Neonlicht, schimmerndes Neonlicht, / und wenn die Nacht anbricht, / ist diese Stadt aus Licht, besangen Kraftwerk schon 1978 die Magie des künstlichen Lichts. Wir alle haben diese Bilder im Kopf: bunt beleuchtete Karusselle, das funkelnde Riesenrad, die imposanten Neon-Lettern der Leuchtreklamen am Broadway in New York oder den immer anders leuchtenden Eiffelturm in Paris. Färbiges Licht versetzt nicht nur jene, die gerne auf Jahrmärkte und Volksfeste gehen in erwartungsvolle Stimmung.
Artikelbild: Lumagica. Der Haldenzauber in Hückelhoven eröffnet am 29. Jänner 2021 und bleibt bis Ende Februar geöffnet, https://www.haldenzauber.de
Es verspricht auf Anhieb Abenteuer, Erlebnisse fern vom Alltag, bietet Zerstreuung und lässt die Menschen in fremde Welten eintauchen. Besonders dann, wenn so ein spektakuläres Lichtobjekt aus vielen bunten Neonspiralen besteht und sich beim näheren Betrachten in einen Tiger verwandelt.
Dieser bewacht nämlich, als Teil der diesjährigen Winterausstellung in London, die Tate Britain und stammt von der Künstlerin Chila Kumari Singh Burman, die mit dieser Fassadeninstallation dem Hindu-Fest des Lichts huldigen möchte. So setzt sie auf die Fassade der Galerie ein blaues Auge, einen farbenprächtigen Bus und bunte Pfaue, als Symbole des Guten, die über das Böse triumphieren.
Winter Commission: Die Lichtausstellung in London bleibt bis 31. Jänner geöffnet. Die Installation an der Fassade der Tate Britain stammt von der Künstlerin Chila Kumari Singh Burman, davor steht auch der leuchtende Tiger, https://www.tate.org.uk
Besonders in der dunklen Jahreszeit gestalten weltweit Metropolen ihre öffentlichen Plätze temporär mit Lichtparks, um die Menschen in eine positive Stimmung zu versetzen. „Licht löst bei uns sofort ein Gefühl aus und beeinflusst, ob wir uns auf einem öffentlichen Platz wohl fühlen oder nicht“, sagt der Tiroler Lichtparkexperte Klaus Mark. Sein Unternehmen MK Illumination errichtet weltweit Lichtparks und erarbeitet Lichtcodes für Gemeinden.
Vitoria-Gasteiz-Festival. Die Lichtinstallationen von Javier Riera sind wieder im November 2021 zu sehen, https://javierriera.com
Es stelle sich dabei immer die Frage, wo wir Licht benötigen und wo nicht: „Es braucht auch Plätze, die in den Städten dunkel bleiben, denn wir brauchen den Kontrast.“ Diese Theorie setzte das Unternehmen auch in Innsbruck um. Seit November erleuchtet der Lichtpark Lumagica den historischen Hofgarten. Den anderen angedachten Standort am Stadtrand, in Amras, lehnte Mark ab, um auf Natur, Menschen und Tiere Rücksicht zu nehmen. „Bei funkelndem Licht, wie etwa bei LED-Figuren, wird im Menschen das Thema Kerzenlicht getriggert und Wohlbefinden ausgelöst“, sagt Mark über die Faszination der glitzernden Leucht-Objekte.
