Warum die autofreie Innenstadt in Wien bald Realität sein könnte

Nach Jahren des Wartens ist es Donnerstagnachmittag soweit: Verkehrsminister Peter Hanke (SPÖ) wird die – von seinen Wiener Kollegen lang ersehnte – Novelle der Straßenverkehrsordnung (StVO) präsentieren. Die darin behandelten Themen dürften gesetzt sein, die Wiener Stadtregierung erwartet sich einiges davon. Eine Vorschau.
Verkehrsberuhigte Innenstadt
Eine Ära geht zu Ende, wenn Hankes Neuerungen den Weg für die verkehrsberuhigte Innenstadt ebnen, nämlich die Ära des Streits darüber. Und davon ist auch auszugehen: Der Verkehrsminister hat bereits im April verkündet, dass mit der Novelle der StVO das kamerabasierte Zufahrtsmanagement für Innenstädte ermöglicht werden soll.

Die verkehrsberuhighte Innenstadt könnte durch die StVO-Novelle Realität werden
Kameras, so das lang geforderte Konzept, sollen Kennzeichen etwa bei der Einfahrt in den ersten Bezirk fotografieren. Wer nicht dort wohnt oder in eine Garage fährt, muss nach 30 Minuten den Bezirk verlassen. Einer technischen Machbarkeitsstudie, die allerdings bereits etwas in die Jahre gekommen ist, geht hervor, dass so täglich bis zu 15.700 Einfahrten verhindert und die Stellplatzauslastung um fast ein Viertel reduziert werden könnte.
Besonders goutieren dürfte den neuen Versuch Verkehrsstadträtin Ulli Sima (SPÖ), die sich mit Hankes Vorgängerin, der ehemaligen Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne), eine medienwirksame Auseinandersetzung geliefert hatte. Gewessler hatte zwar auch eine StVO-Novelle vorangetrieben, sei aber auf dem Standpunkt geblieben, dass die Kameras bei Demos wegen datenschutzrechtlicher Bestimmungen auszuschalten und zu verhängen seien. Das quittierte Sima mit einem erbosten „Die Kameras wären mehr aus- als eingeschaltet“.

E-Mopeds könnten von den Radwegen verbannt werden
Wien hat übrigens nicht allein für eine praktikablere Lösung gekämpft. Mehr als 25 Städte, darunter St. Pölten, Leoben und Linz, waren der Hauptstadt beigesprungen, mit dem Ziel, die diversen Stadtzentren zu verkehrsberuhigen. Sollte die ersehnte Novelle tatsächlich 2026 in Kraft treten, wird eine Umsetzung dennoch dauern. Einer europaweiten Ausschreibung würden bauliche Maßnahmen folgen müssen. Vor 2028 sei darum nicht mit einer autofreien City zu rechnen, hieß es im April.
E-Mopeds müssen runter von den Radwegen
Mehrere Bundesländer überzeugen konnte Wien auch mit seiner Forderung, Elektro-Mopeds von den Radwegen zu verbannen – auch deshalb weil sich die Situation im Verkehr gefährlich zuspitzte. Künftig sollen die bis zu 80 Kilogramm schweren Vehikel, die derzeit noch als Fahrräder gelten (so sie die maximale Geschwindigkeit von 25 km/h nicht überschreiten) deshalb nur noch auf den Straßen unterwegs sein dürfen. Damit brauchen sie auch ein Kennzeichen – und die Fahrzeugnutzer zudem eine Versicherung.
Hier hat sich Sima – seit einiger Zeit passionierte Radlerin – persönlich ins Zeug geworfen und immer wieder die gefährlichen Begegnungen zwischen den tatsächlich in die Pedale tretenden Radlern und den gasgebenden E-Moped-Fahrern angeprangert. Noch dazu, weil Letztere oft aufgemotzt und deutlich schneller als 25 km/h unterwegs sind – und das teilweise auf den ausgebauten Wiener Rad-Highways. „Dafür haben wir das aber sicher nicht gemacht“, mokierte sich Sima bereits 2024.

Die Helmpflicht für E-Bikes und E-Scooter steht im Raum
Ex-Verkehrsministerin Leonore Gewessler verschleppte die Thematik allerdings lange und ließ eine Arbeitsgruppe ohne politische Konsequenzen werken. Wohl auch deshalb weil die Grünen die urbane E-Mobilität nicht einmal minimal einschränken wollten. Und wohl auch, um die Hauptnutzer der E-Mopeds – migrantische Essenslieferanten – nicht zu sanktionieren. Daher war hier zuletzt auch von längeren Übergangsfristen und/oder Entschädigungen für erfolgte Moped-Anschaffungen die Rede.
Dennoch gab es vorab Proteste von den gewerkschaftlich organisierten Fahrern, während die Essensriesen wie „Foodora“ die Novelle ausdrücklich begrüßten.
Spannend wird aber sein, wie streng das Radweg-Verbot exekutiert wird, und ob sich die langsamen Essenflitzer dann wirklich sicher in den Pkw-Fließverkehr einreihen werden – am Gürtel gewiss eine Herausforderung.
Zukunft von E-Bikes und E-Scootern
Kompliziert dürften die Verhandlungen rund um die neuen Regeln für E-Bikes und E-Scooter verlaufen sein. Wie berichtet, hat der Verkehrsminister im Sommer von einer möglichen Helmpflicht für die Lenker dieser Fahrzeuge gesprochen. Der Koalitionspartner, in Form von Neos-Verkehrssprecher Dominik Oberhofer, hat sich zu der Zeit aber offen gegen die Maßnahme ausgesprochen.
Genau so wie auch die E-Scooter-Verleiher. Mehrfach haben sie sich an die Presse gewandt, um darauf aufmerksam zu machen, was eine Helmpflicht für ihr Geschäftsmodell bedeuten würde. Nämlich: Dass die Fahrten um bis zu 70 Prozent zurückgehen, wie das Beispiel Dänemark zeigt, wo 2022 eine Helmpflicht eingeführt wurde. Für Wien, der Stadt mit den meisten E-Scootern in Österreich, sind ähnliche Folgen nicht ausgeschlossen, heißt es. Lieber als über eine Helmpflicht hätten die Verleiher deshalb über eine mögliche Geschwindigkeitsreduktion gesprochen. Zuletzt aber mehrten sich die Anzeichen für die Helmpflicht.
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