Neue App: Wer das Auto stehen lässt, kommt gratis ins Museum

Neue App: Wer das Auto stehen lässt, kommt gratis ins Museum
Wer das Klima schont, kann künftig doppelt davon profitieren. Stadt Wien startet am 26.2. "Kultur-Token" im Testbetrieb.

Wer das Klima schont, soll künftig dafür belohnt werden - zumindest in Wien. Denn in der Hauptstadt startet am 26. Februar eine neue App im Testbetrieb, mit der umweltfreundlich zurückgelegte Wege bei  - vorerst - vier Kulturinstutionen in Gratistickets umgetauscht werden können.

Die Software erkennt dabei die Art der Fortbewegung und rechnet die entsprechende CO2-Einsparung im Vergleich zu einer Autofahrt um. Je mehr Schadstoffe man durch den Verzicht auf den Pkw einspart, umso schneller wird ein Token generiert, erklärten Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler und Digitalisierungsstadtrat Peter Hanke (beide SPÖ) am Montag in einer Pressekonferenz. "Wir wollen CO2-Reduktion mit einem Kulturerlebnis belohnen", umriss Hanke das Ziel.

Pro 20 Kilogramm CO2-Vermeidung innerhalb des Stadtgebiets erhält man ein Token. "Das wird im Durchschnitt dann erreicht, wenn man circa zwei Wochen lang jeden Tag mit dem Rad oder den öffentlichen Verkehrsmittel zur Arbeit fährt", erklärte Projektleiterin Christina Hubin von "Upstream Mobility", einem Tochterunternehmen der Stadt. Zusätzlich sollen im Herbst für alle während der Testphase eingelösten Tokens Bäume gepflanzt werden.

Vom Kristall zum Ticket

Der virtuelle Jeton erscheint dabei am Handy-Display als Kristall, der sich nach und nach füllt - und frappant an einen "Trivial Pursuit"-Spielstein erinnert. Pro Token gibt es dann eine kostenlose Eintrittskarte in eines der vier Partnerhäuser Wien Museum, Kunsthalle, Volkstheater oder Konzerthaus. Der User kann sich aussuchen, für welche angebotene Veranstaltung oder Ausstellung der digitale Gutschein eingelöst wird. Übertragbar ist das Gratisticket zumindest vorerst nicht, was auch mit rechtlichen Gründen erklärt wurde.

Neue App: Wer das Auto stehen lässt, kommt gratis ins Museum

Das Projektteam: Digitalisierungsstadtrat Peter Hanke, Christina Hubin (Projektleitung Upstream Mobility), Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler, Frau Isa (Art Direction), Shermin Voshmgir (Institut für Kryptoökonomie, WU Wien)

Gesammelt werden können bis zu fünf Token. Dann muss mindestens einer eingelöst werden. Hanke verwies darauf, dass für die App die sogenannte Blockchain-Technologie verwendet werde. Damit will die Stadt höchsten Datenschutz garantieren. Wobei für den Probelauf sehr wohl personenbezogene Daten nötig sind, da das Projekt durch das Institut für Kryptoökonomie der Wirtschaftsuniversität Wien unter Leitung von Shermin Voshmgir wissenschaftlich begleitet wird. Testuser werden dabei auch um Feedback gebeten.

Vollbetrieb ab Herbst geplant

Ist der "Kultur-Token" erfolgreich, soll er ab Herbst in den Vollbetrieb gehen. Immerhin habe bereits eine Reihe weiterer Kulturinstitutionen Interesse angemeldet, wie Hubin berichtete. Und die Idee sei, dass dann auch alle Wienerinnen und Wiener Token sammeln können. Davor müssten allerdings noch einige Fragen geklärt werden, räumten die Initiatoren heute ein: Gibt es Möglichkeiten, die App auszutricksen? Wie ist das Verhältnis von Angebot und Nachfrage?

"Ein Museum kann mit Gratistickets anders umgehen als ein Haus mit fixen Sitzplätzen", gab die Kulturstadträtin zu bedenken. Konzerthausvorstand Matthias Naske versicherte für sein Haus jedenfalls, dass "keine Ladenhüter" in die App eingespeist würden. Die vier mitmachenden Institutionen bekommen von der Stadt die Gratistickets übrigens nicht refundiert. Für die geplante flächendeckende Ausrollung ab Herbst werde man diesbezüglich noch Gespräche führen, sagte Kaup-Hasler.

Vorgesehen ist jedenfalls, das Angebot zu erweitern - eventuell auch über den Kulturbereich hinausgehend. Und laut Hubin kann man sich zudem vorstellen, irgendwann nicht nur umweltfreundliche Fortbewegung, sondern beispielsweise auch freiwilliges soziales Engagement zu belohnen.

Den Einwand, ein derartiges System schaffe die Voraussetzung für ein Sozialkreditsystem, wie es derzeit in China zwecks Verhaltenskontrolle aufgebaut wird, ließ WU-Forscherin Voshmgir nicht gelten. Das Projekt diene ja genau als Labor dafür, neue Technologien bei gleichzeitiger Wahrung der Privatsphäre nutzbar zu machen. Denn eines stehe fest: Digitalisierung lasse sich nicht aufhalten.

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