In die Natur eingerückt

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Die Architektur des Hotel Pfösl wurzelt in den 1950er-Jahren, wurde von einem noch älteren Heustadl inspiriert, wirkt extravagant und fügt sich dennoch harmonisch in die Bergkulisse der Dolomiten ein.

Ein Gebäude unter Denkmalschutz kann für architektonische Ambitionen ein ziemlicher Hemmschuh sein. Es kann aber auch Inspiration und Anregungen bieten. So war es bei der Restrukturierung des Hotel Pfösl in der Südtiroler Gemeinde Deutschnofen. Ein uralter, unter Denkmalschutz stehender Heustadl lieferte die Idee für die Neugestaltung des traditionsreichen Familienbetriebs.

Mächtig thront die Anlage des Hotel Pfösl auf der Hochebene des Regglberges am Westrand der Dolomiten. Das imposante Ensemble sorgt für einen Wow-Effekt. Noch beeindruckender gibt sich hier nur die Südtiroler Gebirgswelt. Die Bergmassive von Schlern, Rosengarten und Latemar umschließen das Tal.

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Das Gasthaus Pfösl in den 1950er-Jahren.
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Der Hotelkomplex vor dem aktuellen Umbau.

Vom Gästehaus zum Hotel

Das Hotel Pfösl war das traditionsreichste Haus am Platz. Schon in der ersten Hälfte der 1950er-Jahre hatte Anton Zelger, der Großvater der heutigen Besitzer, den ehemaligen Bauernhof in ein Gasthaus umgewandelt. Auch ein paar Zimmer für den aufkommenden Tourismus kamen hinzu. Das Geschäft florierte, immer wieder wurde an- und zugebaut. Die Expansion hatte ihre Spuren hinterlassen, das Hotel allerdings massive seine architektonische Identität verloren. Das Haupthaus wirkte neben den diversen An- und Zubauten sogar etwas unscheinbar. Da entschloss sich die neue Besitzergeneration zu einem radikalen Schnitt.

Brigitte und Eva Zelger übernahmen 2007 das Hotel von ihren Eltern, Herta und Luis. Unter deren Führung hatte es der Betrieb immerhin in die Vier-Sterne-Kategorie geschafft. Dennoch stellte sich immer öfter die Frage, in welche Richtung es weiter gehen sollte. Der Anspruch der Gäste hatte sich verändert. Der Tourismus generell lief unter neuen Vorzeichen.

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Der mehrere Hundert Jahre alte Stadl lieferte die Vorlage für die Neugestaltung und ist heute in das Ensemble integriert.

... neu erpaute Behausung mit Stube, Kuchl, Kammer ... Wein- und ain Krautkeller, dann ober dem Haus befindlicher Pachofen und Schweinegarten, ferners ain Stadl, ... Oxen- und ain Kuhestallung, ... Ackerland gehörten dazu ... und ca. 35 Tagmahd Heimwiesen; dann Wald und Weide...

Erste Beschreibung des Pföslhofes um 1730.

Neustart für das Hotel Pfösl

Den Anstoß zum Restart gab schließlich ein leckes Schwimmbad. Komplette Neupositionierung statt Sanierung eines Teilbereichs, lautete die Devise. Das gesamte Ensemble sollte wieder ein harmonisches Gesamtbild erhalten, das Hotel eine klare Positionierung. Im Jahr 2015 wurde daher eine Entwicklungs- und Planungsphase eingeläutet.

„Die einzigartige Panoramalage hat uns im Frühjahr 2017 dazu bewogen aus dem Pfösl etwas Besonderes zu schaffen – einen Ort des Rückzugs auf 1.375 Metern Seehöhe. Ein besonderes Naturhotel an einem besonders schönen Platz“, erklären die Zelger-Schwestern und Daniel Mahlknecht, der Ehemann von Eva. „Das Thema Natur stand und steht bei uns immer im Mittelpunkt.“

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Hoteliers Eva und Brigitte Zelger, Daniel Mahlknecht.
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Architekten Gerd Bergmeister und Michaela Wolf.

