“... lauf, lauf, so schnell du kannst, lauf weg, ohne dich umzudrehen, lauf, doch lauf nur nicht in die falsche Richtung, sieh dich nicht um, wenn dich das Geschoss nicht tötet, werden dich sonst seine Splitter treffen, lauf, nun lauf schon ...“, schreibt sie in ihrem Werk „Ein spöttisches Tagebuch“.
Flucht und Exil sind die Themen ihrer Bücher, die auf Arabisch, Englisch und inzwischen auch Deutsch erschienen sind und mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet wurden.
Wien als Drehscheibe
Seit September hat Charaf eine neue, vorübergehende Heimat gefunden: Im Rahmen des Projekts „Writers in Exile“ wurde ihr eine Wohnung im vierten Wiener Gemeindebezirk kostenfrei zur Verfügung gestellt. Das Programm, vor vielen Jahren auf Initiative des Autors Salman Rushdie gegründet, bietet vertriebenen Schriftstellern und Schriftstellerinnen Gastfreundschaft und finanzielle Unterstützung im Exil.
Betreut werden die internationalen Stipendiaten von der IG Autorinnen Autoren, der Trägerin des Projektes, gemeinsam mit der IG Übersetzerinnen Übersetzer. Ziel ist es, Literaten, die aus ihrem Herkunftsland vertrieben wurden, eine sichere Zufluchtsstätte zu bieten, an der sie ihre schriftstellerische Arbeit frei ausüben und weiterentwickeln können.
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Die Kulturabteilung des Stadt Wien stellt geflüchteten Autoren und Autorinnen ein monatliches Stipendium von 1.300 Euro sowie eine Wohnung kostenfrei zur Verfügung. Zusätzlich zu den Mietkosten finanziert die Kulturabteilung das Projekt jährlich mit 40.000 Euro. Mit der Wohnung im vierten Bezirk konnte nun ein weiterer Standort für das Projekt gefunden werden.
„Ich arbeite seit Langem daran, leer stehende Räumlichkeiten für die Kulturszene zu revitalisieren. Die heute präsentierte Literaturwohnung ist ein schönes Ergebnis dieser Bestrebungen“, so Anita Zemlyak, Leiterin der Kulturabteilung. Die Unterkünfte, die im Rahmen von „Writers in Exile“ vergeben werden, sollen dabei nicht nur ein sicheres Zuhause auf Zeit sein; sie dienen ihren Bewohnern auch als Arbeitsstätte, um ihre Werke fortzusetzen.
Wien ist dabei nur eine von mehreren Städten, die an dem europäischen Hilfsprogramm beteiligt sind. Mehrere Städte in Deutschland zählen ebenso dazu wie Graz. „Wien ist entsprechend seiner historischen Bedeutung als europäische Drehscheibe zu einem bedeutenden Zentrum dieses Projektes geworden“, sagt Gerhard Ruiss, Vorsitzender der IG Autorinnen Autoren.
Chance für Autoren
Schriftstellerinnen wie Kholoud Charaf hätten in ihren Heimatländern keinerlei Möglichkeit, sich vor ihren Verfolgern zu schützen. „Exil-Schriftstellerinnen und -Schriftsteller hören nicht auf zu schreiben, sie schreiben aber nicht mehr unter unmittelbarer Bedrohung und Lebensgefahr. ,Writer in Exil‘ zu sein bedeutet, außerhalb seines Landes über all das weiterzuschreiben, über das man in seinem Land nicht mehr schreiben und das man in seinem eigenen Land nicht mehr veröffentlichen kann“, weiß Ruiss.
Die Wiener Stadträtin für Kultur, Veronica Kaup-Hasler, betont, dass künstlerische Arbeit den nötigen Raum und eine angemessene Bezahlung bekommen soll. „Und dies gilt natürlich auch und besonders im Fall von Künstler und Künstlerinnen, die aus ihrer Heimat fliehen mussten“, sagt sie. Dass Wien in Zeiten von Krieg und Verfolgung gastfreundlich sei, verstehe sich von selbst – und manifestiere sich in der neuen, sicheren Bleibe.
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