Der interaktive Stadtplan ist bereits voller kleiner Icons, die anzeigen, wo welches Tier unterwegs war. Ein Klick auf das Icon liefert die Details: "Fuchs saß eine Stunde am Grundstück unter unserer Terrasse und sah uns an", schrieb etwa jemand über einen Rotfuchs, der im Mai 2023 in Wien-Liesing gesichtet wurde. Doch nicht nur an den Stadträndern, auch im Zentrum sind Wildtiere unterwegs: "Ich treffe den Schwedenplatz-Biber fast jedes Mal, wenn ich in der Früh laufen gehe. Habe mehrere Fotos", schrieb ein User im Mai 2023.
Wiener Hamster
Wien ist also ein tierischer Tummelplatz. „Doch gerade über die bei uns häufigen Arten wissen wir oft noch erstaunlich wenig“, erklärt Zoologe Richard Zink. Gemeinsam mit Wildtier-Ökologin Fabienne Selinger ist er für das Projekt „Stadtwildtiere“ in Wien zuständig. Beobachtungen, die gemeldet werden, seien daher auch für die Wissenschaft von Nutzen, so Zink: Sie zeigen etwa, wo welche Tierarten in der Stadt gut überleben können. In der Fachsprache nennt man den Beitrag von Laien zur Forschung „Citizen Science“.
So ist Wien etwa das Zuhause von Tieren, die anderswo ausgestorben sind: etwa der Feldhamster. Ihn kann man zum Beispiel auf dem Meidlinger Friedhof beobachten. „Interessierte reisen sogar aus Deutschland oder der Schweiz an, um Feldhamster zu fotografieren“, erklärt Zink. Mit etwas Glück kann man in Wien gar einen Dachs antreffen: "Wunderbar, ein Dachs wohnt hier, sehr scheu und nachtaktiv", schrieb ein User etwa im April 2022 über eine Sichtung beim Friedhof in Wien-Atzgersdorf.
Auf den Spuren des Igels
Zusätzlich zu den regulären Meldungen startet nun das Projekt „Freie Bahn für Igel, Eichhörnchen & Co“: Von Mai bis September möchte man Daten über diese Tiere in Wien sammeln; im Herbst werden diese dann ausgewertet.
Das Hauptaugenmerk liegt dabei auf dem Igel und auf den Wegen, die er in der Stadt zurücklegt – beziehungsweise, welche Umwege er in Kauf nehmen muss. Denn hohe Gehsteigkanten, befahrene Straßen, Mauern oder Zäune können unüberwindbare Hindernisse darstellen. Je leichter die Tiere aber voran kommen, Futter finden und Populationen sich vermischen können, desto besser.
Sichte man einen Igel, sei das jedenfalls ein gutes Zeichen, betont Selinger: „Es zeigt, dass es noch ausreichend Insekten gibt und dass er abwechslungsreiche, insektenhaltige Nahrung findet.“ Jeder Gärtner könne sich jedenfalls über ihn freuen, fügt Zink hinzu: „Denn Igel vertilgen Schadinsekten und Nacktschnecken.“
Freiwillige können die Forscher übrigens auch bei diesem Projekt unterstützen: Wer möchte, kann in seinem Garten einen sogenannten Spurentunnel aufstellen. Dieser wird neben einer Hecke platziert. Ein Schälchen mit Insektenschrot soll den Igel anlocken; „es ist praktisch ein Leckerli“, sagt Zink. Rechts und links des „Leckerlis“ befindet sich ein Streifen Tinte, die äußeren Teile des Tunnels sind mit Papier ausgelegt. Tritt der Igel in die Tinte, hinterlässt er auf dem Papier kleine Fußspuren. „So bekommen wir ein Feedback, in welchen Gärten Igel unterwegs sind.“
Interessierte können sich noch melden (info@stadtwildtiere.at). Im Herbst werden die Studienteilnehmer dann über die Ergebnisse informiert. Und dank der Studie weiß man künftig vielleicht mehr darüber, wo genau sich in unserer Stadt Wildtiere tummeln.
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