Tamara Trojani und Konstantin Schenk sind verheiratet. Aber nicht miteinander. Sie sind seit 20 Jahren ein Paar auf der Bühne und vereint in ihrer Leidenschaft fürs Essen und Trinken. „Ich war mit einem Orchester in Italien und habe Tamara bei einer Fernsehsendung gesehen. Sie hat ‚O dolce Vienna duo‘ gesungen, eine italienische Version von ‚Wien, Wien nur du allein‘“, erzählt Schenk, während er mit Trojani im Schankraum sitzt. Große hölzerne Hocker aus Borneo, die die Wirtin im Urlaub entdeckt hat und die wie eine überdimensionale Hand aussehen, stehen vor einer weiß-goldenen Mosaik-Bar. „Sie waren zu groß fürs Handgepäck“, witzelt der Wirt. An der Wand hängt ein Mosaik – Klimts „Kuss“. Die Spiegelrahmen sind gülden. Wie die Klomuscheln auf der Damentoilette.
Schenk war von der schillernden, singenden Dame dermaßen beeindruckt, dass er Kontakt aufnahm. Seitdem sind sie als „Diva und Maestro“ mit Orchester unterwegs. Sie geben Opern- und Operettenklassiker, unterbrochen von Unterhaltungselementen: „Wenn man ins Programmheft schaut, ertappt man sich dabei, dass man denkt: ‚Noch acht Stücke bis zur Pause‘“, sagt Schenk. Das wollen die beiden unterbinden. Und damit spielen sie vor ausverkauften Häusern. Etwa in der Oper im brasilianischen Manaus, die in den Urwald gesetzt wurde – und den Anstoß zu Werner Herzogs Fitzcarraldo mit dem wahnsinnigen Klaus Kinski geliefert hat. „Die sind drei Mal ums Haus angestanden“, sagt Trojani.
Teile der Opernwelt von heute sind nicht das, wofür Schenks Herz schlägt. „Dass man immer die Bedeutung in die heutige Zeit bringen muss, gefällt mir nicht. Warum muss Tristan ein Tankwart sein? Oder warum muss die 100. Tosca bei Mussolini spielen?“
Er selbst hat des berühmten Vaters und Oberregisseurs wegen einen Teil seiner Kindheit in der Direktionsloge der Wiener Staatsoper verbracht. Von dort hatte er eine gute Sicht auf den Dirigenten. „Und so kam es, dass sich der freche Bub vorzustellen begann, einmal selbst den Sängerinnen mit dem Staberl zu drohen …“, heißt es in einer Beschreibung auf der Website der beiden. Nach der Musikhochschule verschlug es ihn an deutsche Bühnen, und er war unter anderem Assistent von Herbert von Karajan.
Schwerer Start
„Es war am Anfang schon sehr schwer. Jeder denkt, dem Schenk-Sohn hilft eh sein Vater. Das war aber nicht so.“ Ein Schubser hätte nicht geschadet. Aber auf der anderen Seite: „Was ich geerbt habe, ist das Talent, befreit auf der Bühne stehen zu können. Ich bin ja kein ausgebildeter Schauspieler.“ Auf jeden Fall: Dem Herrn Papa gefalle das, was der Sohn im Wirtshaus mache. Und das, was im Stöckl kredenzt wird (böhmisch, österreichisch, international), schmecke ihm auch. Und zu dritt sind sie auch schon durch Deutschland und Österreich getingelt.
Tamara Trojani hat böhmische Wurzeln und eine Vorliebe für Zarah Leander. Ihre Mutter war 40 Jahre lang Wirtin im Schönbrunner Stöckl – und eigentlich dagegen, dass ihre Tochter Schauspielerin und Sängerin wird. Da verschwand schon einmal die Rückmeldung auf die Bewerbung zum Reinhardt-Seminar. Aber es half alles nichts, die Tochter studierte Gesang am Konservatorium. Sie sang etwa in Tosca, der Lustigen Witwe, der Dreigroschenoper und trat im italienischen Fernsehen auf. Dort konnte sie ihrer Liebe zu kunterbuntem Gewand frönen. „Das kleine Schwarze mag ich gar nicht.“
Als die Mutter starb, entschloss sie sich nach reiflicher Überlegung, das Wirtshaus weiterzubetreiben. Schenk war mit dabei. Denn er hatte einen Traum – wie so viele: „Ich hatte so eine rosarote Brille, was die Gastro angeht. Das hat mich immer gereizt.“ Die beiden renovierten viel, brachten Farbe, eine Kaiser-Franz-Josef-Statue und eine Hexe, die von der Decke schwebt, rein. 2016 sperrten sie auf. „So schaut es bei mir zu Hause auch aus“, sagt Trojani, die für die Dekoration verantwortlich ist.
Obwohl sie selbst eine ausgezeichnete Köchin sei, den Kochlöffel schwinge sie im Lokal nicht. „Das würde sich nicht ausgehen.“ Immerhin gehört der Saal, „unser Baby“, bespielt. Zwölf Stücke haben sie auf Lager. „Alzheimer hat keine Chance“, meint die Wirtin.
Die beiden richten sich – wie auch bei ihren „Diva & Maestro“-Abenden – explizit nicht nur an passionierte Konzertgeher. „Unser Publikum sind auch die genötigten Männer“, sagt Schenk. Und Trojani könne auch die Damenwelt für sich begeistern, ist sie sich sicher: „Ich bin nicht mehr die 30-jährige Gefährliche. Mittlerweile bin ich in einem Alter, in dem ich den Frauen sympathisch bin.“ Ihre Lebensjahre wollen die beiden lieber nicht verraten wissen. Macht nichts.
Wagners Knödel
Dafür verraten sie Spannenderes: „Bei den großen Komponisten spiegelt sich das in ihren Stücken wider, was sie gegessen haben. Wagner liebte etwa Fränkische Klöße mit Sauerkraut“, erklärt Schenk und macht ruckartige Bewegungen mit den Armen. „Rossini lebte am Meer und liebte Meeresfrüchte.“ Das hat ihn wohl sanfter gestimmt als eine schwer verdauliche, teutonische Küche. Wobei: interessant wäre ein Wagner-Abend im Schönbrunner Stöckl allemal. Mit Knödel, Kraut. Und viel Wirbel.
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