Wiener Beschwerden sind fürs Klo

Wiener Beschwerden sind fürs Klo
Die Bundeshauptstadt bekommt ein stilles Örtchen, in dem nach Herzenslust geraunzt werden darf.

Die ohnehin als unfreundlich und schlecht gelaunt geltenden Wiener haben jetzt einen (stillen) Ort, ihrem Grant freien Lauf zu lassen: Das 1. Wiener Beschwerdeklo.

Dabei handelt es sich um ein Mobilklo, bei dessen Besuch man sich bei einer Klo-Frau oder einem Klo-Mann darüber auslassen kann, was einen gerade stört oder einem seit Längerem auf den Keks geht. Von Klo-Frau oder Klo-Mann wird die Beschwerde mit einem Aufnahmegerät festgehalten. Geht man danach aufs stille Örtchen, um sich auch physisch zu erleichtern, wird man mit fünfminütigem Gejammer anderer Wienerinnen und Wiener beschallt.

Vorbild für das Beschwerdeklo ist das kultige Opern-WC, das seit Jänner Geschichte ist und bei dem der Toilettengang mit klassischer Musik begleitet wurde. „Es soll ebenso eine Institution werden, aber keines mit fixem Standort“, sagt Oliver Hangl, der Obmann des Wiener Beschwerdechors, der das Beschwerdeklo erfunden hat. Das Ganze soll eher ein „mobiles Interventionswerkzeug“ sein, sagt er. Das Mobilklo bleibt also nicht an einem Standort, sondern soll durch die Wiener Bezirke ziehen, damit die Grantbestandsaufnahme so divers ist, wie die Stadtbevölkerung selbst. Den Anfang machte der 7. Bezirk: Vergangenen Freitag stand das Beschwerdeklo an der Ecke Zieglergasse/Westbahnstraße. Rund 40 Beschwerden trudelten ein.

Lärm und Heiraten

Der Ort wurde nicht zufällig gewählt, er gilt als Ballungszentrum des Ärgers der Neubauer, denn „rund um den Dönerstand ist ein ständiger Lärm“, sagt Hangl. Von Neubau zieht das Klo demnächst weiter auf den Schlesingerplatz in die Josefstadt. Denn dort soll eines der schönsten Standesämter Wiens abgesiedelt werden. Am 16. Dezember ist das Klo dort geöffnet. Und beim Klogang hört man dann schon den Ärger jener, die in Neubau ihr Geschäft verrichtet haben.

Danach ist vorerst Schluss. Im Frühjahr soll der Wiener Beschwerdechor dann mit dem Klo dort hingehen, wo es Probleme gibt. „Natürlich in Abstimmung mit den Bezirken“, sagt Initiator Hangl.

Die Audioinstallation wird bei jedem Standortwechsel adaptiert und mit den neuesten Beschwerden angereichert. Wer das Beschwerdeklo am ersten Tag in Wien-Neubau besucht hat, konnte das Gejammer der Mitglieder des Beschwerdechors hören. Etwa 100 Personen sind zur Zeit Teil des Ensembles und machen so ihrem Ärger „Musik“. Bei ihren öffentlichen Auftritte geht es nicht darum, einfach schöne Lieder zu singen, sondern Missstände melodisch anzuprangern. Der nächste Auftritt findet am 16. Dezember um 19.30 Uhr am Schlesingerplatz statt. Passenderweise direkt neben dem Beschwerdeklo.

Im nächsten Jahr soll die mobile Toilette zum Sudern mehrere Tage am Stück an einem Ort bleiben und so zum „Salzamt“ der Stadt werden.

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