Wiener Hauptbahnhof: Bahnorama wird abgerissen

Das "Bahnorama" war eine Aussichtsplattform am Wiener Hauptbahnhof.
Behördlicher Abbruch des hölzernen Aussichtsturms im August. Opposition schimpft über Steuergeldverschwendung.

Der einst höchste begehbare Holzturm Europas steht endgültig vor dem Aus: Das "Bahnorama" beim Wiener Hauptbahnhof, das als spektakuläre Aussichtsplattform auf eine der größten Baustellen des Landes diente, wird demnächst abgerissen – und zwar zwangsweise: Obwohl die Baubewilligung bereits Ende 2014 ausgelaufen ist, hat der Eigentümer die Abtragung des Bauwerks noch immer nicht veranlasst.

Exakt 66,72 Meter ragt der Turm in den Favoritner Himmel. Jahrelang konnten hier Interessierte mit zwei verglasten Panoramaliften auf die 40 Meter hohe Plattform emporschweben, um aus der Vogelperspektive einen Blick auf die angrenzende Großbaustelle zu werfen.

Wiener Hauptbahnhof: Bahnorama wird abgerissen
APA2322186 - 19052010 - WIEN - ÖSTERREICH: "bahnorama" Gleichenfeier bei neuem Aussichtsturm am Mittwoch, 19 Mai 2010,beim Informationszentrum Hauptbahnhof in Wien.. APA-FOTO: HERBERT PFARRHOFER
Viereinhalb Jahre nach der Eröffnung schloss das "Bahnorama" Ende 2014 endgültig. Bis zu diesem Zeitpunkt hatten 300.000 Besucher den Infoturm besucht; nebenan fuhren bereits Züge durch die so gut wie fertige Verkehrsdrehscheibe.

Außerdem hatten die ÖBB den hölzernen Monolithen samt seinem Café und Veranstaltungsraum am Fuß bereits veräußert. Ein deutscher Investor sicherte sich den Turm über seine in Prag ansässige Tochterfirma "Vienna Tower Transfer" mit dem Ziel, es abzutragen und woanders wieder aufzubauen.

Fristen verstrichen

Obwohl das Unternehmen den Turm bis heute auf seiner Website bewirbt, ist seither nichts passiert. Da mittlerweile sämtliche Fristen verstrichen sind, rückt nun die Magistratsabteilung 25 (Stadterneuerung und Prüfstelle für Wohnhäuser) aus, um den Abbruch abzuwickeln. Der Eigentümer sei bereits nach Auslaufen der Baubewilligung aufgefordert worden, den Turm abzubauen. Nach Warnungen seitens der Behörde und der Zusicherung des Besitzers, nun aber wirklich zur Tat schreiten zu wollen, gewährte die Stadt einen letzten Aufschub.

Wiener Hauptbahnhof: Bahnorama wird abgerissen
The construction site of Vienna's new central railway station, which will be completed in 2014, is seen from the 66m (217 ft) tall "Bahnorama" observation tower during the tower's official opening in Vienna August 19, 2010. REUTERS/Lisi Niesner (AUSTRIA - Tags: BUSINESS CONSTRUCTION TRANSPORT)
Weil trotzdem nichts geschah, wurde inzwischen mittels Ausschreibung eine Firma beauftragt, den Zwangsabriss vorzunehmen – und zwar auf Kosten des Besitzers. Was mit dem abgetragenen Giganten – er bringt immerhin 150 Tonnen auf die Waage – passiert, ist laut Rathaus noch offen. Sehr behutsam dürfte man beim Abbau allerdings nicht vorgehen. Die Abtragung soll nämlich "möglichst effizient" vonstatten gehen. Das "Bahnorama"-Areal hat die Stadt übrigens für den Wohnbau reserviert.

Opposition schimpft über Steuergeldverschwendung

ÖVP und FPÖ schimpfen im Hinblick auf den anstehenden Zwangsabriss des Wiener "bahnorama" über Steuergeldverschwendung. Sie fürchten nämlich, dass die Stadt auf den Demontagekosten, die sie eigentlich vom jetzigen Eigentümer eintreiben will, letztendlich sitzen bleibt, wie die Oppositionsparteien am Donnerstag per Aussendung wissen ließen.

Wiener Hauptbahnhof: Bahnorama wird abgerissen
Das Bahnorama wird abgerissen
"Nachdem ÖBB und Stadt Wien für den PR-Gag 4,2 Mio. Euro springen ließen, der jährlichen Erhaltungsaufwand bei über 200.000 Euro lag und die beiden Bauherren trotz Verkaufs an einen deutschen Investor wahrscheinlich auch auf den exorbitanten Kosten für den Zwangsabriss im August sitzen bleiben werden, dürfte der dunkelrote Dilettantismus alleine dem Wiener Steuerzahler über 3(!) Mio. Euro kosten", erregte sich FPÖ-Verkehrssprecher Anton Mahdalik.
Wiener Hauptbahnhof: Bahnorama wird abgerissen
Ähnlich der Tonfall von ÖVP-Klubchef Manfred Juraczka: "Der bevorstehende Zwangsabriss des Aussichtsturms 'bahnorama' ist der vorläufige Höhepunkt in dieser mehr als dubiosen Causa und ist eine weitere Episode der rot-grünen Steuergeldverschwendung in Wien." Man habe hier ohne Plan und Konzept agiert, ärgerte er sich. Ob die Kosten für den Abriss vom jetzigen Besitzer, "der durch sein Verhalten nicht gerade als vertrauenswürdig zu bezeichnen ist", eingetrieben werden könne, sei mehr als fraglich.

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