Kunstfehler bei Operation: Patientin starb

Chirurg bei Prozess in Wien zu 14.400 Euro Geldstrafe verurteilt; nicht rechtskräftig

Es war ein winziger Haken, der die Patientin das Leben kostete. Nur 1,7 Millimeter länger als der, der sonst bei derartigen Operationen verwendet wird.

Doch die 1,7 Millimeter hatten zur Folge, dass der Herzbeutel der Frau perforiert wurde. Langsam und von außen unsichtbar drang Blut in ihre Herzkammer ein. Am nächsten Tag erlitt sie einen Herzstillstand und starb.

Am Mittwoch saß deshalb der Chirurg eines Wiener Krankenhauses vor der Richterin. Ihm wird grob fahrlässige Tötung vorgeworfen.

20 Jahre Erfahrung

Der Arzt kann auf mehr als 20 Jahre Erfahrung zurückblicken. „Er kann sich nicht erklären, warum das nicht aufgefallen ist“, sagt sein Rechtsanwalt Herbert Eichenseder. Er habe den Eingriff schon unzählige Male zuvor durchgeführt – ohne Probleme.

Der Vorfall ereignete sich am 24. Mai 2018. Die Patientin litt an einem Zwerchfell-Bruch, Magenanteile hatten sich in den Brustbereich verlagert. Deshalb sollte ein Netz angebracht werden.

Doch als der Chirurg mit der Operation begann, war das gewohnte OP-Material nicht vorhanden, mit dem das Netz fixiert werden sollte. Als Ersatz nutzte der Arzt ein sogenanntes Secure Strap (es ähnelt äußerlich einer Harpune) – und dieses war um 1,7 Millimeter länger als die gewohnet Fixierung.

„Das wusste ich nicht, ich habe es als gleichwertigen Ersatz gesehen“, sagt der Chirurg. Und: „Für die OP-Ausstattung bin ich nicht zuständig. Man weiß nie, wie viel vorhanden ist. Man hofft einfach, dass genug bestellt wurde.“

Doch in der Beschreibung dieses Secure Straps wird ausdrücklich darauf hingewiesen, ihn nicht in der Nähe des Zwerchfells zu verwenden. Das wusste der Chirurg nicht. „Darf ich mir nicht erwarten, dass ein Arzt so etwas weiß oder das Wissen einholt?“, wundert sich die Staatsanwältin. „Sonst darf man es halt nicht verwenden.“

Ein Sachverständiger gibt zu bedenken: „Das Zwerchfell ist nicht überall gleich dick. Hätte er das ein paar Zentimeter weiter gesetzt, wäre nichts passiert.“ Doch es wäre zumutbar gewesen, das fehlende Material per Taxi aus einem anderen Krankenhaus holen zu lassen. „Das hier ist ein tragischer Fall für alle Beteiligten.“

Die Richterin sieht den Tatbestand der fahrlässigen Tötung als erfüllt an. Der Arzt hätte sich informieren müssen.

Er wird zu einer Geldstrafe über 14.400 Euro verurteilt; nicht rechtskräftig – der Mediziner erbittet Bedenkzeit.

Der Arzt versieht seinen Dienst übrigens nach wie vor im Krankenhaus.

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