Etwas Besonderes für den Heiligen Abend – und noch dazu auf den letzten Drücker? Herausforderung angenommen: Dazu braucht es gar nicht so viel. Ein Menü mit Henderl, Roten Rüben und Apfel.
24.12.20, 05:00
Von Nicole Ott
Es sind die Morgenstunden am Tag des Heiligen Abends in diesem denkwürdigen Jahr 2020. Ich bin gerade dabei, den Teig für die Brioche zu kneten, die als Begleitung zur selbst gemachten Hühnerleberterrine am Abend als Vorspeise verputzt werden. Plötzlich klingelt mein Handy – es ist Felix, der Partner der besten Freundin meiner Tochter. Was kann er nur wollen?
Schnell ist das Rätsel geklärt: Das junge Paar feiert heuer zum ersten Mal Weihnachten in trauter Zweisamkeit. Erst wurde der Plan geschmiedet, mit allen Traditionen zu brechen und eine Pyjamaparty vor dem Fernseher zu veranstalten. Doch jetzt bekommt der junge Mann kalte Weihnachtsfüße. „Unser erstes Fest gemeinsam soll doch etwas Besonderes werden“, erzählt er mir. „Ich werde Henny überraschen und ein Menü kochen – dreigängig soll es sein! Aber dazu brauche ich deine Hilfe, ich kann doch nicht so gut kochen. Und Zeit, in großem Stil einkaufen zu gehen, habe ich auch keine mehr.“
Nachdenken mit Chris Rea„Challenge accepted“, denke ich mir, als ich auflege. Nicht, ohne ihm vorher das Versprechen gegeben zu haben, in kürzester Zeit einen Menüvorschlag zu schicken. Jetzt gönne ich mir einen schönen Cappuccino und ein paar Vanillekipferl. Gut, dass der Germteig auch ein bisschen Zeit zum Rasten braucht. Während aus dem Radio Chris Rea zum zehnten Mal an diesem Morgen singt, wie weihnachtsfreudig er nach Hause fährt, überlege ich mir eine festliche, aber doch einfache Vorspeise.
Rote Rüben
Rote Rüben, oft auch Raunen genannt, sind so schön festlich rot, ein himmlisches Wintergemüse und passen gut zu saftigen Orangen. Die grünen Minzblättchen sind quasi das Tannengrün auf dem Teller, die Zwiebel und die Pistazienkerne eine Ode an die Küche des Morgenlandes und die Fetacreme ist schnell zusammengerührt und kühlt den Gaumen. Hurra, die Vorspeise hätten wir!
Zutaten:
1 Packung vorgekochte Rote Rüben, raumtemperiert, in Viertel geschnitten
3-4 Orangen, geschält und in Scheiben geschnitten
Eine Handvoll Minze
1 kleine rote Zwiebel, geschält in sehr dünne Scheiben geschnitten
2 Handvoll Pistazien, geröstet und gesalzen, halbiert
Fetacreme
100 g Feta
160 g Joghurt
1 EL Zitronensaft
1 Messerspitze Knoblauch, gerieben
Salz
Marinade
1 EL Honig
2 EL Essig
1/2 TL Salz
30 ml bestes Olivenöl
1 EL kaltes Wasser
Zubereitung:
Den Feta und das Joghurt mit einer Gabel verrühren, bis eine glatte Masse entsteht.
Mit Zitronensaft, Knoblauch und ev. Salz abschmecken und kühlen. Alle Zutaten für die Marinade im Marmeladenglas versprudeln. Die Raunen mit 2/3 der Marinade vermischen und gut durchziehen lassen. Die Rüben dann auf den Orangenscheiben anrichten und mit der Minze, der Zwiebel und den Pistazien bestreuen. Mit ein wenig von der Marinade beträufeln und die Fetacreme dazu servieren.
Jetzt zum Hauptgang: Hm, schnell soll es gehen und ein wenig Tradition brauchen wir auch – natürlich! Ein One-Pot-Henderl darf der Protagonist dieses Abends werden! Zimt und Paprika passen herrlich zusammen und sind in dieser Kombination doch speziell, Ingwer gibt ein bisschen Schärfe, der erdige Knoblauch bringt uns wieder auf den Boden zurück. Gemüse und Erdäpferl sind die unkomplizierte Beilage und da fällt mir der Geheimtrick des Ältesten in seiner weihnachtlichen Henderlsuppe ein – ein mitgekochter Apfel! Dieser wird auch dem Eintopf willkommene Süße bringen.
