Warum ist der Schrank voll, aber man hat trotzdem nichts anzuziehen?

Warum ist der Schrank voll, aber man hat trotzdem nichts anzuziehen?
Autoren schreiben abwechselnd über Dinge, die uns im Alltag beschäftigen. Barbara Reiter plaudert aus dem Kleiderschrank (statt Nähkästchen).

Mein Freund begegnet meinen Tages-Wehwehchen mit dem in Wahrheit einzig Vernünftigen: trockenem Humor gepaart mit Pragmatismus. Ein Beispiel: Wenn ich wieder mal vor meinem Kleiderschrank stehe, der aus allen Nähten platzt und jammere  „Ich! Habe! Nichts! Anzuziehen!“, sagt er: „Dann gehst halt nackert!“

Dabei ist mein Anliegen wirklich wichtig und ich bin damit auch nicht allein. Tausenden, ach was, Millionen  Frauen geht es jeden Tag ähnlich, was auch eine Studie belegt. Sie ergab, dass Frauen  im Schnitt 17 Minuten täglich vor dem Kleiderschrank verbringen – ratlos. Das sind vom 17. bis zum 60. Lebensjahr immerhin sechs ratlose Monate. Kleiner Trost: Auch Männer stehen vor dem Schrank, allerdings nur 13 Minuten. Die Frage ist nur: Warum? Der Kasten voll und trotzdem nichts anzuziehen? Das kann doch nicht sein!

Auf der Suche nach einer Antwort begeben wir uns in die Welt der Psychologie. Kommunikationspsychologin Natalia Ölsböck ist für die Frage genau die Richtige. „Kleider sind Kommunikationsmittel, Farben und Schnitte sagen sehr viel aus.“ Wo sie recht hat, hat sie recht. So kann ein Ausschnitt bis zum Bauchnabel bedeuten: „Hey, seht her!“ oder eine Arsch-frisst-Hose-Hose: „Habe in letzter Zeit gut und ausgiebig gegessen!“ Aber das ist eine andere Geschichte.

Das Problem mit dem übervollen Schrank, in dem in Wahrheit nix drin  ist, ist: Menschen gehen einkaufen, wenn sie gute Laune haben. Fatal, wie Studien nachgewiesen haben. Gute Laune bringt Mut, der uns Dinge kaufen lässt, die eigentlich nicht unserem Stil entsprechen. „So kommt es dazu, dass man trotz genug Kleidung nichts anzuziehen hat.“

Im Alltag, so Ölsböck, brauche der Mensch das Gewohnte. „Ökonomisch ist nur das, was ich kenne. Ein Griff in den Kasten muss reichen, damit es sich normal anfühlt. Etwas Neues ist immer mit Energieverbrauch verbunden.“ Die sparen wir uns im Alltag aber lieber für Stress-Momente auf. Zum Beispiel wenn es heißt: „Gehst halt nackert!“  

Wäre ich FKKler oder Saunianerin: Okay, ich wär’s gewohnt. Obwohl, selbst dann: Es wird die nächsten Monate nicht wärmer.   

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