Zieselstreit erwacht aus dem Winterschlaf

Zieselstreit erwacht aus dem Winterschlaf
Der Disput um die Zieselkolonie hinter dem Heeresspital in Stammersdorf geht in eine neue Runde. Im Rathaus finden nun Treffen statt.

800 Ziesel schlafen tief. Seit Wochen und noch für weitere fünf Monate. Ihr Schlafplatz, das 70.000 m² große Areal hinter dem Heeresspital in Stammersdorf, liegt friedlich da. Doch der Schein trügt. Anrainer wachen über den Lebensraum der streng geschützten Nager und wehren sich gegen den Plan der Stadt, hier 950 Wohnungen zu errichten. "Wären wir nicht gewesen, hätte man eine der größten Zieselkolonien Österreichs längst zubetoniert", sagt Anrainer Lukas Mroz.

Im Rathaus finden nun Treffen zwischen den Anrainern, Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou (Grüne) und Wohnbaustadtrat Michael Ludwig (SPÖ) statt. Denn auch wenn die Bebauungspläne ruhen und ein weiteres Gutachten geplant ist, trauen Mroz und seine Kollegen den Politikern nicht über den Weg. "Schließlich hätte die Umwidmung 2009 nie erfolgen dürfen", sagt er. "Schon damals war den Beamten bekannt, dass es hier vor Zieseln wimmelt." Als Beweis führt Mroz eine Zieselkartierung des Magistrats aus dem Jahr 2005 an.

Gutachten ignoriert?

Doch in dem 26-seitigen Bericht der Umwidmungsbehörde (MA 21) aus dem Jahr 2009, der dem KURIER vorliegt, ist von den Tieren keine Rede mehr. Im Gegenteil werden dem Bauvorhaben sogar "positive Auswirkungen" für "Fauna und Flora" zugeschrieben. Hätte die Umwidmung also nie passieren dürfen? Haben die Beamten den Bericht der Kollegen ignoriert? "Nein", sagt Gerald Kroneder von der Umweltschutzabteilung. "Wir kannten die Kolonie am benachbarten Heeresspital. Das jetzige Gebiet hatten wir nicht untersucht."

Mroz schüttelt den Kopf. "Die Wahrscheinlichkeit ist riesig, dass die Ziesel auch auf dem direkt daneben liegenden Feld vorkommen", sagt er. "Zudem ist auch ein Teil des Heeresspitals von der Umwidmung betroffen. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) wäre unabdingbar gewesen."

Walter Krauss, dessen Beamten (MA 21) die Widmung durchgeführt haben, nimmt die Kritik gelassen: "Der Bericht der Kollegen ist wohl unter den Tisch gefallen." Aber selbst wenn die Behörde über die Ziesel Bescheid gewusst hätte, wäre "eine strategische Umweltprüfung" möglich, aber nicht zwingend notwendig gewesen. "Die Umwidmung ist also rechtens."

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