Unser Ziel ist es, unsere Gäste, Mitarbeiter, Partner und die lokale Bevölkerung zu inspirieren und sie durch unseren Lebensstil und unsere Begeisterung nachhaltig zu bereichern.

von Eva und Brigitte Zelger, Daniel Mahlknecht

Privater Architektur-Wettbewerb

Ein öffentlicher Architekturwettbewerb wurde ausgeschrieben, an dem sich vier renommierte Südtiroler Büros beteiligten. Es gab klare Vorgaben. Das Pfösl sollte nicht nur ein „architektonisches Highlight“ werden, sondern auch 20 zusätzliche Zimmer bekommen. Das Spa dem aktuellsten Standard entsprechen und das gesamte Ensemble eine harmonische Einheit ergeben. Zudem sollte sich alles behutsam in die Landschaft einfügen. Das vielfach ausgezeichnete Architektenpaar Michaela Wolf und Gerd Bergmeister mit ihrem in Brixen angesiedelten Büro bergmeisterwolf ging aus dem Wettbewerb als Sieger hervor.

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Architektur wird Teil der Landschaft

"Ein Weiterbauen im Bestand, ein Integrieren des denkmalgeschützten Stadels, ein Bauen in der Landschaft. Es geht um Verbindungen zwischen Neu und Alt mittels Wegräumen und gezielt gesetzten Maßnahmen, die mit dem gesamten eine Einheit bilden. Die Landschaft wird zum Thema, wird Teil der Architektur und umgekehrt. Ein sich Zurücknehmen, ein Suchen von bewusst gewählten Positionen. Ein Verschwinden in der Landschaft. Auch hier das Material als Verbindungselement zwischen Alt und Neu, zwischen Innen und Außen", beschreiben Wolf und Bergmeister ihren gestalterischen Ansatz.

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Nur drei Monate Bauzeit

Ausgehend vom Haupthaus erfolgte eine Art ringförmige Erweiterung. Der bestehenden Gebäudesubstanz wurde gewissermaßen eine Fassade aus Holz übergestülpt beziehungsweise vorgelagert. Das Muster für diese Konstruktion lieferte die alte Holzverbundtechnik des denkmalgeschützten Stadls. Eine Erweiterung um einen Trakt rundete das Konzept ab. Die eigentliche Um- und Ausbauphase dauerte dann nur 88 Tage.

„Die neue Fassade definiert die Form des Hauptbaukörpers neu, sie stützt die neuen Balkone wie auf einer großen Theaterbühne, die einen Zwischenraum schafft, von dem aus man zur einen Seite hin die Landschaft bewundern und zur anderen den Blick auf das Gebäude richten kann“, formulieren die Architekten Wolf und Bergmeister. Der Erweiterungsbau zum Hauptgebäude ist wie ein langer Flügel aus Beton strukturiert, der sich neigt und in der Höhe zwischen den Niveaulinien artikuliert. Die einzelnen Gebäudeteile sind durch Brücken miteinander verbunden. Die schwarzbraunen Latten führen die Fassade über das Dach hinaus fort und sollen ihr eine schwebende Leichtigkeit verleihen.

Südtiroler Holz trifft edle Stoffe

Südtiroler Zirbe, Lärche und Fichte dominieren heute im gesamten Hotel, das auf der Hochebene im Eggental liegt. Der Duft der Zirbe wirkt beruhigend auf die Herzfrequenz und sorgt somit für erholsamen Schlaf. Die heimischen Holzarten wurden mit edlen Stoffen und Materialien kombiniert. Aber auch Sichtbeton kommt zum Vorschein. Der Stil wirkt insgesamt linear und schlicht, aber edel. Reduziertes, alpines Design.

Neben den Naturholztönen ist Schwarz die prägende Farbe. Auch die Fassade des Haupthauses und die Chalets nehmen die dunkle Farbgebung auf. Die Anregung lieferte abermals der Stadl und eine alte Technik vom Bau. Früher wurde Holz, das als Baumaterial verwendet wurde, oft gebrannt. Dadurch wurde es haltbarer.

