Eine gut geplante Pension kann der beste Lebensabschnitt sein
Michael Miskarik: Frau Präsidentin, Sie setzen sich seit vielen Jahren dafür ein, dass sich die Menschen aktiv mit ihrer finanziellen Altersvorsorge auseinandersetzen. Warum erscheint Ihnen dieses Thema so wichtig?
Ingrid Korosec: Das Problem ist, dass die meisten Menschen die Pensionierung und alle damit zusammenhängenden Themen sehr gerne vor sich herschieben. Mit der Pensionierung kommt dann oft ein zweifacher Pensionsschock: Erstens die Frage: Was soll ich jetzt tun? Und zweitens: Wie soll ich mit meiner Pension meinen Lebensstandard erhalten? Es ist leider eine Tatsache, dass auch Menschen, die ihr Leben lang gearbeitet haben, mit ihrer Pension nur mehr knapp über die Runden kommen. Deshalb wollen wir ein Bewusstsein dafür schaffen, dass man sich frühzeitig mit der finanziellen Altersvorsorge auseinandersetzen sollte, damit es später keine bösen Überraschungen gibt. Denn: Eine gut geplante Pension kann der beste Lebensabschnitt sein.
Wie lautet Ihre Empfehlung? Wie kann man einem finanziellen Engpass im Alter am besten entgegensteuern?
Ein erster Schritt sollte sein, dass man sich frühzeitig einen Überblick verschafft. Dabei hilft ein Blick auf das Pensionskonto. Wer das früh und regelmäßig macht, weiß immer wo er bzw. sie steht, und hat so auch die Möglichkeiten, beruflich und privat ganz bewusst Entscheidungen zu treffen. Der nächste Schritt ist, dass man zusätzlich zur gesetzlichen Pension auch die Möglichkeiten der betrieblichen und privaten Vorsorgemodelle für sich nützt.
Gerade Frauen schauen in der Pension nicht selten durch die Finger, weil sie Kinder bekommen haben und nicht arbeiten gehen konnten oder nur Teilzeit gearbeitet haben. Worauf sollten Frauen besonders achten?
Ich stehe für Wahlfreiheit und ein modernes Familienbild. Leider ist es eine traurige Wahrheit, dass noch immer fast jede zweite Frau in Österreich eine Pension knapp an der Armutsgrenze bekommt. Daher zwei wichtige Botschaften an junge Frauen: Heiraten ist keine sichere Altersvorsorge! Und Teilzeit ist kein Lebensarbeitsmodell. Aus diesem Grund brauchen wir eine transparente Information darüber, was es bedeutet, wenn man länger als notwendig Teilzeit oder gar nicht arbeitet. Kindererziehung darf für Frauen nicht nachteilig sein – deshalb fordere ich schon seit Jahrzehnten ein automatisches Pensionssplitting. Und natürlich braucht es genügend institutionelle Kinderbetreuungsmöglichkeiten oder innovative Betreuungsformen, wie die Großelternkarenz, für die ich mich einsetze, damit auch Mütter Karriere machen können.
Aber nicht nur Frauen stehen vor Herausforderungen im Alter. Auch viele Männer haben Probleme mit dem neuen Lebensabschnitt. Gibt es Tipps, wie man die Pension in vollen Zügen genießen kann?
Gerade Männer fallen oft in ein echtes mentales Loch. Sie fühlen sich nicht mehr gebraucht oder wichtig. Ich sage immer: Wir Neuen Alten sind nicht alt und klapprig, sondern neugierig, aktiv und engagiert. Als Gesellschaft brauchen wir hier einen Paradigmenwechsel, der für die Generation der Golden Ager ein neues Selbstbewusstsein bereithält. Durch die höhere Lebenserwartung dürfen wir Senioren uns heute über rund 20 gewonnene Jahre freuen. Alt sein und in Pension gehen, ist nicht das Ende, sondern kann der Anfang einer wunderbaren Lebensphase sein – vielleicht sogar der schönsten. So frei, wissend, erfahren, wie nie zuvor - vorausgesetzt natürlich man ist gesund.
Wie können Kinder unterstützen, wenn ihre Eltern einen Pensionsschock haben?
Am wichtigsten ist es, dass den frischgebackenen Pensionist:innen innerhalb der Familie Wertschätzung entgegengebracht wird. Oft hilft es schon, sie in den Familienalltag einzubinden oder ihnen Aufgaben zu geben. Auch Seniorenorganisationen wie der Österreichische Seniorenbund mit seinen sehr aktiven Bundesländerorganisationen sind eine gute Anlaufstelle, da sie Reisen, Kulturprogramme oder Stammtische anbieten. Aber die beste Prävention gegen einen Pensionsschock ist immer noch die rechtzeitige Vorbereitung. Also schon vor der Pension mit der Familie und mit Freunden über die Zeit nach der Erwerbstätigkeit sprechen.
Mit der Pension wächst auch das Risiko von Einsamkeit. Was kann man dagegen tun?
Alterseinsamkeit ist tatsächlich ein großes Problem. Allein in Wien liegt der Anteil an Single-Haushalten bei fast 50%. Auch wenn nicht jeder der allein ist, auch einsam sein muss. Aber gerade in der Pension ist das Risiko sehr groß. Wichtig ist daher, dass man aktiv seine Kontakte pflegt und sich ein neues Lebenskonzept überlegt. Ich denke hier an moderne Wohnkonzepte in Form von WGs, wo jung & alt gemeinsam leben. Viele von uns erinnern sich gern und gut an die schönen Zeiten der Studenten-WGs.
Wohnen ist auch ein finanzielles Thema.
Leistbarer Wohnraum ist für jung und alt ein schwieriges und wichtiges Thema. Wenn die Kinder ausziehen, findet man sich plötzlich in viel zu großen Wohnungen oder Häusern. Auch hier ist es ratsam, sich über Möglichkeiten zu informieren und rechtzeitig zu planen. Neue Finanzmodelle, wo man beispielsweise sein Haus zurückmieten kann, können auch durchaus interessant sein. Wichtig dabei ist, sich von Expertinnen und Experten beraten und nicht zu einer Entscheidung drängen zu lassen.
Weitere Informationen: www.seniorenbund.at