Christian Seilers Gehen: Voller Rätsel

Christian Seilers Gehen: Voller Rätsel
Pötzleinsdorf – Schlosspark – Steirerstöckl – Schafbergkirche – Josef-Redl-Gasse – Kreuzwiesengasse – Klampfelberggasse – Dornbacher Straße: 8.000 Schritte

Zuerst ging ich durch den Pötzleinsdorfer Schlosspark, traf dort prompt Menschen, die ich sonst ganz woanders treffe, was aber sofort für ganz andere Gespräche sorgte, aktuelle Lage, aktuelle Sorgen, selbstverständlich Sicherheitsabstand statt Bussi-Bussi. Als ich weiterging, musste ich mich zuerst über die überdimensionalen Statuen wundern, die ein bisschen planlos in der Wiese standen, weil sie mir viel zu groß und mächtig vorkamen. Erst der Beipacktext klärte mich darüber auf, dass es sich um jenes „Singende Quartett“ handelt, das auf den Pilastern der Attika des Wiener Ringtheaters gestanden hatte, bis dieses im Jahr 1881 niederbrannte. Das erklärt die Dimension: die Figuren mussten von der Straße aus nach etwas aussehen. Auf Augenhöhe wirken sie jetzt grobschlächtig und patschert.

Ich ging den Park bis zum Steirerstöckl entlang, folgte dann außen dem Zaun und stieg tapfer den Schafberg hinauf, bis ich bei der Oberen Kreuzwiese ankam und einen prächtigen Blick auf die Stadt und die etwas schlichte Schafbergkirche hatte, die nach dem anglikanischen Heiligen Thomas Morus, dem Autor von „Utopia“, benannt ist. Bis in die Dreißigerjahre war hier eine Lungenheilanstalt gestanden. Erst im Ständestaat wurde der Platz für Gottesdienste genützt, die Kirche entstand auf die Initiative des Dornbacher Pfarrers in den Fünfzigerjahren. Ihr neuestes Markenzeichen sind die sogenannten „Juristenmessen“, bei denen sich einmal pro Jahr die christlich gesinnten Juristen Wiens treffen. Wie viele das wohl sind?

Nur ein paar Häuser weiter, wo die Klampfelberggasse in die Dornbacher Straße mündet, stand ich schließlich vor dem nächsten Rätsel

Ich ging die Josef-Redl-Gasse entlang und wählte einen schmalen Abstieg nach Neuwaldegg, der mich vorbei an einigen Gärten führte, von denen einer besonders schön, weitläufig und gepflegt war. Als ich wissen wollte, wer sich solche Mühe mit seinem Umschwung gibt, stand ich plötzlich vor dem eindrucksvollen Eingang zur „Katholischen Kapelle Mutterhaus“, und als ich der herrschaftlichen Auffahrt folgte, sah ich, dass hier nicht nur eine Kapelle, sondern ein ganzes Kloster heimisch war.

In die ehemals herrschaftliche Villa des Baumeisters Franz Glaser waren schon 1928 Missionsschwestern des Ordens „Königin der Apostel“ eingezogen, die sich die Evangelisierung Indiens zur Aufgabe machen. Fun Fact: Die erste Kapelle wurde in Glasers Billardzimmer installiert. Bis zu seiner Ernennung zum Erzbischof von Wien war Theodor Innitzer der erste Generalobere. Die Kapelle war versperrt. Hinter den unzähligen Fenstern sah ich kein einziges Gesicht.

Nur ein paar Häuser weiter, wo die Klampfelberggasse in die Dornbacher Straße mündet, stand ich schließlich vor dem nächsten Rätsel: Die wunderschöne Villa, die hier in einem etwas vernachlässigten Park steht, gehört der Familie Manner. Hier wohnte zuletzt Carl Manner, der Enkel von Josef Manner, dem Begründer der Schnitten-Dynastie, der die Villa 1916 gekauft hatte. Nach seinem Tod im Jahr 1917 scheint die Villa leerzustehen, wobei, wie die Bezirkszeitung meldet, manchmal nachts ein Licht zu sehen ist. Ob es rosa ist?

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