Tangente St. Pölten: Die Highlights im hochkarätigen Festivalprogramm

Gegen Gewalt an Frauen bzw. FLINTA* steht am 7. Juni auf dem Frauenplatz „Sisters United“ auf. Im Bild: Die Musikerinnen Golnar Shahyar (li.) und Schwester Ebra (re.)
Was haben ein Mütterchor, eine stillgelegte Fabrik und fermentiertes Gemüse mit Erinnerung zu tun? Und was sagt das Gedächtnis einer Gesellschaft über die Demokratie aus? Diesen Fragen widmet sich die Tangente St. Pölten – Festival für Gegenwartskultur ab Juni mit einem hochkarätigen Programm. Ein Überblick.

Die Tangente St. Pölten – Festival für Gegenwartskultur beleuchtet das Thema „Erinnerung“ aus globaler wie auch lokaler Perspektive und mit einer Vielzahl an hochkarätigen künstlerischen Projekten. „Wir fragen: Welche Erinnerungen werden verdrängt oder vergessen? Wie muss Geschichte neu geschrieben werden für die Gegenwart? Und wie kann eine demokratische Teilhabe von verschiedensten Gesellschaftsgruppen aussehen – zum Beispiel von Jugendlichen, von Arbeiter:innen, von nicht Wahlberechtigten und ganz allgemein von einer Stadtgesellschaft?“, sagt Tarun Kade, kuratorischer Leiter der Tangente St. Pölten. 

Den Auftakt zum zweiten Themenschwerpunkt des Festivals bildet die Konferenz „Erinnerungsbedarf“ am 1. und 2. Juni. Die Konferenz will Raum für Austausch und Gespräche bieten, zum Beispiel auch darüber, welche Erinnerungen ins Gedächtnis einer Migrationsgesellschaft Eingang finden. Zu Gast sind Expertinnen und Experten aus unterschiedlichen Bereichen, Impulse gibt es auch aus der Literatur: Marko Dinić, Milena Michiko Flašar und Ralph Tharayil haben für die Konferenz Texte geschrieben, in denen die Erinnerung nicht an Staatsgrenzen aufhört.

Das gilt auch für die Produktion „Mothers. A Song for Wartime“, die am 5. und 6. Juni im Landestheater Niederösterreich ihre österreichische Erstaufführung erlebt. Die international renommierte polnische Regisseurin Marta Górnicka versammelt 25 ukrainische, polnische und belarussische Mütter und deren Kinder auf der Bühne. Es sind Geflüchtete aus Mariupol, Kyiv, Butscha, die ihre Stimmen in Anlehnung an alte Chortraditionen gegen den Krieg und die Gewalt an Frauen als jahrhundertealte Kriegswaffe erheben.

Gegen Gewalt an Frauen bzw. FLINTA* steht zwei Tage später, am 7. Juni, auf dem Frauenplatz auch „Sisters United“ auf: Auf dem Programm stehen Workshops, Interventionen, Diskussionen und ein Konzert der iranisch-kanadischen Künstlerin Golnar Shahyar.

Tangente St. Pölten: Die Highlights im hochkarätigen Festivalprogramm

„Mothers. A Song for Wartime“ von Regisseurin Marta Gòrnicka wird am 5. und 6. Juni in St. Pölten gezeigt.

Film am Dom ist zurück, erstmals seit 2009 erstrahlen wieder Filme auf der großen Leinwand am St. Pöltner Domplatz. Bei freiem Eintritt flimmern als Zusammenarbeit von Cinema Paradiso und Tangente St. Pölten von 6. bis 9. Juni besondere Film-Highlights („Andrea lässt sich scheiden“ von Josef Hader, die Bestsellerroman-Verfilmung „Der Zopf“ und „Rickerl“ von Adrian Goiginger, der Gast am Domplatz sein wird) sowie mit „Nekropolis“ und dem Stummfilm-Live-Konzert des Matthias Jakisic Quintett zu „Der Zirkus“ zwei Weltpremieren über die Leinwand. 

Im Rahmen der „Jewish Weekends“ präsentiert die Tangente St. Pölten am 14. Juni den Stummfilm „Die Stadt ohne Juden“ von Hans Karl Breslauer mit Musik der international erfolgreichen Komponistin Olga Neuwirth im Festspielhaus St. Pölten. Im Stadtmuseum St. Pölten eröffnet am 14. Juni die Ausstellung „Blick in den Schatten. St. Pölten und der Nationalsozialismus“Sie wirft einen Blick auf die Vorboten des Nationalsozialismus und weigert sich, einen Schlussstrich unter die Auseinandersetzung mit dieser menschenverachtenden Epoche zu ziehen.

Tangente St. Pölten: Die Highlights im hochkarätigen Festivalprogramm

Am 14. Juni wird der Stummfilm „Die Stadt ohne Juden“ von Hans Karl Breslauer mit Livemusik der international erfolgreichen Komponistin Olga Neuwirth im Festspielhaus St. Pölten gespielt.

