Privatinsolvenz? Es ist der Anfang, nicht das Ende

Privatinsolvenz? Es ist der Anfang, nicht das Ende
Es ist das Eingeständnis, es nicht geschafft zu haben, und für viele Menschen ein schwarzer Tag. Die Anmeldung einer privaten Pleite ist jedoch auch der erste Schritt, um große finanzielle Probleme zu lösen – und das in geregelten Bahnen. Aber was passiert eigentlich nach der Insolvenzanmeldung?

Wirft man einen Blick in die Insolvenzstatistik des Vorjahres, offenbart sich ein eindeutiges Bild: Die Zahl der eröffneten Privatkonkurse ist in Österreich gegenüber dem Jahr 2021 um 13 Prozent auf knapp 8.200 Fälle gestiegen. Viele sprechen daher von einer Pleitewelle, die über das Land hereingebrochen ist. Tatsächlich sind die Zahlen aktuell, aber nicht besorgniserregend, denn sie sind noch immer niedriger als vor der Corona-Krise. Warum das so ist? „Gerade in Krisenzeiten gehen die Menschen deutlich vorsichtiger mit ihrem Geld um. Die vielen Unsicherheiten bewegen sie dazu, sich auf die wesentlichen Ausgaben zu fokussieren und weniger über ihren Verhältnissen zu leben. Wir werden aber erst später sehen, wie sich die Teuerungen auswirken“, so Petra Wögerbauer, Leitern der Region Nord im KSV1870. Auch wenn volkswirtschaftlich betrachtet die Zahlen nicht besorgniserregend sind, so ist ein Privatkonkurs in der Regel für viele ein schwieriger Schritt. Zugleich ist es aber auch der erste Schritt aus der Schuldenfalle.

Was tun, wenn es finanziell eng wird?

Wenn finanziell nichts mehr geht, ist es an der Zeit, sich, professionelle Hilfe zu suchen. Denn häufig sind dann die Schulden zu einem unübersichtlichen Dickicht geworden. Es braucht einen objektiven Blick von außen, um die finanzielle Lage sachlich darzustellen und die ersten Schritt Richtung Entschuldung einzuleiten. Für Privatpersonen ist in Österreich die Schuldnerberatung zumeist die erste Anlaufstelle. Sie berät die Betroffenen, zeigt auf, welcher Weg, der individuell richtig ist und hilft bei der Antragstellung. Fällt die Entscheidung für eine Schuldenregulierung (Privatkonkurs), so ist ein vollständiges Vermögensverzeichnis bei Gericht vorzulegen.

Was passiert in einem Verfahren?

Wird ein Schuldenregulierungsverfahren bei Gericht eröffnet, gibt es verschiedene Verfahren, die zur Anwendung kommen können. Im Wesentlichen wird zwischen dem Zahlungsplan und dem Abschöpfungsverfahren (Pfändung des Einkommens) unterschieden. Mit dem Antrag geht auch die Veröffentlichung der Insolvenz unter www.edikte.at einher. Gleichzeitig kontaktieren die Gläubigerschutzverbände die Gläubiger, die offene Forderungen haben. Für die Betroffenen mag es unangenehm sein, wenn die eigene Insolvenz öffentlichkeitswirksam wird, jedoch können auf diese Weise die Gläubiger ihre Forderungen anmelden. Es tritt ein Zinsstopp ein und gerichtliche Pfändungen werden eingestellt. Der Schuldner darf nur noch über den unpfändbaren Teil des Einkommens verfügen und über Eingänge, die nicht pfändbar sind. Nur in Ausnahmefällen wird ein Insolvenzverwalter bestellt, etwa wenn Vermögen verwertet wird oder die Finanzen sehr unübersichtlich sind.

Privatinsolvenz? Es ist der Anfang, nicht das Ende

Petra Wögerbauer, Leitern KSV1870 Region Nord

Wie viele Tagsatzungen gibt es?

Im Normalfall gibt es in einem Privatinsolvenzverfahren eine Tagsatzung, die im Schnitt rund 90 Tage nach der Insolvenzeröffnung erfolgt. Prüfungstagsatzung und die Tagsatzung zur Abstimmung über den Zahlungsplan werden dabei im Regelfall in einem erledigt. In einzelnen Fällen bedarf es jedoch einer zweiten oder dritten Tagsatzung, in den allerseltensten Fällen sogar einer vierten. Das kann dann notwendig werden, wenn zum Beispiel das Vermögen zu Beginn noch nicht vollständig verwertet ist, die Arbeitnehmerveranlagung noch durchgeführt werden muss oder ein Jobwechsel des Schuldners kurz bevorsteht. Dadurch wäre dessen zukünftiges Einkommen noch unklar, was für den Zahlungsplan jedoch von entscheidender Bedeutung ist. Apropos Zahlungsplan: Der Quotenvorschlag muss der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Schuldners während der nächsten 3 Jahre entsprechen. Aufgrund der gesetzlichen Mindesterfordernis bieten die Schuldner den Zahlungsplan zumeist über eine Laufzeit von 3 Jahren an. Die Gläubiger können jedoch eine Verlängerung erwirken, etwa auf vier oder fünf Jahre. Die maximale Laufzeit eines Zahlungsplan darf sieben Jahre nicht übersteigen. Kommt es zu keiner Einigung, wird ein Abschöpfungsverfahren eingeleitet.

Was passiert am Ende?

Bei ordnungsgemäßer Beendigung des Verfahrens werden die verbliebenen Schulden erlassen. Dieser Schritt wird auch als Restschuldbefreiung bezeichnet. Denn nur in Ausnahmefällen können die Betroffenen alle Forderungen der Gläubiger bezahlen. Ist die Insolvenz gescheitert, kann das Gericht die Restschuldbefreiung verweigern. Das wäre dann der Fall, wenn Zahlungen nicht geleistet oder Obliegenheiten nicht erfüllt werden. Verletzungen von Letzterem sind etwa, wenn Informationen nicht bekannt gegeben werden oder kein Bemühen um eine angemessene Erwerbstätigkeit vorliegt. Scheitert die Insolvenz, dann leben die alten Forderungen (zum Teil) wieder auf.

Und welche Rolle spielt dabei der KSV1870?

Der Kredit­schutz­ver­band von 1870 ist ein bevor­rech­teter Gläu­bi­ger­schutz­ver­band, dessen Aufgabe es ist, im Rahmen von Insol­venzen größt­mög­liche Zahlungen für die Gläu­biger zu erwirken. Denn in der Regel verlieren diese Unter­nehmen einen großen Teil ihres Geldes. Der Schuldner kann es nicht mehr zurück­zahlen, obwohl eine Leis­tung erbracht wurde. „Es ist daher wichtig, in Zusammenarbeit mit dem Schuldner tragfähige Lösungen zu erwirken. Es macht aber auch keinen Sinn, hohe Zahlungen zu verlangen, die ein Schuldner inner­halb der Entschul­dungs­dauer nicht durch­halten wird können“, so Wögerbauer. „Aber wir erwarten von Menschen im Privatkonkurs, Anstrengungen zu unternehmen, um die Verluste der Gläu­biger zu redu­zieren.“ Nicht selten verlieren Unternehmen mehr als 90 Prozent ihrer Forde­rungen.

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