Wie man verhindert, dass Gewalt Schule macht

Für Wiener Schulen wurde Gewaltpräventionspaket geschnürt
Wie die Stadt Wien gegen Gewalt, Mobbing und Angst in den Wiener Klassenzimmern vorgehen will.

Nicht für die Schule, für das Leben lernen wir. Das gilt nicht nur für Alphabet und Algebra, sondern auch für soziale Grundrechnungsarten. Dass Mobbing nicht okay ist, dass Drohungen uncool sind, dass Gewalt keine Lösung ist, solche Sachen.

Weil immer mehr Schülerinnen und Schüler in dieser Beziehung an Lernschwäche laborieren, haben Bildungsstadtrat und Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr (Neos) sowie Bildungsdirektor Heinrich Himmer ein neues „Gewaltschutzpaket“ geschnürt.

Das Paket enthält unter anderem schnelle Eingreifteams, die aus Sozialarbeitern und anderen Spezialisten bestehen und von den Schulen bei Bedarf angefordert werden können, Anti-Gewalt-Trainings und Strategien zur Gewaltprävention. „Schule soll ein angstfreier Raum sein“, sagt Stadtrat Wiederkehr. „Wir lassen die Pädagoginnen und Pädagogen nicht im Stich. Wichtig ist aber auch Unterstützung für die Schüler.“

Die jetzt vorgestellten Maßnahmen sind nicht neu, sie sollen aber verstärkt und teilweise auch verschärft werden. Ausgebaut wird etwa das Programm „Familie in Schule“, in dessen Rahmen Eltern einmal in der Woche mit ihren Kindern in die Schule kommen und in speziellen Klassen lernen sollen, wie man Grenzen setzt oder was Erziehungsarbeit leisten kann. Denn: „Wir können nicht alle Probleme in der Schule lösen, es braucht auch die Familien“, sagt Himmer.

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Ein zentraler Punkt des Pakets sind die Suspendierungen. Bei „Gefahr im Verzug“, also wenn die Sicherheit von Mitschülern oder Lehrkräften gefährdet ist, können Schüler für bis zu vier Wochen vom Unterricht suspendiert werden.

Das Problem ist, dass das Problem dadurch nicht gelöst wird. „Die Suspendierung ist nur ein Indikator“, sagt Himmer. „Sie ist wie ein Feueralarm, der löscht den Brand ja auch nicht. Wir wollen deshalb nicht nur suspendieren, sondern auch ein Angebot machen.“

Wie man verhindert, dass Gewalt Schule macht

814 Suspendierungen

Im Schuljahr 2022/’23 wurden an den Wiener Schulen insgesamt 814 Suspendierungen ausgesprochen; Spitzenreiter waren Neue Mittelschulen (483 Suspendierungen), gefolgt von Sonderpädagogischen Zentren (122) und Volksschulen (116). Zwei Drittel der Suspendierungen dauerten ein bis 14 Tage; es gab aber auch Rückfalltäter: Drei anscheinend besonders schwierige Schüler fassten nicht weniger als fünf Suspendierungen aus und haben vom insgesamt 36 Wochen langen Schuljahr entsprechend wenig mitbekommen (siehe Grafik).

Neu ist, dass eine Suspendierung jetzt verpflichtend mit einem Gespräch verbunden ist. Sozialarbeiter oder Psychologen sollen mit dem Schüler und dessen Eltern besprechen, unter welchen Bedingungen eine Rückkehr in den Schulbetrieb erfolgen soll.

Und was passiert, wenn das Dialogangebot von den Eltern nicht angenommen wird? „Dann eben nicht“, sagt der Wiener Bildungsdirektor. „Dann endet hier die Kompetenz der Schule, und es gibt eine Meldung an die Kinder- und Jugendhilfe.“

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