedenfalls, was die Eagles einst in ihrem Welthit „Hotel California“ sangen: „Du kannst jederzeit auschecken, aber seine Magie wird dich nie verlassen.“
Kommentare