Notstopp im Wiener U-Bahn-Bau: Warum die U5 aufs Wartegleis rollen könnte

U-Bahn auf Abstellgleis.
Für das Sparpaket würde ein Aussetzen des weiteren U-Bahn-Ausbaus rund 250 Millionen Euro pro Jahr bringen. Allerdings hat der derzeit intensiv diskutierte Plan einen Haken.

Wien muss sparen – und Wien muss rasch viel sparen: Daran besteht spätestens seit dem vergangenen Montag kein Zweifel mehr, als unter anderem das Ende der 365-Euro-Jahreskarte – früher als geplant – verkündet wurde. Auch andere „heilige Kühe“ sind nicht mehr tabu: Hier (kleine) Einschnitte bei der Kinder-Mindestsicherung, dort angekündigte Verzögerungen bei der Spitäler-Infrastruktur. Und daher wird der enorme Budget-Druck wohl auch nicht vor dem weiteren U-Bahn-Ausbau haltmachen, zumal dort ausgabenseitig wirklich viel zu holen wäre. Zumindest auf dem Papier.

U5 schon enorm verzögert

Dass es zu Verschiebungen kommen und der vorgesehene Zeitplan nicht halten wird, ist mittlerweile ein offenes Geheimnis in Rathaus-Kreisen. Laut KURIER-Informationen sei nur noch die Frage, um wie viele Jahre insbesondere der Ausbau der U5 zu einer echten U-Bahn-Linie (bis Hernals) aufgeschoben wird. Zunächst soll ja bis Ende 2026 nur die vollautomatische Mini-U-Bahn (Frankhplatz bis Karlsplatz) auf der großteils U2-Stammstrecke ins Netz eingebunden werden. Von 2026/27 bis spätestens 2035 soll dann bis zur Vorortelinie S45 gebaut werden. Oder sollte.

Denn wie ein (roter) Insider verrät, sei selbst eine gröbere Verzögerung kein Beinbruch: „Das Ding wirkt dann ja eh 100 Jahre.“ Normale Verspätungen vor dem Baustart müssten sowieso eingepreist werden, da die Baugenehmigung meist länger benötige und/oder unterlegene Bieter die Ausschreibung beeinspruchen. Die U5 hat freilich schon eine saubere Verspätung aufgerissen: Ursprünglich hätte der erste Abschnitt 2023, der zweite 2025 eröffnen sollen. Umplanungen bzw. zu hohe Offerte der Baufirmen haben die türkise Linie schon einmal aufs Wartegleis bugsiert.

Ganz ähnlich die Situation bei der U2: Abgesehen von selbst verschuldeten Problemen (wie Berechnungsfehler bei den Bahnsteigtüren der U2-Stammstrecke), hatte man zuletzt mit dem Untergrund und dem Hochwasser zu kämpfen. Vorigen Sommer musste dann eingeräumt werden, dass der Ausbau zum Matzleinsdorfer Platz nicht vor 2030 (damit zwei Jahre später) fertig sein und 300 Millionen Euro mehr kosten würde. Danach soll es weiter zum Wienerberg gehen (2028 bis 2035). Doch auch dieser U2-Abschnitt steht wegen des Sparpakets zur Disposition, wie ein Insider verrät: „Alles, was noch nicht gebaut oder vergeben ist, steht am Prüfstand.“ Der U-Bahn-Ausbau ist zudem ein riesiger Brocken im Budget, selbst wenn der Bund die Hälfte mitfinanziert: In Summe verschlingt der ganze U2xU5-Ausbau mindestens 5,7 Milliarden Euro, wobei die noch nicht in Bau befindlichen Abschnitte auf 3,7 Milliarden kommen. Damit beläuft sich der Spar-Effekt auf bis zu rund 250 Millionen Euro pro Jahr, wenn der Weiterbau wegfällt.

Zeigt U-Bahn-Pläne.

Bundesanteil gedeckelt

Doch so einfach ist die Rechnung nicht: Denn in der 15a-Finanzierungsvereinbarung von 2022 zwischen Bund und Wien ist das Kleingedruckte hochstinteressant: Die Zahlungen des Bundes sind zwar mit Risikozuschlägen versehen und vorausvalorisiert, haben aber einen „Deckel“ – ergo hat Wien nicht nur Kostensteigerungen selbst zu tragen, sondern auch alle Verteuerungen, die sich aus höheren Preisen aufgrund der Inflation ergeben. Vereinfacht gesagt: Baut Wien die U-Bahn später, könnte es für die nächste Regierung deutlich teurer werden (oder es gilt mit dem Bund nachzuverhandeln).

Wie heikel die Materie ist, beweist die Tatsache, dass es auf KURIER-Anfrage von der Stadtregierung keine Garantien gibt, dass der bisher kommunizierte Zeitplan halten wird. Auch im rot-pinken Regierungsprogramm blieb man vage: Die Trassen bis Hernals (U5) und Wienerberg (U2) sind nur noch „wichtige Meilensteine für das Öffi-Netz von morgen“ – ohne Fahrplan.

Von den Wiener Linien heißt es knapp, dass man „mit Hochdruck“ arbeite: „Wir sind mitten in den Genehmigungsprojekten, arbeiten an der Abgabe von Einreichungen bei der Behörde und an den Ausschreibungsunterlagen. Die Fertigstellung ist für den Zeitraum 2032–2035 geplant.“

Kommentare