Wie Wien kranken Wildtieren beim Überwintern hilft

Wie Wien kranken Wildtieren beim Überwintern hilft
Schwachen oder verletzten Tieren wird in Laxenburg über die kalte Jahreszeit geholfen

Zuerst schüttet Sabrina Steinberger Sägespäne in die kleine Tierbox, anschließend das Stroh. Vorsichtig hebt die Wildtier-Pflegerin dann die kleine stachelige Kugel, setzt den Igel in sein Überwinterungsquartier.

Steinbergers Handgriffe sind routiniert. Das Team in der Wildtierstation hat fast 150 gefährdete Igel in ein zwischenzeitliches Zuhause gesetzt.

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Fünf Kilometer außerhalb der Stadtgrenze, am Beginn des Laxenburger Schlossparks, befindet sich seit zwei Jahren die Wildtierstation der Stadt Wien. Nachdem der Wiener Tierschutzverein den Leistungsvertrag mit der Stadt aufgekündigt hatte, erarbeitete die Magistratsabteilung Forst- und Landwirtschaftsbetrieb 2018 ein neues Konzept für Wildtiere in Not.

Es besteht aus: einer Hotline, einer Fundbox und der Wildtierstation.

Verletzt oder in Not

Neben den Igeln leben hier derzeit etwa ein Jungschwan, der eine Fleischwunde auskuriert, ein Turmfalke ohne Schwanzfeder oder ein Bussard mit Anflugtrauma.

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Ganz hinten im Hauptraum, im hohen Käfig mit den ausgehöhlten Baumstämmen, vergräbt sich einer von sechs Siebenschläfern in seiner Hängematte.

Im Außengehege klettern drei Eichkätzchen über die Gitterstäbe; sie sind als Neugeborene aus dem Nest gefallen.

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Ihnen wird in der Tierküche übrigens gerade Apfelmus zubereitet.

Wegen Corona

Insgesamt 2.900 Tiere sind heuer in der Wildtierstation versorgt worden – eine hohe Zahl, die laut Günther Annerl, Leiter des Wildtierservice, auch auf die Pandemie zurückzuführen ist: „Die Wienerinnen und Wiener haben generell ein Herz für Wildtiere. Durch Corona waren sie mehr in der Stadt, in Erholungsgebieten. Und so ist ihnen mehr aufgefallen.“

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Einerseits werden die Tiere vom Einsatzteam der Stadt abgeholt; andererseits von den Wienern in der Wildtier-Fundbox in der Triester Straße 114 in Favoriten abgegeben.

So auch das immer noch zusammengekugelte Weißbrustigel-Junge, das einem Wiener in der Liesinger Ketzergasse aufgefallen war.

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Menschenscheu

Einmal wurde heuer sogar ein Rehkitz in der Fundbox vorbeigebracht – allerdings in Absprache. „Der erste Griff sollte immer zum Handy sein“, sagt Annerl. „Die Tiere sind nicht an Menschen gewöhnt.“ Menschliche ,Rettungsversuche‘ würden die Situation manchmal verschlimmern.

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Im Fall des Rehkitz’ ging alles gut. Es läuft mittlerweile im Nationalpark Donauauen. Dort befindet sich das Auswilderungsgehege.

Keine Streicheleinheiten

Bis Tiere ausgewildert werden, verbringen sie manchmal Monate in der Station: Dabei sollen sie sich möglichst wenig an Menschen gewöhnen. Sie werden gefüttert, aber nicht gestreichelt, erzählt  Chef-Pfleger Matthias Kladler.

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Zu einigen bauen die Pflegerinnen dennoch eine besondere Beziehung auf. So gibt es etwa Houdini, einen Igel, der ständig ausbüxte und jetzt in einer besonders sicheren Box in der kühleren Igel-Schlafhalle untergebracht ist.

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In der Box neben Tierpflegerin Steinberger bewegt sich die stachelige Kugel, eine Schnauze wird sichtbar, fängt an zu zucken, die Kugel rollt sich auf. Der kleine Igel krabbelt zum Fressnapf, in dem sich Katzentrockenfutter und Mehlwürmer befinden.

Ob der kleine Igel Winterschlaf halten wird, ist nicht sicher. Mit 319 Gramm ist er zu leicht. 500 Gramm benötigt er mindestens. Sollte er nicht genug zulegen, kann er im wärmeren Innenbereich munter überwintern. Ihn dann nicht zu streicheln, wird eine Herausforderung.

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