Generationenwechsel: Darauf sollten Unternehmen bei der Übergabe achten
Gründen oder ein Unternehmen übernehmen – diese Frage stellt sich so mancher, der den Sprung in die Selbstständigkeit wagen will. Sich ins gemachte Nest zu setzen, hat definitiv Vorteile: Ist ein Betrieb am Markt gut eingeführt, entfällt die Aufbauarbeit. Und auch das Risiko ist leichter einschätzbar. Betriebe, die einen Nachfolger suchen, gibt es genug. Denn immer seltener werden Familienbetriebe innerhalb der Familie übergeben. War dies 2008 noch bei 75 Prozent der Familienbetriebe der Fall, so geschieht dies jetzt nur noch bei rund der Hälfte. Doch gleichgültig, ob der Nachfolger aus der Familie oder von außerhalb kommt: „Eine Übernahme sollte nicht von heute auf morgen passieren, sondern gut vorbereitet werden“, sagt der Wiener Notar Reinhard Wittmann. Er rät potenziellen Übernehmern daher dazu, sich über so einiges klar zu werden – und zwar noch bevor man ein passendes Unternehmen sucht oder in das elterliche einsteigt.
Klarheit finden
Dafür hat Wittmann einen dicken Fragenkatalog parat: Das Spektrum reicht von „Was will ich wirklich?“ und „Bin ich mir bewusst, was es heißt, selbstständig zu sein?“ über „Welche Ziele habe ich vor Augen?“ bis zur Frage nach den Voraussetzungen und Rahmenbedingungen, um diese auch in Zukunft erreichen zu können. Erst, wenn man ein genaues Bild seiner eigenen Vorstellungen und Ziele hat, sollte man mit dem Übergeber Kontakt aufnehmen. „Ganz wichtig ist, dass man das jeweilige Unternehmen – sei es ein fremdes, sei es der elterliche Betrieb – vor der Übernahme auf Herz und Nieren durchleuchtet, ob damit tatsächlich die eigenen Ziele erreicht werden können“, sagt Wittmann. Das gelte nicht nur für die Finanzen, sondern für einen möglichen Investitionsbedarf oder ob Nachschärfungen beim Geschäftsmodell oder eine Änderung der Rechtsform notwendig sind. Auch das Marktumfeld, in dem sich der Betrieb bewegt, sollte gecheckt werden, so der Notar. Denn für ihn steht eines fest: „Ist man einmal Chef, ist es in manchen Belangen zu spät, um darauf zu reagieren“.
Man kann nie früh genug mit der Nachfolgeplanung beginnen.
Systematisch sein
Aber nicht nur die Übernehmer, auch die Übergeber sollten die Nachfolge systematisch angehen. „Dabei geht es in den meisten Fällen nämlich nicht allein um die Suche nach dem am besten geeigneten Übernehmer“, weiß Wittmann. Denn in den meisten Fällen wird parallel der Nachlass geregelt, es müssen bei Weitergabe in der Familie oft andere Pflichtteilsberechtigte versorgt oder Regelungen für den Pflichtteilsverzicht derselben getroffen werden. Auch das Unternehmen sollte bestmöglich auf den Generationenwechsel vorbereitet werden. „Man sollte keinesfalls auf Innovationen oder Investitionen verzichten, nur, weil man in zehn Jahren in Pension geht“, so Wittmann. Letztere sollten im Idealfall bereits in Absprache mit dem möglichen Nachfolger getätigt werden – falls dieser bereits in Sicht ist.
Jahrelanger Prozess
Angesichts des Aufgabenheftes, das beide Seiten abzuarbeiten haben, legt Wittmann potenziellen Übernehmern und Übergebern v. a. eines eindringlich ans Herz: „Man kann nie früh genug mit der Nachfolgeplanung beginnen. Zeit ist der Schlüssel zum Erfolg.“ Zumindest fünf Jahre, besser aber noch sechs bis acht Jahre, vor dem Tag X sollte man mit der Weichenstellung dafür beginnen. „Geht man sie vernünftig an, ist die Übergabe ein jahrelanger Prozess“, betont Wittmann.
Wittmanns Wordrap
- Nachfolge: sollte immer geregelt sein, besonders aber beim Generationenwechsel
- Die größten Fehler dabei: Zeitdruck und wenn der Übergeber nicht loslassen kann
- Ihr Rat an Übergeber: Planen Sie mindestens fünf Jahre für die Nachfolgeregelung ein und sorgen Sie für Transparenz.
- Ihr Rat an Übernehmer: Werden Sie sich vorab über Ihre Wünsche und Ziele klar. Und auch darüber, wie Sie diese erreichen wollen.
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Generationenwechsel: „Muss Verständnis für die wahren Bedürfnisse aller wecken“
Mediation. Gut begleitet, geht der Generationenwechsel glatt über die Bühne.
Rund 40.000 Unternehmen stehen in den nächsten fünf Jahren zur Übergabe an. Dabei sowohl in rechtlicher als auch steuerlicher Hinsicht fachlichen Rat einzuholen, ist selbstverständlich. Doch nur selten wird dieser Prozess von Mediatoren begleitet.