„Let’s Make Herstory” heißt es dann am 15. Juni, wenn in der Bühne im Hof queere Ikonen und die Ballroom-Kultur gefeiert werden, die sich in den 1980er- und 90er-Jahren von New York aus verbreitet hat. EatSlayLove und das Kiki House of Moonlight bringen Voguing nach St. Pölten! Getanzt wird auch anderswo. Der in Brooklyn aufgewachsene und heute in der Schweiz lebende Tänzer und Choreograf Jeremy Nedd schlägt in seinem neuen Stück „blue nile to the galaxy around olodumare“ wiederum eine Brücke vom Jazz als Ausdruck der afroamerikanischen Selbstbestimmung zur südafrikanischen Subkultur Pantsula. Die österreichische Erstaufführung findet am 22. Juni im Festspielhaus St. Pölten statt. 

Zahlreiche gute Gründe zum Tanzen gibt es beim Minifestival „StadtLandFluss“ , das am 21. und 22. Juni im Regierungsviertel stattfindet. Bei freiem Eintritt bietet die lokale Szene mit Institutionen von Stadt und Land sowie der Tangente zwei Tage voll von Begegnung, Musik, Kunst und Feiern – auf mehreren Bühnen zu sehen sind die Acts Bipolar Feminin, BEX, 5/8erl in Ehr’n, JOV, Endless Wellness, Monobrother und viele mehr.

Über die gesamte Festivaldauer ist der Kunstparcours „The Way of the Water, das größte Projekt der Tangente im Bereich Bildende Kunst, kostenfrei zugänglich. Ebenfalls am 21. und 22. Juni wird ein Vermittlungsprogramm rund um die 23 Positionen nationaler und internationaler Künstlerinnen und Künstler zwischen Sonnenpark zum Regierungsviertel, Viehofner See und Glanzstoff-Fabrik geboten. Ausgewählte Positioenen des Kunstparcours werden mit Associate Curator Lorena Moreno Vera und Künstlerinnen und Künstlern besucht werden.

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Die südafrikanische Gruppe Impilo Mapantsula übersetzt am 22. Juni bei „blue nile to the galaxy around olodumare“ mit Jeremy Nedd Musik in Bewegung.

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Die Band „5/8erl in Ehr’n“ spielt ein Gratis-Konzert bei „StadtLandFluss“ in St. Pölten.

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Der Kunstparcours „The Way of the Water“ ist während der gesamten Festivaldauer kostenlos besuchbar. 

Auf das historische und für die Stadt St. Pölten so wichtige Areal der ehemaligen Glanzstoff-Fabrik geht es dann von 27. bis 30. Juni: Bühne frei für die ortsspezifische Installation „Wasteland. The Great Simplification“ von Susanne Kennedy und Markus Selg (die auch von 4. bis 7. Juli gezeigt wird), die Performance „Hands Made“ von der in Ankara geborenen und in Berlin lebenden Choreographin Begüm Erciyas, bei der die Hände der Besucherinnen und Besucher im Mittelpunkt stehen, und die Spurensuche „X-Erinnerungen“ des Dramaturgen Matthias Lilienthal und der Kuratorinnen Helena Eckert und Friederike Kötter. Von 28. bis 30. Juni kann man auf drei Routen durch St. Pölten an verschiedene Türen klopfen und unerwartete Orte der Erinnerung entdecken. 

In eine Pojangmacha wird man am 27. und 28. Juni in der Bühne im Hof entführt: Der typische südkoreanische Straßenimbiss entpuppt sich in der Inszenierung des koreanischenTheatermachers, Performers und Komponisten Jaha Koo allerdings als ein imaginärer Ort unter dem Meer, an dem sich mythische Gestalten und verlorene Meeresbewohner:innen treffen. „Haribo Kimchi“ nennt sich diese Food-Performance.

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In „Wasteland“ begegnen sich Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft in einer erweiterten Realität.

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Bei „X-Erinnerungen“ bekommt das Publikum Einblicke in verschiedene Orte der Erinnerung.

Die mexikanische Künstlerin Mariana Castillo Deball beschäftigt sich in „Though Dead, I am Still Paper“ mit den archäologischen Funden und den damit verbundenen Geschichten auf dem Domplatz und schreibt sie künstlerisch weiter fort (Eröffnung am 3. August). Und während bei einem literarischen „Blätterwirbel Spezial“ am 26. Juni die Autoren Bernhard Moshammer (gebürtiger St. Pöltner) und Ilija Matusko aus ihren jüngsten Romanen lesen, die auf höchst unterschiedliche Weise um das Thema Erinnerung kreisen, zieht der New Yorker Komponist und Multiinstrumentalist John Zorn am 4. Juli nicht nur in der Reihe „Orgel Experimentell“ im Dom zu St. Pölten alle Register. Das Konzert in der Ehemaligen Synagoge ist bereits ausverkauft, als „New Masada Quartet“ spielt er mit Julian Lage, Jorge Roeder und Kenny Wollesen und in der Bühne im Hof – alle Konzerte gespickt mit musikgeschichtlichen Bezügen, die mitten ins Herz der Gegenwart treffen.

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Der US-amerikanische Multi-Instrumentalist John Zorn spielt am 4. Juli in St. Pölten drei Konzerte.

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