Wohngruppen statt Haft für Jugendliche ab 2015

Betreute Wohngruppen statt Zellen als Alternative zur U-Haft
Der 14-jährige mutmaßliche Handyräuber, der in der Zelle von einem Mithäftling vergewaltigt wurde, steht in Wien vor Gericht. Sein Fall hat eine Debatte um den Jugendstrafvollzug ausgelöst. Anfang 2015 sollen sozialpädagogische Wohngruppen als Alternative zur U-Haft in Betrieb gehen.

Mitten im Prozess zog sich der 15-jährige Bursche die Kapuze seines Sweaters über den Kopf und verschwand. K. ist mutmaßlicher Täter und Opfer zugleich. Ende April 2013 wurde er als 14-Jähriger nach einem Handyraubversuch verhaftet und in einer Zelle der Justizanstalt Wien-Josefstadt von einem Mithäftling vergewaltigt.

Das löste (wieder einmal) eine Debatte um den Jugendstrafvollzug aus. Dieser wäre eben „kein Paradies“, lautete die erste Reaktion der damaligen Justizministerin Beatrix Karl. Damals war längst ein Alternativprojekt zur U-Haft für Jugendliche auf Schiene: Eine betreute (geschlossene) Wohngruppe gegenüber der Justizanstalt. Doch Karl winkte ab, der Mietvertrag für die Wohnung wurde aufgelöst.

Betreuung rund um die Uhr

Nun steht (nach monatelanger Planung) ein neues Projekt: Der Verein Kidsnest (Trägerverein: Kinderfreunde und Kinderdörfer NÖ), wird außerhalb von Wien (etwa in St. Pölten) eine sozialpädagogische Wohngemeinschaft für zunächst acht bis zehn jugendliche U-Häftlinge organisieren. Sie sollen nicht von Justizbeamten bewacht, über Nacht aber dennoch eingeschlossen werden, Ausgänge am Abend sind nur in Begleitung von Betreuern möglich. Doppelt besetzte professionelle Betreuung soll rund um die Uhr gewährleistet sein. In der Gruppe arbeiten ein Sozialpädogoge, ein klinischer Pschologe, ein Psychotherapeut und ein Lehrer mit den Jugendlichen.

Die Wiener Jugendrichterin Beate Matschnig verspricht sich viel von dem Konzept, weil die Betreuungsdichte so hoch ist. Bis Ende des Jahres soll ein weiterer Trägerverein ausgewählt und die Zahl der Plätze auf 25 angehoben sein. Anfang 2015 könnten die Wohngruppen starten, wenn Justizminister Wolfgang Brandstetter grünes Licht gibt. Der plant auch ein neues modernes Jugendgefängnis im derzeitigen Polizeianhaltezentrum Wien-Hernals.

Mehr Häftlinge

Höchste Zeit, denn in der Josefstadt drängen sich derzeit 40 jugendliche und 116 junge erwachsene (bis 21) Häftlinge. Für Vergewaltigungsopfer K. kommt das alles zu spät. Nun muss die Verhandlungsfähigkeit des längst enthafteten 15-Jährige untersucht werden, sein Prozess wurde vertagt.

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