Zutaten für 4 Personen:
1,5 TL Zimt, gemahlen
1 EL mildes Paprikapulver
1,5 TL Ingwer, gerieben
Olivenöl
4 Henderlkeulen, durchgeschnitten
2 Karotten, geschält und in dünne Scheiben geschnitten
1 große rote Zwiebel, geschält, und in dünne Spalten geschnitten
2 Knoblauchzehen, geschält
2 rote Paprika, halbiert, entkernt und in ca. 2 x 5 cm große Stücke geschnitten
500 g speckige Erdäpfel, in Scheiben geschnitten
1 Apfel, entkernt und in Spalten geschnitten
Salz; Pfeffer
Zubereitung
Den Zimt, das Paprikapulver und den Ingwer in einer kleinen Schüssel mit 4 EL Olivenöl verrühren.
In einer großen Schüssel die Henderlkeulen, das Gemüse und die Apfelspalten mit der Gewürzmischung vermischen und 1-2 Stunden durchziehen lassen. (Bei Zeitmangel gleich weiter arbeiten). Dann mit 1 TL Salz und 1/4 TL Pfeffer würzen, noch 3 EL Wasser untermengen und ineine große Auflaufform oder auf ein Backblech legen, dabei das Henderl auf das Gemüse legen. Das Backrohr auf 180° Ober/Unterhitze vorheizen. Die Auflaufform mit Alufolie zudecken und 30 Minuten schmoren lassen. Dann die Hitze auf 190° Grad drehen, die Alufolie wegnehmen und so lange (ca. 50-60 Minuten) garen lassen, bis das Gemüse weich und die Henderlkeulen knusprig gebacken sind.
Duftende Würzsauce
Vor meinen Augen entsteht das Bild des jungen Mannes, der das Fleisch und Gemüse mit der duftenden Würzsauce einreibt, in die Auflaufform schlichtet und dann ganz einfach sich selbst überlässt. Ich finde immer mehr Gefallen an diesem schnellen Weihnachtsessen, es wäre doch eigentlich schön, an diesem besonderen Tag mehr Zeit füreinander zu haben? Doch nun geht es an mein Lieblingsthema: das Dessert. Weihnachtskekserlstimmung muss her – da hab’ ich die rettende Idee. Bratäpfel, gefüllt mit Spekulatiuskeksen, versprechen, mit ihrem Duft die Wohnung zu verzaubern; die Vanillesauce wird aus fertigem Vanillepudding mit Milch gestreckt und mit echtem Vanillezucker aufgebrezelt – das Gute kann so einfach sein!
Zutaten:
4 große oder 6 kleine säuerliche Äpfel
Fülle:
60 g Milch
15 g Butter
1 EL Rum (optional)
10 g Honig
80 g Spekulatiuskekse, zerbröselt (oder Butterkekse
und 1/4 TL Zimt)
Eine Handvoll Walnüsse, zerbrochen
Eine Handvoll
Trockenfrüchte, in kleine Stücke geschnitten
200 ml Apfelsaft
Vanillesauce:
500 g Vanillepudding
100 g Milch
Zubereitung:
1 TL VanillezuckerIn einem kleinen Topf die Milch erhitzen und die Butter darin zerlassen. Dann den Rum, den Honig und die Keksbrösel unterrühren, nun die Walnüsse und die Trockenfrüchte unterheben. Das Backrohr auf 180° Ober-/Unterhitze vorheizen. Eine Auflaufform, in der alle Äpfel nebeneinander Platz haben, mit Butter ausfetten und den Apfelsaft hineingießen.Von den Äpfeln den Deckel abschneiden. Mit einem scharfen Löffel das Kerngehäuse der Äpfel entfernen und einen Hohlraum für die Fülle schaffen. Die Äpfel mit der Nussmasse füllen und den Deckel wieder auf den jeweiligen Apfel setzen. Mit einem daumennagelgroßen Stück Butter belegen und
ungefähr 35 bis 45 Minuten weich backen.
Vanillesauce: Die Zutaten verrühren und in einem Topf erwärmen. Bratäpfel mit ihrer Flüssigkeit bestreichen und mit der warmen Vanillesauce servieren.
Später am Tag bekomme ich Fotos von der Entstehungsgeschichte des schnellen Menüs und ein strahlendes Selfie des Paares, das die Vorspeise mit einem Gläschen Sekt schon am Nachmittag verkostet hat. Die glücklichen Gesichter bringen mich ein wenig zum Nachdenken: Es wäre so friedvoll, würden wir am Heiligen Abend die Erwartungen an ein perfektes Essen (und ein perfektes Leben) ein wenig herunterschrauben und einfach zusammen die Zeit genießen, spazieren gehen, tratschen und aus vollem Herzen miteinander lachen. In diesem Sinn: Frohe Weihnachten!
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