Ein Elefant im Park
Elefant: Lumagica. Der Hofgarten Innsbruck ist bis 10. Jänner 2021 täglich von 17.30 bis 22 Uhr geöffnet, https://www.lumagica.com
„Wir wollen mit den Lichtparks immer etwas erzählen. Die Lichtinszenierung ist an die Geschichte gebunden, die der jeweilige Standort vermittelt“, so der Tiroler Lichtexperte. So werden die Besucher des Hofgartens in eine leuchtende Zauberwelt versetzt, die an die Geschichte des historischen Parks der Bundesgärten anknüpft. Mehr als 300 Lichtobjekte, von kleinen Waldbewohnern über majestätische Hirsche und Löwen bis zu geometrischen Objekten, säumen den Rundweg durch den Park und erzählen vom Lustgarten der Erzherzöge, dem Tiergarten als Heimat der kaiserlichen „Menagerie“, und vom Garten rund um das ehemalige Schloss Ruhelust aus dem 16. Jahrhundert. Spannend ist auch die Geschichte des sechs Meter hohen leuchtenden Elefanten selbst. Allein um das tonnenschwere Eisengerüst zu schweißen, waren Kunstschlosser aus der Slowakei wochenlang beschäftigt. Wer vor dem mit unzähligen LED-Punkten bestückten Tier steht, spürt seine majestätische Größe und hört sogar Elefantentröten, das aus einer Soundinstallation kommt. Warum aber steht hier ein Elefant? Als Symbol für „Soliman“. Er war ein Geschenk Johannas von Portugal an Ferdinand I, Erzherzog von Österreich. Der Dickhäuter wanderte im Winter 1551 über den Brenner, wo ihm eigens Schuhe angepasst wurden, damit er unbeschadet durch den Schnee stapfen konnte, von Spanien über Innsbruck nach Wien. Diese und noch mehr spannende Geschichten können die Besucher von Lumagica auf einer eigenen Route erforschen. Das Design der Leucht-Figuren stammt dabei übrigens von dem Tiroler Künstler und Designer Georg Oehler.
Lichtbotschaften
Lux Festival. Projektion Sunwind der österreichischen Künstlerin Teresa Mar in Helsinki, 2020. Nächster Festival-Termin Anfang 2021, https://luxhelsinki.fi
Andere Festivals, wie etwas das Lux Helsinki oder das Vitoria-Gasteiz in Umbria, wenden andere Erzählmittel an. Lichtkünstler setzen hier nicht auf glitzerndes Licht, sondern auf Lichtprojektionen, die flächiges Licht erzeugen, andere Stimmungen auslösen und Botschaften transportieren sollen. So erinnern die großflächigen geometrischen Lichtprojektionen beim spanischen Vitoria-Gasteiz-Festival an Hologramme, sie sollen wiederum die Wertschätzung des Menschen für seine Umwelt fördern. Künstler Javier Riera projiziert das Licht in Echtzeit in öffentliche Parks und greift damit direkt in die Umgebung ein. Auch die Künstlerin Teresa Mar, die beim Lux Festival in Helsinki langsam bewegliche Bilder auf die Kathedrale projizierte, setzt flächiges Licht ein. Das bernsteinfarbene Motiv soll an die bewegte Geschichte des Bernsteins erinnern und daran, „dass die Natur dafür sorgt, dass an den dunkelsten Orten der Erdkugel Licht stets dem Menschen sagt, ich, die Sonne, bin da, wie eine Laterne“, sagt die Kärntnerin über die Idee zu der Installation.
Wiener Lichtblicke. Künstlerin Victoria Coeln taucht die Stadt bis 10. Jänner in buntes Licht
Auch die Wiener Lichtkünstlerin Victoria Coeln verwendet bei ihrem aktuellem Projekt, Wiener Lichtblicke, das Menschenrecht und Kunst im öffentlichen Raum zum Thema hat, flächiges Licht. Sie greift damit Metaphern rund um das Licht auf, wie etwa „das Licht am Ende des Tunnels sehen“. Licht verweist auch immer in die Zukunft, denn man kann Sterne sehen, die schon längst erloschen sind. „Die größten Herausforderungen an mich sind aber bei solchen Installationen, dass ich die Oberhand über die Technik bewahre und mich künstlerisch nicht unterordne“, so die Künstlerin. Sie setzt heuer Licht-Linien ein, um das Gewohnte unsichtbar zu machen. In den Lichtinterventionen sind weitere Arbeiten von Carsten Busse, Deborah Sengl und weiteren Künstlern integriert. „Licht ist das präziseste und älteste Medienelement, das wir haben, wir können damit sogar weit in die Vergangenheit zurückblicken“, sagt Coeln.
Wiener Lichtblicke. Die zehn Orte wurden von Vitoria Coeln nach politischen Bezügen ausgesucht und erzählen von Menschenrechten
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