Die Ursachen für die Wohnungsnot liegen zum einen in der Vergangenheit. So wurde die Wohnungsgemeinnützigkeit in Deutschland Ende der 1980er-Jahre abgeschafft und die Wohnbauförderung zurückgefahren. „Das hohe Mietniveau hat wesentlich mit dem geringen Stellenwert des kommunalen Wohnbaus zu tun“, erklärt vwbf-Obmann Michael Gehbauer. Der liegt in München aktuell bei acht Prozent des gesamten Wohnungsbestands. „In Wien ist er dem gegenüber mit 40 Prozent eine tragende Säule des leistbaren Wohnens, der damit auch wirksam das Mietniveau auf dem gesamten Wohnungsmarkt dämpft.“
Zum anderen haben die immensen Miet- und Kaufpreise mit der Dynamik des lokalen Arbeitsmarktstandortes zu tun: In den vergangenen Jahren entstanden in München jährlich 6.000 zusätzliche Arbeitsplätze und bis 2030 kommen weitere 145.000 dazu. Damit geht ein rasanter zuwanderungsbedingter Bevölkerungsanstieg einher. Im vergangenen Jahrzehnt wuchs die Stadt um 12 Prozent auf mehr als 1,5 Millionen Einwohner an. 2040 werden 1,85 Millionen Menschen in München wohnen.
Der Wohnungsbau hält da nicht mit. Einer aktuellen Studie zufolge fehlen derzeit rund 80.000 leistbare Wohnungen. Immer mehr Menschen müssen in die Peripherie ziehen und lange Anfahrtszeiten zum Arbeitsplatz in Kauf nehmen, weil sie sich die stark steigenden Miet- und Wohnungspreise nicht leisten können.
Zwar wäre ein Bedarf von 14.000 neuen Wohnungen pro Jahr gegeben, tatsächlich wurden in den vergangenen Jahren im Schnitt aber nur 7.200 pro Jahr errichtet – wovon nur 1.450 im Rahmen des geförderten Wohnbaus fertiggestellt wurden. Der geringe Anteil sorgt für lange Wartelisten: So fragen jährlich rund 15.000 Personen bei der Stadt um eine geförderte Wohnung an, vergeben werden aber bloß 3.500 pro Jahr. Außerdem herrscht in der bayrischen Metropole ein Mangel an Grundstücken für leistbaren Wohnbau.
Anlageorientierte Immobilienunternehmen treiben die Preise für Bauland in die Höhe. Aktuell auf durchschnittlich 2.500 Euro/Quadratmeter. Der Unmut der Betroffenen äußert sich bei Demos und aktuell auch im Zuge eines Volksbegehrens, das darauf abzielt, dass die Mieten sechs Jahre lang nicht weiter ansteigen.
Auswege aus der Misere suchen die städtischen Wohnbaugesellschaften Gewofag und GWG, die pro Jahr 1.250 Wohnungen bauen müssen.
Um die Grundbestände der Stadt bestmöglich zu nützen, entstand etwa das geförderte Wohnprojekt „Wohnen am Dantebad“: In nur 180 Tagen wurden auf einem städtischen Parkplatz Betonstelzen aufgestellt, auf die man in Holzsystembauweise vier Etagen aufsetzte. So entstanden 100 kleine Wohnungen für Einkommensschwache und Flüchtlinge – und von ursprünglich 111 Parkplätzen gingen nur vier verloren.
Auf soziale Durchmischung zielen Genossenschaften und Kommune in Stadterweiterungsgebieten wie dem Domagkpark ab. Um leistbares Wohnen zu ermöglichen, stellte die Stadt auf dem ehemaligen Kasernengelände Gründe zur Verfügung. Von 1800 Wohnungen ist die Hälfte gefördert.
Als Reaktion auf den Grundstücksmangel etablierte die SPD-geführte Stadtverwaltung die Sozialgerechte Bodennutzung (SoBoN) und andere Modelle, die auf städtischen wie auf privaten Flächen bestimmte Quoten für den geförderten Wohnbau vorschreiben.
Und man holt sich Inputs aus der Partnerstadt Wien, wie Gehbauer betont. „Unser Wohnbaumodell ist ein Exportartikel.“ Zu den Zielvorgaben des Programms „München in Wien VI“ zählen für den Zeitraum von 2017 bis ’21 unter anderem Wohnbauförderungsinvestitionen von 870 Millionen Euro. (Das Wohnbauförderungsbudget der Stadt Wien beträgt rund 500 Millionen Euro jährlich.) Zudem wurde ein Neubauziel von 8.500 Wohnungen pro Jahr definiert, 2.000 davon sollen gefördert sein. (In Wien werden zirka 5.000 Wohnungen gefördert errichtet.)
Unter anderem sollen darüber hinaus städtische Grundstücke nicht verkauft und Einkommensgrenzen erhöht werden, damit 50 bis 60 Prozent der Wohnbevölkerung förderungsfähig sind. Letzteres wurde über das „Münchner Modell“ mittlerweile erreicht.
Mehr Informationen unter: www.vwbf.at
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