Wiener Ärztekammer beklagt Überstunden von Spitalsärzten

Neun von zehn Spitalsärzten leisten Überstunden
Spitalsärzte führen Mehrarbeit auf Wunsch von Chef nicht an. Mehr Personal gefordert.

Drei Jahre ist das überarbeitete Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetz mittlerweile alt – bei der Wiener Ärztekammer löst es nach wie vor Unmut aus. Denn Spitalsärzte arbeiten – vor allem in den Wiener Gemeindespitälern – mehr als erlaubt, kritisiert die Kammer. "Wir sind einfach zu wenige, um unsere Arbeit ohne Überstunden erledigen zu können", sagt Wolfgang Weismüller, Obmann der Kurier für angestellte Ärzte.

Rückblick: 2015 setzte Österreich nach jahrelangen Verzögerungen eine EU-Richtlinie um, wodurch die maximal erlaubte Wochen-Arbeitszeit für Spitalsärzte von 60 auf durchschnittlich 48 Stunden sank. Die Neu-Regelung führte wegen befürchteter Lohneinbußen bundesweit zu Spannungen zwischen Krankenhausbetreibern und Medizinern. In Wien gipfelte der Streit 2016 in einem Warnstreik.

Nun ließ die Wiener Ärztekammer vom Meinungsforschungsinstitut IFES rund 4500 Ärzte aus den Gemeindespitälern (betrieben vom Wiener Krankenanstaltenverbund, kurz KAV) und den Privat- und Ordenskrankenhäusern online zu ihrem Arbeitspensum befragen. Rund 33 Prozent der kontaktierten Medizinier nahmen teil.

Mehrarbeit

Das Ergebnis: 89 Prozent der befragten KAV-Ärzte und 88 Prozent der Mediziner aus anderen Anstalten beenden ihre Tagdienste nicht pünktlich. Etwas besser ist demnach die Situation in den Nachtschichten: Rund 40 Prozent der teilnehmenden Wiener Spitalsärzte verlassen das Spital morgens zeitgerecht. Zurückzuführen sind die Mehrstunden auf Dienstübergaben, administrative Tätigkeiten und die Patientenversorgung. Problematisch ist laut Umfrage auch das Thema Zeitaufzeichnung. Fast die Hälfte der KAV-Ärzte, die Überstunden leisten, notieren diese nicht wahrheitsgemäß. Und das zum Teil deshalb, weil die Vorgesetzten dies laut Angaben der Befragten nicht wünschten. In den anderen Häusern liegt dieser Anteil nur bei 19 Prozent.

Ärztemangel

"Das ist ein Zustand, der sich dringend ändern muss", sagt Weismüller. Seine wichtigste Forderung: "Es braucht mehr Ärzte." Allein durch unentgeltlich geleistete Überstunden im KAV würden rund 120 Vollzeitäquivalente ersetzt. Insgesamt fehlen laut Weismüller bis zu 375 Mediziner. Weiters fordert die Kammer eine Reduktion administrativer Tätigkeiten für Ärzte und die Umsetzung Zentraler Notaufnahmen.

Arbeiten Ärzte mehr als 40 Wochenstunden, handle es sich um illegale Mehrstunden, betonte Weismüller bei der Umfrage-Präsentation. Laut KAV beträgt die Normalarbeitszeit 40 Stunden, Mehrleistungen bis 48 Stunden seien zulässig und würden auch bezahlt. Der KAV nehme die Umfrage sehr ernst, versichert ein Sprecher. Generell seien die Mitarbeiter verpflichtet, die Arbeitszeiterfassung korrekt zu führen – was auch klar geregelt sei. Der Ausbau der Zentralen Notaufnahmen habe hohe Priorität und sei im Laufen.

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