Zu wenig Arbeiter auf Baustellen, da die Arbeitszeit limitiert ist

Zu wenig Arbeiter auf Baustellen, da die Arbeitszeit limitiert ist
Der Volksanwalt zeigt massive Mängel auf. Leere Baustellen, fehlende Koordination und falsche Planung.

Der Dauerstau auf Wiens Straßen wird von genervten Lenkern mittlerweile zähneknirschend akzeptiert. Doch der Ärger über verwaiste Baulose bringt die Autofahrer so richtig auf die Palme. Denn ab Donnerstagmittag ist auf dem Großteil der Baulose kein Arbeiter mehr zu sehen. Somit verlängern sich Bau- und Stauzeit.

Der Chef der ausführenden MA 28 (Straßenverwaltung und Straßenbau), Bernhard Engleder, bestätigt auf KURIER-Anfrage die Misere: "Die Arbeitszeit ist auf maximal 48 Stunden limitiert. Alles darüber müsste in Form von Überstunden aus dem Stadtbudget finanziert werden." Parallel dazu wurde das Versprechen der Stadt, bei Großbaustellen wie der Gürtel Brücke Ausweichrouten nicht mit Baugruben zu belasten, gebrochen. Trauriges Beispiel: Der Norden Wiens stöhnt täglich unter dem Stau-Szenario. Denn wer etwa in Richtung 10. oder 12. Bezirk fahren will, rollt jeden Tag unweigerlich auf der Lände oder dem Hernalser Gürtel in die Staufalle.

Stau vor den Wahlen

"Der Verdacht liegt nahe, dass diese unpopuläre Stauhölle für heuer bewusst angesetzt wurde. Denn im Herbst 2015 stehen Wiener Landtagswahlen an. Und Wien im Stauchaos mobilisiert keine Wähler", vermutet Wiens VP-Chef Manfred Juraczka.

Andreas Baur, Sprecher von Verkehrsstadträtin Maria Vassilakou sieht das naturgemäß anders: "Die Sanierungen sind dringend notwendig. Es gibt keine Alternative. Die Stadt nimmt ihre Verantwortung wahr und sorgt auf den Straßen für Verkehrssicherheit. Es dürfen wegen Baufälligkeiten keine Bürger zu Schaden kommen."

Dass die 14.000 Baulose auf dem Stadtgebiet die Behörden überfordern, zeigt die Intervention von Volksanwalt Peter Fichtenbauer. Erstmals in der Geschichte der Volksanwaltschaft überprüft ein Jurist Planung und Umsetzung der Baustellensaison: "Koordination und Umsetzung zeigen massive Defizite, auf den Baustellen regiert Personalmangel."

Weiters bestätigte die Polizei Fehler im Verkehrsmanagement bei der Großbaustelle Westeinfahrt. Polizeisprecher Patrick Maierhofer: "Zwischen dem Rathaus, der Baufirma und der Exekutive gab es Kommunikations-Probleme. Details geben wir nicht bekannt." Zusätzlich schrieb Fichtenbauer auch Bürgermeister Michael Häupl an. Dessen Sprecher Martin Ritzmaier dazu: "Die Baustellen-Problematik fällt in das Ressort der Verkehrsstadträtin. Wir übermitteln ihr das Schreiben."

Nachgefragt. Volksanwalt und Jurist Peter Fichtenbauer lässt die Baustellen-Planung des Rathauses prüfen.

KURIER: Warum entschloss sich die Volksanwaltschaft zur Prüfung der Baustellen-Saison?

Peter Fichtenbauer: Es gab jede Menge Beschwerden in unserem Büro. Der Status quo ist eine Verletzung von Bürger-Interessen. Da muss die Volksanwaltschaft reagieren.

Polizei-Präsident Gerhard Pürstl spricht von Kommunikationsproblemen. Warum? Wenn die Exekutive nicht informiert wird, dass die Westeinfahrt zum einspurigen Nadelöhr wird, ist sie auch nicht vor Ort. Dabei hätte nur die Polizei das Stau-Szenario etwas entschärfen können.

Welche Möglichkeiten haben Sie, hier einzugreifen?

Wir übermitteln dem Rathaus den Bericht und zeigen Defizite auf. Das Ignorieren einer Feststellung des Volksanwaltes ist rechtswidrig.

Kann sich für heuer noch etwas verbessern?

Wohl kaum, aber im nächsten Jahr dürfen die Fehler nicht wiederholt werden.

Was kann Wien gegen verwaiste Baustellen machen?

Die Stadt als Auftraggeber muss die Pönalen erhöhen. Ich war auf der Gürtel Brücke und sah fünf Arbeiter. Da kann mir keiner mit Aushärten des Betons kommen. So ein Blödsinn.

Sie ärgern sich wieder einmal über den nervigen Baustellen-Sommer? Der KURIER bietet seinen Lesern ab Dienstag eine neue Plattform. Die Redaktion braucht dazu ihre geschätzte Mithilfe. Und darum geht es:

- Wo sind Baustellen, auf denen nicht gearbeitet wird?

- Welche Bauprojekte auf Wiens Straßen ärgern Sie besonders, und warum?

- In welcher Region der Stadt ist das Baugruben-Aufkommen besonders hoch?

- Kennen Sie neue, besonders innovative Alternativ-Routen?

- Informieren Sie uns über schlecht beschilderte Umleitungen.

- Wo werden wegen der Arbeiten zu viele Parkplätze eliminiert?

- Wo sind Baulose nicht korrekt gesichert, wo ist die Staub- und Lärmbelastung unerträglich?

Infos und Fotos bitte an: baustelle(at)kurier.at

Die Redaktion wird die Politik mit den Problemen konfrontieren. Wir berichten darüber.

Liebe Leserinnen und Leser, aufgrund technischer Probleme war die angeführte Email-Adresse am Dienstag vorübergehend nicht erreichbar. Der Fehler ist nun behoben. Danke für Ihr Verständnis, die Redaktion

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