In der Alm, da gibt’s schon a Sünd’

Hüttengaudi in der Innenstadt: Bei der Eröffnung der zweiten Bettelalm am Lugeck kamen die Gäste zünftig in Tracht. Zu Schlager und Pop wurde ausgelassen getanzt.
Am Lugeck hat eine zweite Bettelalm aufgesperrt. Anrainern bereitet das schlaflose Nächte

Après-Ski-Stimmung meets Großstadt-Flair. Hirschgeweihe hängen an der Wand, ein ausgestopfter Bär steht im Eck, und vor der Bar hängen Kuhglocken von der Wand. Die zweite Bettelalm am Lugeck feierte diese Woche ihre offizielle Eröffnung – mit vollem Haus und jeder Menge Pärchen in Tracht.

Der Trachtenboom in Wien hält an. Neustifter Kirtag oder Wiener Wiesn erfreuen sich immer größerer Beliebtheit– doch die Wiener sehnen sich auch zwischendurch nach Dirndl, Hut und Hüttenschlager.

Die Bettelalm in der Johannesgasse (1. Bezirk) profitiert schon länger von diesem Trend. Der Bedarf ist so groß, dass man beschloss, eine zweite Alm zu eröffnen – und das Publikum nimmt das gerne an.

Zu Olaf Hennings „Cowboy und Indianer“ oder DJ Ötzis „Ein Stern“ wird lauthals mitgegrölt und getanzt.„Es ist einfach eine coole Location“, findet Beate Albert.

„Das Traditionelle wird wieder modern“, ergänzt Freundin Bettina Wienerberger, die sich über jede Gelegenheit freut, ihr Dirndl auszuführen. Ebenso wie Karin van Vliet. „Ich habe mittlerweile fünf Dirndln. Es gibt auch in Wien immer öfter Gelegenheit, eines zu tragen. “

Anrainerproteste

Bei den Anrainern sorgt die Bettelalm hingegen für schlaflose Nächte. „Es ist eine Katastrophe“, sagt Dietmar M. Sein Schlafzimmerfenster ist gegenüber der Bettelalm. „Am Freitag konnte ich erst um 4 Uhr Früh einschlafen. Am nächsten Tag hätte ich um 8 Uhr einen Termin gehabt. Den konnte ich vergessen.“ Seit Öffnen der Bettelalm gebe es mehr Autoverkehr in der Nacht als am Tag. „Wir haben vorgeschlagen, dort ein Nachtfahrverbot einzuführen. Das ist abgelehnt worden. Die Wohnstraße würde genügen“, sagt M.

Nicht nur kreisende Taxis, auch die Besucher vor der Heustadl-Disco würden lärmen. 16 Personen sind vor der Anlage genehmigt. „Es sind meist doppelt so viele“, sagt M. Er versteht nicht, wie man in einem Wohngebiet Öffnungszeiten bis 6 Uhr in der Früh erlauben könne: „Wir fordern eine Sperrstunde um 12 Uhr.“

„Ich finde es skandalös, dass das Einzelinteresse eines Betreibers über das Interesse der Bewohner gestellt wird“, sagt Theresia B., ebenfalls lärmgeplagte Anrainerin. „Wenn das so weitergeht, wird der erste Bezirk zu einer Kulissenstadt.“ M. hat sich nun ein Schallmessgerät zugelegt. „Um drei Uhr in der Früh habe ich 78 Dezibel gemessen.“

Strenge Auflagen

„Die Bettelalm hat alle Auflagen eingehalten“, sagt Dietmar Klose, Leiter des Magistratischen Bezirksamts in der Inneren Stadt. „Wir leben in einem Rechtsstaat, dazu gehört auch, dass Gewerbebetriebe in einer Wohnzone eröffnen können, wenn sie sich an die Auflagen halten.“

„Das Lokal ist das bestgeprüfte Wiens“, sagt auch eine Sprecherin der Bezirksvorsteherin Ursula Stenzel. Man stehe aufseiten der Bewohner. „Diese haben ein Recht auf Nachtruhe.“ Nur sei durch die derzeitige Gesetzeslage eben möglich, ein derartiges Lokal in einer Wohnzone zu eröffnen. „Das ist nicht Schuld der Betreiber.“ Man habe sich für ein Nachtfahrverbot eingesetzt. Erfolglos.

Manuela Dorn, Marketing-Leiterin der Bettelalm: „Ich kann den Ärger der Anrainer verstehen. Der Lärm in der Gasse kommt allerdings nicht nur von uns.“ Man habe zudem die Auflagen mehr als erfüllt. So sorgt eine Schleuse beim Eingang dafür, den Lärm nicht auf die Straße dringen zu lassen.

Nicht alle Anrainer sind gegen die Bettelalm. Karin van Vliet besitzt ein Make-up-Studio gleich ums Eck. Sie hält die Bar für eine Bereicherung: „Wir sind immerhin eine kleine Weltstadt – da muss so etwas möglich sein.“

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