Unternehmen: Die Suche nach der passenden Rechtsform
Groß, klein, mit einem oder vielen Eigentümern – Österreichs Unternehmen haben viele Gesichter. Genau so vielfältig sind die Möglichkeiten bei Wahl und Ausgestaltung der Rechtsform.
An manchen Häusern sieht man noch Firmenschilder mit Namen wie XY & Söhne oder XYs Erben. Dürfen Unternehmen heute nicht mehr so heißen?
Arno Weigand: Nein, schon seit 2007 nicht mehr. Man erkennt dabei anhand des Firmenwortlauts nämlich nicht die Gesellschaftsform. Das Unternehmensgesetzbuch (UGB) schreibt aber vor, dass das der Fall sein muss.
Welche Rechtsformen hatten diese Unternehmen?
Dabei hat es sich um OHGs oder KGs aus der Zeit des Handelsgesetzbuchs (HGB) gehandelt.
Aber diese Rechtsformen bestehen doch weiter?
Seit dem UGB mit einem viel weiteren Anwendungsbereich: Die KG gibt es nach wie vor, die OHG lebt in der OG weiter, beide können für jeden zulässigen Zweck gegründet werden. Wobei es mehr KGs gibt als OGs.
Ein Vorteil der GmbH ist die Rechtssicherheit durch den Notar.
Woran liegt das?
An der Haftung. Bei der OG haften alle Gesellschafter unbeschränkt mit ihrem Vermögen, bei der KG nur einer, nämlich der Komplementär.
Wie sieht es mit der Haftung bei einer GmbH aus?
Wenn die Gesellschafter die Stammeinlagen voll einbezahlt haben und diese rückgewährt wurden, dann haften sie gar nicht mehr. Allerdings verlangen die Banken regelmäßig Bürgschaften oder Schuldbeitritte der Gesellschafter.
Welche Vorteile hat die GmbH darüber hinaus noch für Unternehmer?
Ein enormer Vorteil ist die Rechtssicherheit. Gesellschaftsanteile können in Österreich nur durch einen Notariatsakt übertragen werden. Dadurch wird dem Geschäftsführer gegenüber eindeutig dokumentiert, wer die neuen Gesellschafter sind. Das ist deshalb wichtig, weil die Geschäftsführer den Gesellschaftern gegenüber weisungsgebunden sind und daher wissen müssen, nach wessen Pfeife sie tanzen müssen. Es kann bei uns, anders als beispielsweise in den USA oder Russland, also niemand die Gesellschaft klauen, indem er sich zum Alleingesellschafter und neuen Geschäftsführer erklärt und das gleich online registriert.
Gründer sollten sich also in Hinblick auf die Haftung genau überlegen, welche Rechtsform sie wählen?
Nicht nur wegen der Haftung, sondern auch wegen der Steuer und der laufenden Kosten. Man braucht nämlich eine Bilanz, eine Gewinn- und Verlustrechnung, muss die Umsatzsteuer gleich nach Rechnungslegung abliefern und Körperschaftssteuer zahlen. Umgekehrt können die Gesellschaftsverträge der Personengesellschaften formfrei und ohne Notar geschlossen und abgeändert werden, dies aber mit folgendem Nachteil: Wenn die Gesellschafter streiten, muss gerichtlich festgestellt werden, welchen Inhalt der Gesellschaftsvertrag überhaupt hat.
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„Es gibt ja auch keine Zahnspange für alle“
GmbH. Ein individueller Gesellschaftsvertrag spart Nerven, Zeit und womöglich auch Geld.
Die Entscheidung ist gefallen, die GmbH als Rechtsform gewählt. Der nächste Schritt: Ein Gesellschaftsvertrag muss her. „Der größte Fehler wäre, dafür einen Standardvertrag heranzuziehen. Es gibt ja auch keine Zahnspange für alle“, warnt der Wiener Notar Arno Weigand. Der zweite Kardinalfehler in Zusammenhang mit Gesellschaftsverträgen sei, nicht darüber nachzudenken, was man wirklich brauche.
Je individueller der Gesellschaftsvertrag, desto weniger Probleme im Konfliktfall.
