Wer nicht gerne beim Essen beobachtet wird, der wäre als Teil der kaiserlichen Familie nicht glücklich geworden. Im 18. Jahrhundert wurden nämlich sogenannte Schautafeln inszeniert.
Die Würdenträger saßen dabei rund um eine U-förmige opulent gedeckte Tafel, rundherum standen Hunderte Menschen und sahen ihnen beim Festbankett zu.
Das wird im neuen Schönbrunn-Buch „Österreichs imperiale Küche“ erzählt, in dem sich sowohl Anekdoten, als auch authentische Rezepte aus der Kaiserzeit finden.
Neben Klassikern wie Tafelspitz oder Kaiserschmarrn wird auch Ausgefalleneres wie Wachteleiknödel auf Steinpilzen oder Gerstenschleimsuppe beschrieben. Letztere – steht beim Rezept als Funfact dabei – aß sogar die für ihren strengen Diätplan bekannte Sisi gerne.
Die historischen Fakten hat das Team rund um Elfriede Iby zusammengetragen, die die Forschungsabteilung von Schönbrunn leitet.
Ein Kapitel ist zum Beispiel den Essgewohnheiten von Kaiserin Maria Theresia gewidmet. Was sie gerne gegessen hat? „Hauptsächlich viel“, sagt Iby. Aber sie habe auch immer romantische Essen zu zweit veranstaltet – natürlich nur mit ihrem Gemahl Kaiser Franz I. Stephan. „Heute würde man dazu wohl Date Night sagen“, ergänzt Iby.
Das Buch richte sich dezidiert nicht nur an Touristen, sondern auch an die Einheimischen, erklärte Klaus Panholzer, Geschäftsführer der Schönbrunn Group, bei der Präsentation. „Jeder kann sich so ein Stück Schönbrunn nachhause stellen.“
Schönbrunn entwickle sich zu einem immer wichtigeren Teil der Stadt. „Das hat die Pandemie noch beschleunigt“, so Panholzer. „Es ist schließlich nicht nur ein Schloss, sondern auch ein Naherholungsgebiet.“
Damit Schönbrunn auch weiter Anziehungspunkt für Wiener bleibt, eröffnet im Herbst der Heurigen „Joseph II“ in einem Nebentrakt des Schlosses, der KURIER berichtete.
Weltberühmt
Die Tafelkultur des Wiener Hofes war weit über die Grenzen des Habsburgerreiches bekannt
Exklusiv
Bei „Schautafeln“ durften nur die allerhöchsten Mitglieder der kaiserlichen Familie Platz nehmen, alle anderen sahen zu
Ehrenhaft
Das Auftragen von Speisen und das Vorschneiden wurden als Ehrendienste von adeligen Würdenträgern ausgeführt
Nicht anfassen
Um Reichtum zu demonstrieren, gab es „Galanteriespeisen“ aus Zucker, die nicht zum Verzehr gedacht waren. Diese wurden im 18. Jahrhundert durch Porzellanfiguren ersetzt
Touristen bleiben aber natürlich trotzdem weiter im Fokus, so Panholzer. Insbesondere Asien sei ein sehr wichtiger Markt. Gerade wurden 15.000 Flaschen vom „Schönbrunn Wein“ nach Shanghai verschifft.
Den Wein gibt es bereits seit 2019, jetzt wird aber mit Spirituosen nachgelegt. Entwickelt wurden vier verschiedene Obstbrände, ein dreijähriger „Maria Theresia Rum“, ein „Maria Theresia Rum de Coco“ und ein „Dry Gin“. Sie sind ab sofort in den Museumsshops und in ausgewählten Rewe-Filialen zu kaufen.
Schönbrunner Schnäpse
Dem Alkohol dürfte auch Kaiser Franz Joseph nicht abgeneigt gewesen sein. Zum Mittagessen gab es immer ein Glas bayerisches Bier. Er selbst war beim Essen genügsam. Während der Sommeraufenthalte in Ischl reichten ihm oft Schwarzbrot, Butter und ein Teller Sauermilch.
Dass der Kaiser wenig aß, war nicht immer von Vorteil. Die strenge Hofetikette verlangte, dass niemand mehr essen durfte, wenn der Kaiser das Besteck weggelegt hatte. Das passierte manchmal so früh, dass hohe k.u.k. Militärs, die zur Tafel geladen waren, noch auf ihre Suppe warteten.
Zum Glück kann man die kaiserlichen Speisen mit dem Kochbuch heutzutage ganz einfach selbst nachkochen. Da wird man weder beim Essen beobachtet, noch muss man hungrig vom Tisch aufstehen.
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