Der Mayonnaisenmacher, der eine Tradition retten wollte
Abhängig davon, welcher Theorie man glauben will, leitet sich der Begriff „Mayonnaise“ vom französischen Verb „mailler“ ab, das „schlagen“ bedeutet, oder von der menorquinischen Stadt Mahón, wo die Engländer den Franzosen unterlagen und die Einwohner zur Siegesfeier eine neue Sauce kreierten. So oder so wurde das Eier-Öl-Gemisch zu einer der wichtigsten Grundsoßen der klassischen Küche in Frankreich.
In Ottakring ging es aber eigentlich um den Fisch. Denn das Delikatessengeschäft Rösel wurde dort im Jahr 1924 gegründet, um Fische zu verkaufen. Die Mayonnaise gab es nur als Beilage dazu. Deshalb nahm auch der Unternehmer Roland Singer zu seinem Heilig-Abend-Fisch immer eine Gemüsemayonnaise dazu. Als er dann vor über einem Jahr hörte, dass „die Rösel“ zusperrt, fragte er die Inhaberin. Die jammerte, dass der Fisch nicht mehr geht, nur mehr die Mayonnaisen. Und weil der Roland Singer ohnehin gerade seinen Pensionsrückzug aus dem eigenen Unternehmer mit 500 Mitarbeitern vorbereitete, und Angst vor aufkommender Fadesse hatte, kaufte er den Laden und stellte komplett auf Mayonnaisen-Manufaktur um.
KURIER: Ist man nach einem Jahr Mayonnaisen-Experte oder lernt man noch?
Roland Singer: Ich weiß schon eine ganze Menge, habe mittlerweile auch Tonnen Mayonnaise gerührt, aber „Experte“ wäre anmaßend. Einer, der das vierzig Jahre macht, hat vielleicht noch ein paar Geheimnisse. Aber ich weiß, was gut schmeckt. Als ich überlegt habe, das Geschäft zu kaufen, ging ich zuerst in den Supermarkt, kaufte mir alle Mayonnaisen und habe sie mit der von Rösel verglichen. Industriemayonnaise ist oft mit Gasen geschäumt statt geschlagen und hat viele Inhaltsstoffe, die werden dann meist mit Essig überlagert, daher kommt ein leicht säuerlicher
Geschmack. Also dachte ich mir: Das kann nicht sein, dass so ein gutes Produkt untergeht, das wäre schade.
Was macht gute Mayonnaise aus? Jeder kochende Mensch versucht sich einmal daran, aber die meisten denken sich dann: na ja, auch nicht besser.
Es ist auch nicht zwingend notwendig, es würde ja auch niemand Ketchup und Senf selber machen. Wir machen sie so, wie es die Oma gemacht hat: Eidotter, Senf und Öl, abgeschmeckt mit Salz, Zucker und Essig – das ist es. Auf den Industrieprodukten steht auf der Verpackung eine ganze Litanei. Dafür muss unsere im Kühlschrank gelagert werden, hat drei Wochen bis zum Ablaufdatum, ist dann aber sicher auch noch drei Wochen haltbar. Da sind eben frische Zutaten drin. In unserer Gemüsemayonnaise verarbeiten wir zum Beispiel frische Karotten, wir putzen sie, wir kochen sie, dafür ist sie frischer und knackiger. In die Mayonnaise werden sie händisch – mit schulterlangen Handschuhen – einmassiert, eine Maschine würde das Gemüse zerfetzen. Die Gemüsemayonnaise passt übrigens perfekt zum Osterschinken. Wer bis Dienstag auf unserer Website
so-gut.at bestellt, bekommt die Ware noch bis Ostern zugestellt – ab drei Gläser zu je 300 Gramm in Wien ohne Zustellkosten.
Delikatessen, Manufaktur, Gemüsemayonnaise – klingt, mit Verlaub, schon alles etwas vergilbt, oder?
Aber nein! Die Schinkenrolle (Gemüsemayonnaise in ein Blatt Schinken gerollt), hat schon längst wieder Hochblüte, ein echter Wiener Klassiker. Ein Top-Gastronom kauft bei mir pro Woche zwanzig Kilo davon und macht nur Schinkenrollen daraus – in eine kommen 60 Gramm. Es ist halt so, dass die Menschen sagen: Wenn ich Mayonnaise esse, dann aber eine gute. Menschen, die etwas Gutes schätzen.
Aber die Trends der Zeit liefen gegen Mayonnaise: fettig, viel Cholesterin ...
Aber das sind ja schon die vorletzten Trends. Dann kam Low Carb, also keine Kohlenhydrate, und das hat Mayonnaise. Und unsere Gemüsemayonnaise besteht zu achtzig Prozent aus Gemüse. Auch die russischen Eier – keine Kohlenhydrate.
Interessant, dass Mayonnaise so gerne mit noch mehr Ei kombiniert wird – das Cordon-bleu-Phänomen.
Ja, unser größter Renner nach der Gemüsemayonnaise ist Ei-Salat.
Sagen Sie eigentlich immer „Mayonnaise“ oder entkommt ihnen manchmal ein ordinäres „Mayo“?
Ich bin allergisch dagegen. Es ist zwar mühsam, immer „Mayonnaise“ zu sagen, aber ich wehre mich gegen „Mayo“. Das passt nicht zu einem Wiener Traditionsunternehmen. Die Tradition ist wichtig, sie ist ein Qualitätszeichen. Es zeigt, dass man gut sein muss, sonst hätte man nicht so lange überlebt.
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