Die Malerin Xenia Hausner spricht es direkt an. „Meine Lebensfreude erwacht, wenn ich am Weg zum Atelier das Terpentin schon im Treppenaufgang rieche“, sagt die in Berlin und Wien lebende und arbeitende Künstlerin. Wir haben es geahnt: Etwas schaffen, zeichnen, malen, ein Kunstwerk entstehen zu lassen, bereitet Freude. Der Künstlerin und dem Künstler während der Arbeit daran genauso wie später dem Betrachter – also uns.
So gesehen war es auch eine Freude, die österreichische Kunstszene für diese spezielle FREIZEIT-Ausgabe um ihre Kreativität zu bitten. "Was ist für Sie Lebensfreude?", richteten wir die Frage an die Bildenden Künstler Christian Ludwig Attersee, Arik Brauer, Hermann Nitsch sowie Brigitte Kowanz und an die Modedesigner Rebekka Ruétz, Thang de Hoo und La Hong wie auch den EAV-Musiker und Comiczeichner Thomas Spitzer. Wir baten alle, diese Lebensfreude für uns – und Sie, geschätzte Leserinnen und Leser – darzustellen.
Und prompt kamen die Antworten in Form beeindruckender Bilder samt Gedanke zur Idee und zur Entstehung der Werke.
Christian Ludwig Attersee, bekannt für seine positive und lebensbejahende Kunst, entdeckte in einem seiner Bilder die Umrisse eines Tieres, das uns seit Monaten begleitet: ein Elefant. Er vereint das Tier künstlerisch mit dem Mensch und Träumen vom Haus der 1.000 Wunder – mehr lesen Sie auf der linken Seite. Hermann Nitsch hingegen widmete der ein Schüttbild in sattem Gelb. Eine Farbe, die wie kaum eine andere Zuversicht ausstrahlt.
Was wir jetzt brauchen, darin sind sich alle befragten Künstler einig, ist Optimismus. Die für die Inszenierung ihrer Werke bekannte Malerin Xenia Hausner legt auf ihrem Selbstporträt demonstrativ die Maske ab. Hoffen wir, dass es nicht allzu lange dauert, bis wir dieser Hoffnung folgen können. Aber lesen Sie, und vor allem, schauen Sie selbst.
Hermann Nitsch (oben)
„Je mehr ich glückhaft existiere, desto näher bin ich dem Mittelpunkt der Welt.
Man kann das Leben nur bejahen, wenn man auch das Tragische kennt."
Xenia Hausner
"Meine Lebensfreude erwacht, wenn ich am Weg zum Atelier das Terpentin schon im Treppenaufgang rieche.
Dann überkommt mich die unbändige Lust in der Farbe zu rühren und etwas ganz Unvernünftiges zu tun – nämlich malen.
Zurzeit beschäftige ich mich mit Formen, die nicht geometrisch einzuordnen sind. Sie sind amorph und irrational und bekommen so einen Objektcharakter. Das hat mich zu den ausgezackten Rändern der Briefmarke geführt. Eine versunkene, poetische Leistungsschau der Welt.“
Titel der Arbeit: „Viribus unitis“, dt.: „Mit vereinten Kräften“.
Unter dem Titel „True Lies“ zeigt die Albertina von 19. März bis 27. Juni 2021 die Malerei von Xenia Hausner.
Arik Brauer
"Die Menschheit hat viele Katastrophen überlebt, Eiszeiten, Vulkane, Erdbeben und Seuchen. In dieser eisigen Gletscherlandschaft explodiert ,Die Bunte Hoffnung‘ wie ein befruchtetes Ei und ist nicht mehr aufzuhalten: Es ist die Überwindung der Kälte durch den Frühling, ein Siegeszug der Liebe gegen den Tod. Lebensfreude ist körperliche Gesundheit, Harmonie mit der Familie und der Erfolg im Beruf und im Wirken.“
Thang de Hoo, Modedesigner
"Laut Wikipedia ist Lebensfreude das Empfinden der Freude am eigenen Leben. In der Literatur wird der Begriff gerne kombiniert mit erstrebenswerten positiven Attributen wie Selbstbewusstsein, Vitalität, Optimismus, Kreativität und Glücklichsein.
