„Aufgeben war in meinem Leben noch nie eine Option“

Ariane Schrauf hat mit ihrer schweren Autoimmun-Erkrankung ihre Passion für das Rennradfahren entdeckt.
Ariane Schrauf, Allianz Vertriebsspezialistin, über ihre Autoimmun-Erkrankung, ein Leben mit dieser Krankheit und ihren Plan, Österreich in 92 Stunden mit dem Fahrrad zu umrunden.

Im Juni 2017 stellten Ärzte die Diagnose „diffuse systemische Sklerodermie“. Eine sehr seltene Autoimmun-Erkrankung, bei der es zu einer fortschreitenden Verdickung des Bindegewebes und der Veränderung der Blutgefäße mit Durchblutungsstörungen kommt. Wie gehen Sie damit um? 

Ariane Schrauf: Es ist natürlich niederschmetternd, wenn man erfährt, dass diese Krankheit nicht heilbar ist und Organbeteiligungen nicht nur die Lebensqualität vermindern, sondern auch die Sterblichkeit erhöhen. Die erste Frage, die sich vermutlich jede bzw. jeder in diesem Augenblick stellt: Warum ich? Es folgten Monate des Nachdenkens und auch der Tränen. 

Das ist natürlich verständlich. Wie geht es Ihnen mittlerweile?

Auf die Verzweiflung folgte der Entschluss, das Beste daraus zu machen. Dabei gaben mir die vielen Gespräche mit der Familie, Freunden und ganz besonders mit meinem Sohn sehr viel Kraft. Zudem war Aufgeben in meinem Leben noch nie eine Option. Für mich steht der Entschluss, dass ich weiter kämpfen werde. 

Auf die Verzweiflung folgte der Entschluss, das Beste daraus zu machen. Dabei gaben mir die vielen Gespräche sehr viel Kraft

von Ariane Schrauf, Allianz Vertriebsspezialistin

Hat sich Ihr Blick auf die Welt aufgrund dieser Diagnose verändert? 

Ich sehe heute viele Dinge anders. Was zählt, ist das Jetzt – und ich genieße jeden schönen Moment. 

Nach der Diagnose haben Sie das Radfahren für sich entdeckt. In den vergangenen zwei Jahren sind Sie über 25.000 Kilometer geradelt. Waren Sie schon immer eine passionierte Radfahrerin oder ist das erst jetzt gekommen? 

Ich habe schon immer sehr viel Sport betrieben, von Zumba und Yoga bis hin zum Schifahren. Aber mit der Erkrankung funktioniert das leider nicht mehr. Dann habe ich das Rennradfahren als Leidenschaft für mich entdeckt. Heute verschafft es mir ein Gefühl von Freiheit, das ich vorher so noch nie erlebt hatte. 

Fahren Sie jeden Tag? 

So oft es geht, bei jedem Wetter, auch im Winter. Es ist zwar jede Fahrt eine Herausforderung, aber mit einer entsprechenden Spezialausrüstung lässt sich das gut bewältigen.

„Aufgeben war in meinem Leben noch nie eine Option“

Meine Kolleginnen und Kollegen sind eine zweite Familie für mich und ich erfahre im Unternehmen einen unglaublichen Zuspruch

von Ariane Schrauf, Allianz Vertriebsspezialistin

Sie haben Ihrem Fahrrad einen Namen gegeben? 

Ja, ich habe es Wili genannt – denn mein Rennrad ist von der italienischen Marke Wilier Triestina. Es war Liebe auf den ersten Blick. Wili hat eine Speziallackierung und ist mit einer elektronischen Schaltung ausgestattet, die mir die Fahrt erleichtert. In den vergangenen Monaten sind wir richtig zusammengewachsen  – er ist ja auch ein fescher italienischer „Bursch“ (lacht). 

Sie haben einen großen Plan. Unter der Hashtag-Kampagne #foahrmaarunde wollen Sie 2021 Non-Stop Österreich im Rahmen des Race Around Austria umrunden. Das sind 2.200 Kilometer und 30.000 Höhenmeter in 92 Stunden. Wie kommt man auf eine solche Idee?

