Wiederkehr ruft Personaloffensive für Wiener Kindergärten aus

Symbolbild Kindergarten.
Fünf-Punkte-Programm soll Fachkräftemangel in der Elementarpädagogik entschärfen.

Der Fachkräftemangel trifft auch die Kindergärten massiv; in Wien gleichermaßen wie überall in Österreich. Wiederholte Proteste der Elementarpädagoginnen und -pädagogen im vergangenen Jahr zeugen davon.

Am Donnerstag präsentierte Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr (Neos) deshalb eine "Personaloffensive" mit dem Ziel, bis 2025 weitere 2.500 Fachkräfte in den Job zu bekommen. Das mittelfristige Ziel sei es, den Personalschlüssel zu verbessern.

"Wichtigste Bildungseinrichtung"

Gemeinsam mit den städtischen wie privaten Kindergärten sowie weiteren Playern wurde darum ein Fünf-Punkte-Plan aufgestellt, um gegenzusteuern. "Der Kindergarten ist die erste und für mich wichtigste Bildungseinrichtung", sagte Wiederkehr. Hier werde nicht nur der Grundstein für die weitere Bildungslaufbahn, sondern für das weitere Leben an sich gelegt.

Darum gelte es nun, mehr Menschen für das "schöne, aber auch fordernde Berufsfeld zu begeistern". Gelingen soll das mit einer Image- und Ausbildungsoffensive. Erstere läuft sofort an und hat zum Ziel, "den Beruf und seine gesellschaftliche Stellung aufzuwerten", so Wiederkehr.

Imagekampagne oftmals gefordert

Der Wunsch nach einer solchen Kampagne sei immer wieder an ihn herangetragen worden und war auch eine der zentralen Forderungen bei den vergangenen Kindergarten-Demonstrationen.

Im Rahmen der Kampagne sollen auch gezielt Männer angesprochen werden, bewegt sich der Anteil der Elementarpädagogen doch nach wie vor "deutlich" im einstelligen Bereich.

Wiederkehr ruft Personaloffensive für Wiener Kindergärten aus

Susanna Haas (St. Nikolaus Stiftung), Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr und Kurt Burger von der MA 10 präsentierten den Fünf-Punkte-Plan

Zugleich sollen die Möglichkeiten zum Berufseinstieg ausgebaut beziehungsweise erleichert werden. So werden die Plätze in den unterschiedlichen Ausbildungsformen ausgeweitet; die stadteigene Bildungsanstalt für Elementarpädagogik (Bafep 21) in Floridsdorf wird etwa bis 2026 durch einen Neubau ersetzt und die Kapazität von 750 auf 1.000 Plätze erhöht.

Quereinstieg erleichtern

Zudem soll der Quereinstieg in den Beruf erleichtert werden, sehe man doch, dass Quereinsteigerinnen und -einsteiger "oft mit einer besonderen Leidenschaft in den Beruf gehen" - und auch länger im Beruf bleiben, so Wiederkehr. Damit einhergehend soll auch das vom WAFF zur Verfügung gestellte Ausbildungsgeld in Höhe von 400 Euro monatlich ausgeweitet werden.

Zuletzt fasst man in Kooperation mit dem AMS auch die laut Wiederkehr "vielen ukrainischen Frauen" ins Auge, die über eine pädagogische Ausbildung verfügen und in Wien bleiben wollen. 20 von ihnen absolvieren bereits eine duale Ausbildung, im Rahmen derer sie bereits in Kindergärten eingesetzt werden, während sie parallel gefördert Deutsch lernen. Auch dieses Programm soll ausgeweitet werden. Das schaffe nicht nur eine Perspektive für die Geflüchteten, sondern sei "auch für uns eine wertvolle Ressource", so der Vizebürgermeister.

"Frustrierender" Alltag

Dass sich der Personalmangel in den städtischen Kindergärten und bei den privaten Einrichtungen gleichermaßen bemerkbar macht, bestätigten Kurt Burger, der stellvertretende Abteilungsleiter der MA 10 (Kindergärten), sowie Susanna Haas, die pädagogische Leiterin der St. Nikolaus Stiftung und Vertreterin der Trägerinnen- und Trägerkonferenz.

"Der Personalmangel ist in unserem Alltag dauernd präsent", sagte Haas. Zwar sei es ein sehr sinnstiftender Beruf, doch zu wissen, um wie viel besser die Betreuung mit ausreichenden Personalressourcen sein könnte, sei auch "sehr frustrierend" für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Hunderte Posten unbesetzt

Laut Burger sind im städtischen Bereich aktuell 360 Dienstposten unbesetzt, die Pensionierungswelle der Babyboomer-Generation verschärfe die Situation. Er betonte auch, man lege den Fokus mittlerweile deutlich auf den Quereinstieg, da viele Absolventinnen und Absolventen der Bafeps das Berufsfeld verlassen und sich an Universitäten weiterbilden.

Zudem liege der Männeranteil bei der fünfsemestrigen Kolleg-Ausbildung für den Quereinstieg auch deutlich höher, nämlich bei aktuell 19 Prozent. Burger verwies auch darauf, dass die Anmeldung für den nächsten Ausbildungsstart im Februar 2023 noch bis 27. November läuft (alle Infos hier).

Wiederkehr hofft, die hohe Fluktuation auch durch eine kontinuierliche Verbesserung der Rahmenbedingungen in den Griff zu bekommen und verwies in diesem Kontext etwa auf die Verdoppelung der Assistentinnen sowie der Sprachförderkräfte.

ÖVP skeptisch, FPÖ und Grüne positiv

Die Opposition reagierte unterschiedlich auf die angekündigte Ausbildungsoffensive. "Es bleibt zu hoffen, dass sich diese nicht als nächster Neos-Marketing-Schmäh entpuppt", meinte VP-Bildungssprecher Harald Zierfuß in einer Aussendung. Eines der wichtigsten Ziele sei jedenfalls die Erhöhung der Zahl der Pädagogen pro Gruppe.

Wiens FPÖ-Klubobmann und Bildungssprecher Maximilian Krauss begrüßte die Initiative prinzipiell, "allerdings wird eine Imagepolitur des Kindergärtners nicht ausreichen, um genügend Menschen für den Beruf zu begeistern", mutmaße er. Er forderte in einer Aussendung unter anderem, das Gehaltsschema für Kindergärtner zu verbessern.

Das Bildungssprecher-Duo der Wiener Grünen, Julia Malle und Felix Stadler, zeigte sich ebenfalls zufrieden, dass Wiederkehr nach zwei Jahren in der Regierung "nun endlich" konkrete Schritte setze. Allerdings bleibe abzuwarten, ob diese auch in der Praxis zu spürbaren Verbesserungen führen, befanden sie. "Was leider fehlt, ist ein konkreter Stufenplan zur Reduzierung der Gruppengrößen und des Fachkraft-Kind-Schlüssels in den Kindergärten."

Kommentare