Weil ich in der glücklichen Lage bin, einen Beruf zu haben, der all diese Attribute abverlangt bzw. fördert, gehe ich jeden Tag mit einer gewissen Lebensfreude an – egal, was die Welt einem gerade zuwirft. Geboren mit großer Vorstellungskraft, hatte ich schon seit meiner Kindheit das Bedürfnis, mir alles um mich herum schöner vorzustellen. Jetzt, viele Jahre und Kollektionen später, bin ich in der Lage, meine Tage so zu gestalten, wie ich will – wenn das keine Lebensfreude ist. So beginnt der Tag manchmal mit einer Zeichnung und endet mit dem Lächeln der Kundin, wenn sie das Kleid anzieht.“
Christian Ludwig Attersee
"Wir haben hier die Schönheit des Menschen, die wunderbare Welt der Tiere und das in den Träumen pendelnde einsame Haus der 1.000 Wunder in Großartigkeit vereint – mehr kann man von einem Bild nicht verlangen.“
Rebekka Ruetz
"Ein Bild aus meiner aktuellen Kollektion. Es symbolisiert den Sprung nach vorne, in die Zukunft, ins Ungewisse. Die Frau auf dem Bild vertraut darauf, dass sie sicher landen wird. Die Bewegung steht für Leben und Lebenslust. Das Foto vereint somit die Freude am und die Zuversicht zum Leben; auch die Farben sind lebensbejahend; ebenso ist der Himmel weit, offen und empfangend blau; Die Sonne auf der Haut schenkt einem das Gefühl der Zuversicht, der Sicherheit und Erinnerungen an schöne Sommer.
Der Wind in den Haaren erinnert einen daran, einen kühlen Kopf zu bewahren und verhilft zur Klarheit. Wenn ich dieses Foto sehe, spüre ich die Liebe zum Leben, zu meinem Werk, zur Schönheit, die uns umgibt. Es motiviert mich, den Sprung ins Ungewisse zu wagen und mitten ins Leben zu springen.“
Thomas Spitzer, Musiker & Grafiker
"Mein Bild ist ein Aufruf zur Demut. Ich lebe seit 30 Jahren in der Dritten Welt, in Kenia. Dort habe ich mein Studio und Atelier. Und von dort aus betrachtet sieht man erst, wie gesegnet wir in Mitteleuropa sind, wir genießen Wohlstand und seit Jahren beinahe keinen Krieg. Dennoch jammern die Kenianer weniger als wir.
Wir haben uns an den Luxus gewöhnt. Ich hatte das Privileg, von dem, was mir Spaß macht, vom Musikmachen mit der EAV, gut leben zu können – wenn es ein höheres Prinzip gibt, dann ist das ein großes Geschenk.
Was mein Bild noch ausdrücken will: dass Popularität kein Glücksgarant ist. Erinnern wir uns zum Beispiel an Hansi Hölzel. Wenn man temporär im Rampenlicht steht, mag das von außen betrachtet schön sein. Aber es ist auch extrem familienfeindlich, was meine Tochter – sie ist heute 41 – extrem zu spüren bekommen hat. Da sind viele Dinge auf der Strecke geblieben. Die derzeitige Krise lässt es nun zu, dass ich seit einem halben Jahr den ziemlich perfekten Familienvater für meinen eineinhalbjährigen Sohn gebe. Und das ist für mich ein großes Glück.“
Brigitte Kowanz, Licht-Künstlerin
"Das Werk ist eine meiner digitalen Zeichnungen. Die räumliche Grundlage entsteht aus meiner Handschrift, die auf Grundlage der analogen Zeichnung digital verräumlicht wird. Die verräumlichte Handschrift wird digital betreten.
In einem weiteren Schritt zeichne ich die gestische Lichtlinie in diesen Raum. Die fertige digitale Zeichnung wird wiederum in einem letzten Schritt in den analogen Raum übersetzt und auf Aluminium gedruckt. Lebensfreude ist Licht, Bewegung und Veränderung, Windhunde und Natur.
Ein laufender Windhund bedeutet Dynamik, Grazie und Freude. Ich hatte immer Hunde und kann mir ein Leben ohne sie nicht vorstellen."
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