Schwieriges Erbe: Wie Wiens Heurigen trotz Teuerung überleben wollen

Schwieriges Erbe: Wie Wiens Heurigen trotz Teuerung überleben wollen
Von einem Heurigensterben will man offiziell nicht sprechen, genaue Daten fehlen. Wirte kämpfen mit fehlendem Nachwuchs, Personalmangel und dem Image, günstig sein zu müssen

Die Insolvenzen häufen sich, trifft es aber Traditionsbetriebe wie Kaffeehäuser oder Heurigen, ist die Aufregung groß. Auch die Nachricht von der Insolvenz rund um das Heurigen-Restaurant Wambacher hat den Bezirk Hietzing in Aufruhr versetzt.

Seit 170 Jahren ist der Traditionsbetrieb in der Lainzer Straße zu Hause und gilt als Institution.

Wichtiges Detail: Das Lokal selbst ist in Privatbesitz und nicht insolvent, sondern die „Masek Genuss GmbH“ von Pächter Simon Masek. Stammgäste dürfen jedoch hoffen, der Heurige soll saniert und weiterbetrieben werden.

Schätzungen, statt Daten

Heurige und Buschenschanken zählen als Kulturgut, wie viele es von ihnen noch gibt – und in Zukunft noch geben wird –, ist aber nur schwer fassbar.

Weil die Bezirksämter die Buschenschank-Anmeldungen aus Datenschutzgründen nicht mehr an die Landwirtschaftskammer Wien weiterleiten, muss man auf Schätzungen zurückgreifen.

Und die liegen seit nunmehr zwei Jahren bei rund 100 Betrieben. Von einem „Heurigensterben“ will man bei der Kammer nicht sprechen.

„Früher gab es definitiv mehr, die Zahlen sind aber nur schwer vergleichbar, da auch ganz andere Rahmenbedingungen galten“, erklärt Elmar Feigl vom Fachbereich Weinbau.

Gleiches Angebot bei weniger Betrieben

Es habe viele sehr kleine Betriebe gegeben, die nur zwei Wochen lang Wein ausschenkten. Im Gegensatz dazu hätten heute viele ganzjährig geöffnet. „Das Angebot ist also sicher nicht kleiner geworden, auch wenn es weniger Betriebe gibt.“

Die Heurigenbetreiber teilen diese Einschätzung nicht unbedingt. Einer von ihnen ist Olaf Wilcke, der die Buschenschank „Keller am Berg“ in Stammersdorf im 21. Bezirk betreibt.

„Man muss nur in den Ausschank-Kalender schauen. In den letzten fünf Jahren hat sich die Zahl der Betriebe sicher halbiert“, berichtet er.

Spritzer statt Achterl

Geschlossen wurde etwa der Weinhof Sammer oder die Buschenschank Komada. Laut Wirt Johann Komada sei noch ungewiss, ob sein Enkel, der aktuell die Weinbauschule besucht, doch irgendwann übernehmen und wieder aufsperren wird.

Verändert hat sich laut Wilcke auch das Konsumverhalten seiner Gäste: „Es ist verhaltener. Hat man früher zwei, drei Achtel getrunken, sind es heute ein Achterl und ein Spritzer.“

Schwieriges Erbe: Wie Wiens Heurigen trotz Teuerung überleben wollen

Heurigenwirt Michael Edlmoser

Dass Gäste sich noch genauer überlegen, wo sie ihr Geld ausgeben, bestätigt Michael Edlmoser. Er führt den gleichnamigen Heurigen in Mauer im 23. Bezirk in dritter Generation.

„Man bemerkt einen gesellschaftlichen Wandel. Die guten Betriebe sind extrem voll. Wer stehen geblieben ist, keine zeitgemäßen Speisen anbietet oder nicht auf Bio-Wein umgestellt hat, bleibt eher leer.“

Ein Problem sei die angespannte Personalsituation, weshalb er schon mal weniger Tische besetzt, als vorhanden wären.

Schwierige Preispolitik

Gibt es keine Nachkommen, werden die familiengeführten Betriebe nicht selten verkauft. Enorme Grundstückspreise machen den Heurigen in Grinzing im 19. Bezirk zu schaffen.

Die Preise seien so enorm, dass sich für Käufer ein Weiterbetrieb nicht rentieren würde, schildert Linus Schaber vom Heuriger Maly.

Würden wir uns im unteren Preissegment bewegen, könnten wir nicht überleben

von Romana Martin

Betreiberin "Zum Martin Sepp"

Um für junges Personal attraktiv zu sein, biete man flexible Arbeitszeiten. Seine Kinder arbeiten bereits im Betrieb mit. Gemessen an der Qualität, die man Gästen biete, seien die Preise noch moderat, und das, obwohl man zu denselben Konditionen wie Restaurants einkaufe.

Ähnliches schildert Romana Martin, die den Heurigenwirt „Zum Martin Sepp“ betreibt. Angeboten wird hier inzwischen auch vegan und vegetarisch. Problematisch sei die Auffassung, dass Heurige günstig sein müssten: „Würden wir uns im unteren Preissegment bewegen, könnten wir nicht überleben.“

In den letzten 15 Jahren hätten einige Betriebe zugesperrt, ihre eigene Tochter denke über die Nachfolge noch nach. „Aber ein paar Jahre habe ich ja noch“, sagt Martin.

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