"Mission Deutsch": So will Wien Kindern Deutsch beibringen
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„Deutsch ist die Eintrittskarte in die Gesellschaft, diese Chance muss allen gegeben werden“, sagte Bildungsstadtrat und Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr (Neos) bei der Präsentation der „Mission Deutsch“. Diese hat Wiederkehr nun im Vorfeld der Wien-Wahl im April ausgerufen.
Wien sei zwar eine vielfältige Stadt, aber man stoße durch Zuwanderung an Grenzen. Ziel der „Mission Deutsch“ sei es deshalb, dass künftig jedes Kind gut genug Deutsch sprechen soll, um ohne Probleme dem Unterricht folgen zu können. Doch wie soll das konkret aussehen?
Ehrenamt als Teil der Lösung
Zum einen setzt die „Mission“ auf Ehrenamt: Wiederkehr möchte „tausende“ Freiwillige mobilisieren, die beispielsweise als Lesepatinnen und -paten Kinder beim Spracherwerb im Kindergarten unterstützen sollen. „Jeder ist eingeladen mitanzupacken."
Die Anmeldung für die Aktion sei bereits ab sofort möglich, nach den Semesterferien sollen konkretere Informationen folgen. Notwendig sei das, da Gleichaltrige zunehmend weniger über den Kontakt im Kindergarten miteinander Deutsch erlernen, was unter anderem auf die demografische Entwicklung in der Stadt zurückzuführen sei.
„Man braucht ungefähr eine Million Stunden, damit alle Kindergartenkinder in der Volksschule ausreichend Deutsch können. Wir stocken die staatlichen Mittel auf, aber wir brauchen auch Ehrenamtliche“, sagt der Bildungsstadtrat im Gespräch mit dem KURIER.
Mehr Sprachförderkräfte
Zum anderen sollen die bereits bestehenden Sprachförderangebote in den elementarpädagogischen Einrichtungen weiter professionalisiert werden. Beispielsweise sollen die Sprachförderkräfte in den Kindergärten auf 500 aufgestockt werden. Bereits nach den Semesterferien sollen 50 neue Sprachförderkräfte bei der Stadt angestellt werden.
Erweitertes Sommerangebot
Auch das Förderangebot in den Sommerferien soll ausgebaut werden. So sollen Kinder, die im letzten Kindergartenjahr nicht ausreichend Deutsch beherrschen, in den Ferien vier Wochen intensiv auf den Schulstart vorbereitet werden.
Anwesenheitspflicht ausbauen
Wiederkehr appellierte zudem erneut an den Bund, ein zweites verpflichtendes Kindergartenjahr einzuführen: „Ein verpflichtendes Jahr reicht nicht.“
Zusätzlich plädiert Wiederkehr als Teil der „Mission Deutsch“ für Änderungen der Besuchspflicht. Gefordert werden 30 Stunden Kindergartenbesuch pro Woche, um den Deutscherwerb zu unterstützen: „Es reicht nicht aus, wenn Kinder schon vor dem Mittagessen wieder vom Kindergarten abgeholt werden“, führt er weiter aus.
„Wir warten die Regierungshandlungen auf Bundesebene ab“, sagt Wiederkehr in Bezug auf die Besuchspflicht und das zweite verpflichtende Kindergartenjahr. „Wenn es bundesweit nicht kommt, werden wir in Wien eigene Schritte setzen.“
Sorge vor der Zukunft
Zuversichtlich sei er momentan nicht, was das zweite Kindergartenjahr bundesweit angehe. Stattdessen warnte er vor Rückschritten einer blau-schwarzen Koalition. In Wien sei zwar „nicht alles gut“, aber man müsse den „Sturm, der aufzieht“ aufhalten. Dabei verwies er auf zunehmende Diskriminierung, Rassismus und Antisemitismus an Schulen.
Mit der "Mission Deutsch" wolle man stattdessen eine Basis für eine gelungene Integration legen - "ganz ohne Träumereien, ganz ohne Spaltung". Wiederkehr nennt das Vorhaben insgesamt „ambitioniert, aber machbar“.
Es werde über eine Million Euro zur Verfügung gestellt, um die Maßnahmen der nächsten Wochen zu treffen. Langfristig würden deutlich über 10 Millionen Euro notwendig sein, erklärt Wiederkehr auf KURIER-Nachfrage.
Kritik der Opposition
Auf wenig Zustimmung stößt das Vorhaben bei den Wiener Grünen: „Die Mission Deutsch“ von Bildungsstadtrat Wiederkehr wird völlig wirkungslos bleiben", so Parteivorsitzende Judith Pühringer. Zudem seien die 500 Sprachförderkräfte bereits Teil des Koalitionsabkommen in Wien gewesen.
„Wiederkehr hatte vier Jahre lang Zeit, in seinem Bereich an Lösungen zu arbeiten. Dass er 3 Monate vor der Wien Wahl auf eine Mission draufkommt, ist in dieser kurzen Zeit nicht umsetzbar“, sind sich Julia Malle und Felix Stadler, Bildungsprecher der Wiener Grünen, einig.
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