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Wohnen am Waldrand

Zu dem neuen Konzept gehören auch drei exklusive Chalets, die in Form von Giebelhäusern etwas abseits direkt am Waldrand errichtet wurden. Auch bei diesen Holzkonstruktionen wurde Traditionelles mit Modernem kombiniert. Die drei Häuser bilden zwar eine Einheit, fächern aber in die Landschaft aus. So entstehen Blickachsen zu unterschiedlichen Berggipfeln. Auch durch die horizontale Verschiebung sollen sich unterschiedliche Perspektiven ergeben. Das Spiel mit Räumen, Positionen und Proportionen.

Die Chalets sind auf Betonbögen gelagert, so „schweben“ sie über dem Erdboden, während die Landschaft darunter „durchfließen“ kann. Die beinahe schwarze Fassade lässt sie gleichsam mit dem dunklen Fichtenwald im Hintergrund verschmelzen.

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Die Waldchalets stehen auf Betonscheiben etwas über der Erde und weisen unterschiedliche Blickachsen auf.

Fläche mehr als verdoppelt

Durch die Neukonzeption wuchs das Hotel-Ensemble von 11.000 auf 24.000 Quadratmeter. In Summe ist das gesamte Hotel-Areal als ein einziger, großer Komplex konzipiert, der in die Natur eingerückt ist. Als eine neue Schicht, die sich mit der bestehenden, historisch gewachsenen, mehrschichtigen Struktur überlappt.

Zu dem Ensemble gehört eine eigene Landwirtschaft. Zudem steht seit dem Jahr 1600 auf dem Hof ein ebenfalls denkmalgeschützter, spätgotischer Bildstock, "s'kugelet Pill". Die zum Pföslhof gehörende Lourdeskapelle wurde im Jahre 1896 errichtet. Der mehr als 300 Jahre alte Backofen wird zum Brotbacken noch heute regelmäßig befeuert. Eine weitläufige Gartenanlage gruppiert sich um den gigantischen Innenhof, die sogenannte „Urkraftoase“. Kräuter- und Gemüsebeete, Stege und Liegeinseln prägen diese Gartenlandschaft. Ein großzügiger Barfußparcours und ein Naturteich zum Kneippen runden alles ab.

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Wolffl Pfesel hat geschaffen 1 Gulden der Kirchen Sandt Ulrich.

Eintrag im Zinsregister von Deutschnofen um 1510, die erste Erwähnung des Pföslhofes.

Schwitzen mit Aussicht

Allein die Naturspa-Landschaft belegt mehr als 2.000 Quadratmeter. In- und Outdoor-Anlagen gehen ineinander über. Nicht weniger als acht Schwitzstuben und Saunen laden zum Entspannen. Als Glanzstück präsentiert sich der 25 Meter lange Panorama-Infinitypool, der ebenfalls den Innenraum mit dem Außengelände verbindet.

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Preisgekrönte Ökö-Architektur

Ein achtsamer Umgang mit Mitarbeitern und Gästen sowie mit der Natur und allen Ressourcen, zeichnet die umweltbewussten Gastgeber aus. Der ursprüngliche CO2-Ausstoß von 29 Kilogramm pro Nächtigung wurde auf 15 Kilo reduziert. Mit dem Beraterteam des Terra Instituts wurde zudem die eigene Nachhaltigkeitsstrategie optimiert. Ziel ist nicht nur eine weitere CO2-Reduktion, sondern Klimaneutralität.

Die „Pfösls“ haben sogar die weltweit höchste Zertifizierung für Nachhaltigkeit im Tourismus des GSTC (Global Sustainable Tourism Council) erhalten. Außerdem wurde das Hotel noch mit dem Sustainable Award 2022, viermal mit dem Sustainability Award in der Kategorie „Sunstainable Pioneers“, dem Nachhaltigkeitslabel Südtirol (Stufe 3) und diversen anderen Siegeln und Gütezeichen prämiert.

Text: Albert Sachs Bild: Hotel Pfösl Hotel Pfösl / bergmeisterwolf Hotel Pfösl / Florian Andergassen

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