„Das ist schade, man würde sich damit vieles erleichtern. Gerade in dieser Zeit brechen nämlich häufig schwelende Konflikte auf“, sagt Reinhard Wittmann, Notar und Mediator in Wien. Während dann vordergründig über einen Passus im Vertrag gestritten werde, stehe dahinter eigentlich eine Emotion. „Gemeinsam mit dem Mediator sollte man dieser Emotion auf den Grund gehen“, sagt Wittmann. Die Rolle des Mediators bei Übergabeprozessen beschreibt er prägnant: „Man muss Verständnis für die wahren Bedürfnisse aller wecken.“
Kommunikation anregen
Die Rolle des Mediators sei die eines Moderators und Vermittlers, erklärt Wittmann. Die Lösungen für das Problem sollten nicht von ihm kommen, sondern von den Parteien erarbeitet werden. Dass dazu jemand von außen gebraucht werde, führt er darauf zurück, dass Übergeber und Nachfolger oft viel zu wenig miteinander reden würden. „Und dann reiht sich ein Missverständnis an das andere“, weiß der Notar. In diesem Zusammenhang rät er all jenen, die sich auf einen Generationenwechsel vorbereiten, auch anstehende Termine gemeinsam wahrzunehmen. Sei es beim Notar, Anwalt oder Steuerberater. „Diese Transparenz führt dazu, dass sich keiner übervorteilt fühlt“, sagt Wittmann.
Aber auch Banken, Kunden und Lieferanten sollten von beiden gemeinsam über den Wechsel in der Chefetage informiert werden. Das gilt genauso für die Mitarbeiter. „Sie sind ja oft das wertvollste Gut eines Unternehmens“, ist der Notar überzeugt. Je intransparenter diese den Wechsel empfinden würden, desto größer sei das Risiko, sie zu verlieren. „Mit einer guten Kommunikation kann man das verhindern“, weiß Wittmann.
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In Familienbetrieben gibt es kaum eine gläserne Decke
Frauenpower: In 26 Prozent der Betriebe sind Frauen in der Geschäftsleitung zu finden.
Kerstin Hörmansdorfer will hoch hinaus. Und zwar im wahrsten Sinn des Wortes: Seit diesem Jahr ist die 22-Jährige nämlich Dachdeckermeisterin und Spenglergesellin. Aus gutem Grund, wird sie doch in einigen Jahren den elterlichen Dachdecker- und Spenglerbetrieb übernehmen.
„Ich bin mit diesem Gedanken aufgewachsen, ich habe schon als Kind mitgeholfen“, sagt sie. Die jüngere Schwester hingegen hat sich anders entschieden – und zwar für eine Konditorlehre. Auch nach der Meister- beziehungsweise Gesellenprüfung ist die Ausbildung für Kerstin Hörmansdorfer nicht zu Ende. Um noch weiter in den Betrieb hineinzuwachsen, packt sie überall an. „Ich bin im Büro genauso zu finden wie draußen“, erzählt Hörmansdorfer. Zu lernen gibt es noch genug, ist sie überzeugt.
Etwa den Umgang mit den Kunden: „Man muss ihnen ja genau erklären können, was man machen wird“, sagt sie. Dass sie eine Frau sei, sei noch nie ein Problem gewesen. „Den Mitarbeitern ist das genauso egal wie den Lieferanten und Kunden“, so Hörmansdorfer. Die 22-Jährige ist keine Ausnahme.
In weiblicher Hand
In immerhin 26 Prozent der Familienbetriebe sind Frauen in der Geschäftsleitung zu finden – entweder alleine oder im Team mit Männern. Das zeigt eine Studie der KMU Forschung Austria. Bei 18 Prozent der Familienunternehmen obliegt die Geschäftsführung mehrheitlich Frauen und in 43 Prozent der Unternehmen mit mehreren Geschäftsführern teilen sich Männer und Frauen diese. Generell sind in Familienunternehmen mit weniger als zehn Mitarbeitern häufiger Frauen in Führungspositionen vorzufinden als in größeren.
Stark in Tourismus und Handel
Nach Sektoren betrachtet, führen Frauen vergleichsweise häufig Familienunternehmen im Tourismus und im Handel. Als von Männern dominierte Branchen gelten hingegen Bauwesen, Produktion und wirtschaftsnahe Dienstleistungen. Anders sieht es jedoch in börsennotierten Unternehmen aus: Der Frauenanteil in den Vorstandsetagen heimischer börsennotierter Unternehmen ist im Vorjahr von sechs auf 4,8 Prozent zurückgegangen. Das zeigt eine Studie des Prüf- und Beratungsunternehmens EY.
Von 186 Vorständen sind nur neun Frauen, zwei weniger als vor einem Jahr. Der Frauenanteil in den Aufsichtsräten ist dagegen von 18,8 auf 23,2 Prozent gestiegen. Jeder vierte Aufsichtsrat erfüllt die Quote nicht. Und nur in sieben von 58 börsennotierten Unternehmen findet sich überhaupt ein weibliches Vorstandsmitglied.
Was es bei Unternehmensübergaben zu beachten gibt, erfahren Sie auf www.notar.at
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