Exit-Strategie
Einige Punkte sollten unbedingt individuell geregelt werden, so Weigand: „Dass die Anteile nicht frei übertragbar sind, dass es Aufgriffsrechte gibt, Verschwiegenheitsgebote und Wettbewerbsverbote sowie ein Kündigungsrecht.“ Letzteres sei etwa bei Unstimmigkeiten zwischen verschiedenen Gesellschaftern wichtig, da es kein gesetzliches Austrittsrecht aus einer GmbH gebe. „Hat aber einer genug und die anderen kaufen ihm seinen Anteil nicht ab oder kann er den nicht an Fremde verkaufen, dann muss er die Gesellschaft kündigen können; die Mitgesellschafter haben dann die Möglichkeit, seinen Anteil zu übernehmen oder es wird die GmbH liquidiert“, erklärt Weigand. In einem individuellen Gesellschaftsvertrag können darüber hinaus Minderheitsgesellschafter durch Sonderrechte wie etwa gewichtete Stimmrechte, Veto- und Kontrollrechte abgesichert, eine vertraglich gesicherte Geschäftsführungsbefugnis sowie die Art und Weise der Gewinnbeteiligung geregelt werden. „Man kann darin auch festlegen, was in den schrecklichen Fällen des Todes oder der Geschäftsunfähigkeit eines Gesellschafters mit dessen Geschäftsanteil geschehen soll“, erklärt Weigand.
Airbag im Vertrag
Natürlich sei jedem Unternehmer zu wünschen, dass die Gesellschafter nur selten auf die darin getroffenen Regelungen zurückgreifen müssen. „Aber es ist einfach gut, wenn der Gesellschaftsvertrag auch Antworten auf Ordnungsfragen gibt, wenn sich diese stellen. Je mehr Airbags im Vertrag, desto besser“, sagt Weigand.
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Von Familienunternehmen und Unternehmerfamilien
Zukunft: Emotionen, Nachfolge, Image – Unternehmerfamilien arbeiten viele Themen ab.
Wie ihr Unternehmen zu managen ist, wissen viele Familienunternehmer. „Anders sieht es aus, wenn es um ihre Unternehmerfamilie geht“, weiß Hermann Frank, Leiter des Forschungsinstituts für Familienunternehmen an der WU, das vor kurzem seinen zehnten Geburtstag feierte. Da gehe es beispielsweise darum, den Begriff „Unternehmerfamilie“ zu definieren. „Also, ob etwa Eingeheiratete im Unternehmen mitarbeiten oder gar Anteile bekommen dürfen“, beschreibt Frank, der in der nächsten Zeit den Unternehmerfamilien ebenfalls mehr Augenmerk schenken will.
Bei dem Festlegen eines Codex herrscht in Österreich noch Nachholbedarf.
Verfassung für Familien
Ein anderes Thema sei, ob sich die Familie einen Codex gebe. „Darin kann man festlegen, dass man einmal pro Jahr einen Familientag abhält, dass der Nachfolger drei Jahre Auslandserfahrung sammeln muss oder die Werte festlegen, zu denen man sich bekennt“, beschreibt Frank. In Österreich, aber auch in anderen Ländern, gebe es diesbezüglich noch einigen Nachholbedarf. Wobei Banken, etwa in Hinblick auf Kredite, darauf immer öfter Wert legen würden.
Nachfolger gesucht, Jammern verboten
Eine andere Frage, mit der sich die Forscher zunehmend beschäftigen, ist das affektive Commitment potenzieller Nachfolger. Dabei geht es um die Emotionen rund um Nachfolge und Übergabe. Eines hat sich dabei gezeigt: „Hört der potenzielle Nachfolger immer nur, wie schwer man es als Unternehmer hat, wie viel man arbeiten muss und ähnliche Klagen, darf sich der Übergeber nicht wundern, wenn die Jugend kein Interesse an der Nachfolge hat. Denn Emotionales ist das wichtigste Kriterium bei der Entscheidung für oder gegen eine Nachfolge“, weiß der Experte. Er legt Familienunternehmen, besonders kleinen und mittleren Betrieben, übrigens auch ans Herz, mehr für ihre Image zu tun. Vor allem dann, wenn es darum geht, sich als Arbeitgeber zu positionieren. „Viele Studenten haben ein völlig falsches Bild und glauben, dass Familienbetriebe schwerfällig, altmodisch und nicht innovativ sind. Dabei ist vielfach das Gegenteil der Fall“, sagt Frank.
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