Nach "Minibambini": Zehn weitere Kindergärten auf dem Prüfstand
Insgesamt 400 Trägervereine in Wien betreiben Kindergärten. Zehn dieser Vereine sollen nun vom Stadtrechnungshof geprüft werden – zumindest wenn es nach der Wiener ÖVP geht. Ein entsprechendes Ersuchen ist am Dienstag eingereicht worden.
Anlass dafür ist die Causa rund um den umstrittenen Kindergarten „Minibambini“, der im Jänner vom Stadtrechnungshof harsch kritisiert wurde. Wie berichtet, soll der Trägerverein städtische Fördergelder in Millionenhöhe missbräuchlich verwendet haben. Nach einer weiteren Prüfung der zuständigen MA 10 (Kindergärten) wurde ein Förderstopp verhängt.
Spitze des Eisbergs
Laut der ÖVP Wien ist „Minibambini“ kein Einzelfall. „Wir müssen annehmen, dass dieser Fall nur die Spitze des Eisbergs ist und dass dieser Umgang mit Fördergeldern System hat“, sagte ÖVP-Stadtrat und Landesparteiobmann Karl Mahrer bei einer Pressekonferenz.
Wie er darauf kommt? Mehrere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus unterschiedlichen Kindergärten in Wien hätten sich an die ÖVP gewandt, um von ihrer Situation zu berichten, heißt es bei der ÖVP. Dabei habe sich ein Bild offenbart, dass „den Verdacht auf Sozialbetrug“ erwecke.
Um die Vorwürfe zu untermauern, hat die ÖVP eine angebliche Kindergarten-Mitarbeiterin zur Pressekonferenz mitgebracht – zumindest indirekt: Per Telefon war die Frau, die anonym blieb, zugeschaltet.
Sie berichtete von „inner-familiären Trägerkonstruktionen, In-Sich-Geschäften“ und anderen zweifelhaften Praktiken. Ein Beispiel: Von den Eltern sei Geld verlangt worden, damit man den Kindern den Eintritt in Indoor-Spielplätze bezahlen könne – selbige sollen jedoch einem Familienmitglied der Kindergartenbetreiber gehören, der damit gute Geschäfte machte.
Insider-Berichte
Zusätzlich seien der ÖVP von Mitarbeitern anderer Kindergärten Fälle von „gefälschten Kindern“ zugetragen worden. Dabei sollen Förderungen für Kinder ausbezahlt worden sein, die es in dem Kindergarten gar nicht gibt.
Jetzt hat die ÖVP dem Stadtrechnungshof eine Liste von zehn Kindergartenträgern (mit insgesamt 17 Standorten in mehreren Wiener Bezirken) übermittelt, deren Prüfung man wünscht. Dem KURIER liegt die Liste der Trägervereine vor. Gestützt werde die Liste von Insider-Berichten, die die ÖVP dem Stadtrechnungshof jedoch nicht zur Verfügung stellt. (Warum nicht? Weil es sich dabei laut ÖVP „nur um Indizien handelt“.)
Dass man die Prüfung nicht der MA 10 überlassen wolle, liegt laut ÖVP daran, dass das Vertrauen in die Behörde nach der Causa „Minibambini“ nicht mehr so groß sei. „Der MA 10 fehlt (...) offenbar sowohl der Wille als auch die Mittel, um für eine lückenlose Kontrolle der beschlossenen Förderrichtlinien zu sorgen“, heißt es im Ansuchen.
Damit aber noch nicht genug: Laut Angaben der Kindergartenmitarbeiter sollen verschiedene Betreiber gute Beziehungen in die MA 10 pflegen, so die ÖVP. „Die Inspektoren sehen nur, was sie sehen sollen“, habe die Devise gelautet, so Mahrer. Grund genug für die ÖVP, neben den zehn Kindergartenvereinen gleich auch die MA 10 vom Stadtrechnungshof überprüfen zu lassen.
Bei der MA 10 weist man diesen Vorwurf entschieden zurück. „Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter prüfen unabhängig“, hieß es am Dienstag auf KURIER-Anfrage. Den durch die ÖVP erhobenen Vorwürfen über die zehn Kindergarten-träger werde die MA 10 jedoch „selbstverständlich“ nachgehen. „Wie dies immer passiert, wenn der Abteilung Informationen über angebliche Unrechtmäßigkeiten bzw. Missstände zukommen.“
„Fatal für den Ruf“
Auch im Büro vom zuständigen Bildungsstadtrat und Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr (Neos) ist die Freude über die Ankündigung der ÖVP eher gering. Man verweist auf die „Aktion scharf“, im Zuge derer seit Jänner vermehrt Kontrollen durchgeführt werden.
Konkrete Hinweise auf Unregelmäßigkeiten seien generell „unverzüglich der zuständigen Kontrollbehörde zu melden, damit dem nachgegangen werden kann“, heißt es aus dem Büro von Wiederkehr. „Es ist befremdlich und nicht sachdienlich, dass die ÖVP ohne konkreten Nachweis solche Vorwürfe erhebt.“ Sollten sich die Anschuldigungen gegen die Kindergärten als falsch erweisen, sei dies dennoch fatal für den Ruf der Kindergärten.
Eine pädagogische Prüfung der Kindergärten strebt die ÖVP derzeit nicht an. Eine Erweiterung auch auf diesen Bereich sei aber möglich.
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