Wiener Bezirkschef gegen Fusionen

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Die Stadt muss dringend sparen. Zusammenlegung kleinere Bezirke könnte die Folge sein.

Die Landkarte Wiens könnte bald deutlich anders aussehen und mancher Bewohner sich von lieb gewonnenen Traditionen verabschieden müssen. "Wir wollen über alle Strukturen der Stadt völlig vorbehaltlos und tabulos diskutieren", stellt Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) bei der Präsentation der ersten Zwischenergebnisse der Wiener Verwaltungsreform klar.

In den nächsten Monaten soll daher geklärt werden, ob die derzeitige Bezirksaufteilung noch zeitgemäß ist. "23 Bezirke – ist das in Stein gemeißelt oder nicht?", fragt Häupl. Es ist durchaus denkbar, dass kleinere Bezirke zusammengelegt, große Flächenbezirke geteilt werden. "Floridsdorf und Donaustadt haben zusammen mehr Einwohner als Graz", gab Häupl zu bedenken.

Auch die Verteilung der Kompetenzen zwischen Bezirken und Stadt könnte neu geregelt werden.

Vorschläge in diese Richtung hatte zuletzt die Wiener Arbeiterkammer gemacht – und damit zum Teil heftige Diskussionen ausgelöst. Diese werden auch jetzt nicht ausbleiben, lässt ein Rundruf in den Bezirken erahnen.

Mehr Kompetenzen

"Aus unserer Sicht macht eine Zusammenlegung von Bezirken keinen Sinn", sagt Markus Figl (ÖVP), Bezirksvorsteher in der Inneren Stadt. Denn durch größere Verwaltungseinheiten würde die Bürgernähe verloren gehen.

Wiener Bezirkschef gegen Fusionen
Schwedenplatz Umgestaltung, Schwedenplatz neu, Maria Vassilakou, Markus Figl
Stattdessen fordert Figl wesentlich mehr Kompetenzen für die Bezirke: "Alles, was ihn alleine betrifft, soll der Bezirk auch selbst entscheiden können." Derzeit sei es so, dass man nicht einmal über die Sanierung einzelner Plätze bestimmen könne, weil man auf die finanzielle Unterstützung durch die Stadt angewiesen sei.

Deshalb müssten die Bezirke auch mehr eigene Budgetmittel bekommen. "Es gibt etwa in NÖ Gemeinden mit nur halb so vielen Einwohnern, die aber ein drei Mal höheres Budget als wir im 1. Bezirk haben", rechnet Figl vor. Er ist überzeugt, dass durch die Kompetenz-Verlagerung die Verwaltung insgesamt kostengünstiger wird.

Derzeit sind die insgesamt mehr als 1100 Bezirksräte sehr ungleich über die Stadt verteilt: In den kleinen Innenstadt-Bezirken hat ein Mandatar die Interessen von weniger als 1000 Bürgern zu vertreten. In den großen Flächenbezirken Favoriten, Floridsdorf und Donaustadt sind es hingegen weit über 2000 Personen (siehe Grafik).

Wiener Bezirkschef gegen Fusionen

Eine Reduktion der Bezirksräte in der Inneren Stadt kommt für Figl nicht in Frage: "Wir gehören zu den kleinsten Bezirken, trotzdem gibt es bei uns die meisten Ortsverhandlungen. Das ist mit enorm viel Arbeit verbunden."Mehr Kompetenzen wünscht sich auch Thomas Blimlinger, grüner Bezirkschef in Neubau: "Selbst bei den einfachsten Dingen wie dem Aufstellen von Verkehrszeichen, reden derzeit unglaublich viele Stellen mit. Das ist zeitaufwändig und nicht gerade billig."

Zusammenlegungen

Für Blimlinger ist sind aber auch Fusionen kein Tabu: "Man kann überlegen, ob es sinnvoll ist, kleinere Bezirke verwaltungstechnisch zusammenzulegen." Weniger abgewinnen kann er einer Reduktion der Zahl der Bezirksräte: "Angesichts der Höhe der Gesamtschulden der Stadt, wäre der Nutzen geradezu lächerlich."

Wiener Bezirkschef gegen Fusionen
BILD zu OTS - http://www.apa-fotoservice.at/galerie/7756 Im Bild v.l.n.r. Ernst Nevrivy (Bezirksvorsteher Süssenbrunn), Margaretha Maleh (Präsidentin von Ärzte ohne Grenzen Österreich) und Till Reiter (GF von Ludwig Reiter)
Eher mehr Bezirksräte wünscht sich Ernst Nevrivy (SPÖ), Bezirksvorsteher in der Donaustadt. Er kann sich verstellen, dass die derzeitige Höchstgrenze von 60 Mandataren aufgehoben wird, damit größere Bezirke personell besser ausgestattet werden können. "Ausschlaggebend ist aber sicher nicht allein die Kopfzahl. Es geht vielmehr um die Aufgaben, die ein Bezirksrat hat."

Wien steht vor gewaltigen Herausforderungen, hat aber aufgrund der Wirtschaftskrise seit Jahren weniger Geld zur Verfügung. Mit einer großen Verwaltungsreform will die rot-grüne Stadtregierung effizienter werden und gleichzeitig in der Verwaltung einsparen.

Zehn Prozent lautet das Sparziel. Rund 740 Vorschläge von Magistratsmitarbeitern wurden in den letzten Monaten in Arbeitsgruppen überprüft und finanziell bewertet. Nun präsentierte Bürgermeister Michael Häupl gemeinsam mit Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou, Finanzstadträtin Renate Brauner und Magistratsdirektor Erich Hechtner erste Details: "Unser Blick geht in die Zukunft", sagt Häupl: "Wir bauen heute die Schulen, U-Bahnen und Wohnungen von morgen. Um diesen Weg gemeinsam anpacken zu können, gehen wir sorgsam mit den vorhandenen Ressourcen um und priorisieren unsere Mittel entsprechend."

Unter dem Punkt "Entbürokratisierung" sollen schon 2017 rund 23 Millionen Euro eingespart werden. Auch die Bürger profitieren: Bewilligungen von Bauvorhaben und Betriebsanlagen sollen beschleunigt und vereinfacht werden.

Zentrale Hotlines

Auch Zuständigkeiten innerhalb des Magistrats ändern sich. So werden alle städtische Hotlines zusammengeführt, aber auch Standorte zusammengelegt – etwa im Krankenanstaltenverbund. 77 Millionen Euro will man mit "Aufgabenoptimierungen" einsparen: So sollen Dienststellen in kostengünstigere Gebäude verlegt werden. Auch die Treffsicherheit von Förderungen wird überprüft. Für den Schulbau wird eine zentrale Baukoordination geschaffen.

Aber auch beim Personal wird eingespart. Details dazu will Brauner vor den Gesprächen mit der Personalvertretung noch nicht nennen. "Es geht nicht um Personalabbau", betont Häupl. Im Gegenzug werde auch die Politik einen Solidarbeitrag leisten. " Bei den Gehältern zu sparen ist denkmöglich."

Darüber hinaus wurde nun eine Projektgruppe zur Schaffung eines einheitlichen Wohngelds eingesetzt. Wohn- und Mietbeihilfe wurden bisher von zwei verschiedenen Ressorts (Wohnbau und Soziales) bewilligt. Insgesamt geht es um jährliche Ausgaben von 113 Millionen Euro. Jetzt sollen beide Zahlungen zusammengeführt werden. Damit soll auch die Treffsicherheit steigen.

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