Mein bzw. unser Ziel ist es, auf die Krankheit aufmerksam zu  machen und Spenden für die weitere Erforschung der „systemischen Sklerodermie“ zu sammeln. Martin Karall und ich haben bereits bei der Race Around Austria Challenge, eine Tour rund um Oberösterreich, mitgemacht und die 560 Kilometer gut bewältigt. Im Vorfeld hatten mir meine Ärzte zwar vorsichtig abgeraten – aber ich wollte es versuchen und alles funktionierte ausgezeichnet. In 21 Stunden radelten wir die 560 Kilometer Non-Stop und ich hatte während der ganzen Tour nie einen Tiefpunkt. Das war der Ansporn, das Rennen rund um Österreich anzugehen. Nun bereite ich mich schon seit Monaten mit Martin Karall, Siegbert Filzmoser und Cristian Gemmato auf das Rennen am 11. August 2021 vor. Ich bin davon überzeugt, dass wir es sogar in 90 Stunden schaffen können. 

Mein  Ziel ist es, auf die Krankheit Sklerodermie  aufmerksam zu  machen und Spenden für die Erforschung zu sammeln

von Ariane Schrauf, Allianz

Wie viele Menschen sind in Österreich von dieser Erkrankung betroffen? 

Österreichweit leiden etwa 1.500 Menschen an einer systemischen Sklerose. Expertinnen und Experten schätzen, dass etwa 120 Menschen pro Jahr diese Diagnose erhalten. Die Erkrankung tritt meist in einem Alter zwischen 30 und 50 Jahren auf, wobei Frauen etwa viermal häufiger betroffen sind als Männer. 

Gibt es eine Möglichkeit, Sie bei diesem Projekt zu unterstützen? 

Wir haben einen Verein gegründet und ein Spendenkonto eingerichtet. Privatpersonen können spenden, Firmen können spenden und sponsern. Wir freuen uns wirklich über jeden Euro – der Reinerlös aus der Aktion geht an die Sklerodermie-Forschung. Darüber hinaus gibt es im Juni 2022 einen Infotag im Landeskrankennhaus Graz, wo wir Betroffene und ihre Familienangehörige einladen. 

Sie sind Mitarbeiterin der Allianz Österreich und als Vertriebsspezialistin tätig. Wie geht Ihr Arbeitgeber damit um?

Meine Kolleginnen und Kollegen sind eine zweite Familie für mich und ich erfahre im Unternehmen einen unglaublichen Zuspruch. Rémi Vrignaud, der CEO der Allianz Österreich, hat sich wegen einer gemeinsamen Trainingsfahrt bei mir gemeldet. Sehr hilfreich ist, dass ich trotz der Erkrankung arbeiten kann. Das gibt mir das Gefühl, gebraucht zu werden. Übrigens ist die Allianz ein großer Sponsoringpartner des Projektes #foahrmaarunde. 

Ariane Schrauf leidet an einer seltenen autoimmunen Bindegewebeerkrankung mit abnormer Verhärtung der Haut und manchmal auch anderer Organe. Sklerodermie ist nicht heilbar. Der Krankheitsverlauf kann nur mit Medikamenten oder spezialisierter Rehabilitation verlangsamt oder aufgehalten werden. Seit der Diagnose widmet sich Ariane in ihrer Freizeit zu 100 Prozent dem Rennradsport. Sie ist davon überzeugt, durchs Rennradfahren der Krankheit eine Pause geben zu können. Bereits 2020 hat sie mit Martin Karall Oberösterreich mit dem Rennrad umrundet. Zusammen mit ihm, Siegbert Filzmoser und Cristian Gemmato wird sie vom 11. bis 14. August das Race Around Austria in Angriff nehmen. Das Projekt umfasst 2.200 km und 30.000 Höhenmeter Non-Stop.

Mehr über das Projekt erfahren sie unter: foahrmaarunde.at

Wäre es nicht auch möglich gewesen, in Frühpension zu gehen? 

Einige Ärzte gaben mir den Rat, eine Frühpension anzupeilen. Das war für mich keine Option. Ich möchte mich weiterhin aktiv einbringen und ich bin gerne in Kontakt mit Menschen. Die Arbeit macht mir Mut. 

Was sind Ihre weiteren Ziele? 

Grundsätzlich geht es mir darum, Menschen bewusst zu machen, wie wichtig Gesundheit ist und wie dankbar man sein sollte, gesund zu sein. Mein nächstes großes sportliches Ziel ist das Race Around Austria. Wenn ich das gut bewältige, dann möchte ich vielleicht einen Kontinent durchradeln. Hier wäre natürlich das Race Across America eine echte Herausforderung. Da fährt man einmal Non-Stop von der West- zur Ostküste der Vereinigten Staaten. Die Strecke umfasst rund 5000 Kilometer. Meine Motivation ist es, mir große Ziele zu stecken – und sie zu erreichen. Das gibt Kraft und macht mich mental stark.

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