Bürgerprotest gegen Glockentürme
Wir wollen nicht ins rechte Eck gedrängt werden“, schickt Josef Wolfram von der Bürgerinitiative „Wir für Leopoldau“ voraus. „Wir haben auch nichts gegen die Religion – weil Christen sind wir alle.“
Trotzdem steigen zahlreiche Bewohner des Leopoldauer Platzes zurzeit gegen eine syrisch-orthodoxe Kirche auf die Barrikaden – oder besser gesagt: gegen die 11 bzw. 17 Meter hohen Kirchtürme des geplanten Kulturzentrums. Binnen weniger Tage haben sie mehr als 1100 Unterschriften gegen das Projekt gesammelt, das mitten im rustikalen Ortszentrum entstehen soll.
Weil der Platz als Schutzzone gilt, richtet sich der Ärger der Anrainer „gegen unsere Politiker“. „Wir vermissen die Kompromisslosigkeit der Baubehörden, mit der sie uns Alteingesessenen Kleinigkeiten wie Gauben oder straßenseitige Dachfenster verboten haben. Uns wurden Materialien für Fenster und Dachziegel vorgeschrieben und auch die Farbe der Außenfassade durften wir nicht selber bestimmen.“ Dass aber ausgerechnet die Türme einer syrisch-orthodoxen Kirche nicht gegen den Ensembleschutz verstoßen, versteht man bei der Initiative nicht.
Israil Günel, der stellvertretende Vorsitzende der syrisch-orthodoxen Gemeinde, signalisiert zwar prinzipiell Gesprächsbereitschaft. Die Auflagen für private Wohnhäuser könne man aber nicht 1:1 mit denen einer Kirche vergleichen.
Einladung zum Dialog
Günel lädt die Anrainer ein, ihre Anliegen direkt mit Architekt Christian Lang zu besprechen und verspricht: „Nichts wird ohne das Wissen der Nachbarn geschehen. Wenn die Pläne fertig und von unserem Bischof abgesegnet sind, werden wir die Nachbarn einladen, um darüber zu reden.“
Für kommende Woche wurde ein erster Gesprächstermin mit dem Architekten vereinbart.
Dieser sagt, man sei darum bemüht, das Kulturzentrum in die dörfliche Struktur des Leopoldauer Platzes zu integrieren. Die Gebäudehöhe sei vom Bezirk abgesegnet, und der Entwurf „relativ konservativ“. Die 17 Meter Turmhöhe stimmen zwar, „aber damit wäre er nur halb so hoch wie der benachbarte Kirchturm.“
Bei der für das Ortsbild zuständigen MA19 will man noch nicht über ungelegte Eier diskutieren. „Erst wenn ein konkretes Projekt eingereicht ist, können wir es nach Schutzzonen-Kriterien begutachten“, erklärt Abteilungsleiter Franz Kobermaier.
Prinzipiell dürfe man in Schutzzonen aber „zeitgemäße Neubauten“ errichten. Und auf ersten Entwürfen aus dem Jahr 2011 entspreche das geplante Kulturzentrum dieser Vorgabe: „Es ist relativ schlicht, nichts daran ist bizarr. Wenn es in dieser Form eingereicht wird, spricht zumindest laut Bauordnung nichts dagegen.“ Zudem sei ein religiöses Zentrum in einem historischen Ortskern durchaus legitim.
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