Altbewährt: Wie man in einer WG für Ältere zusammenlebt

Altbewährt: Wie man in einer WG für Ältere zusammenlebt
Homestory: Kann man als älterer Mensch in eine Wohngemeinschaft ziehen? Man kann, zum Beispiel in der Seestadt Aspern.
Von Uwe Mauch

Kein Morgen ohne „Guten Morgen“: Wenn etwa Willi Markom, der Älteste in dieser fünfköpfigen WG der Junggebliebenen, in die interne Signal-Gruppe schreibt, dann geben auch seine Mitbewohner kurz ein Lebenszeichen von sich. Das haben sie sich so ausgemacht. Weil es ihnen allen nicht egal ist, wie es den Menschen nebenan geht.

WG Melange“ heißt die erste Wohngemeinschaft der Caritas-Wien in der Seestadt Aspern nicht ganz zufällig. Acht Wohn-Einheiten bietet sie für die Generation 55+. Jede Einheit ist mit einem eigenen Bad, Klo und einer Küche ausgestattet.

Altbewährt: Wie man in einer WG für Ältere zusammenlebt

Konflikten, die in Studenten-WGs gerne auftreten, ist hier durch die räumliche Aufteilung von vornherein ein Riegel vorgeschoben: Privatheit ist hier garantiert. Jede Einheit kann auch versperrt werden.

Gemeinsamer Kaffee

„Vielleicht habe ich es mir ein bisschen zu romantisch vorgestellt“, sagt Willi Markom am großen Tisch im Gemeinschaftsraum offen. Doch die Bilanz des bald 82-jährigen EDV-Fachmanns ist eindeutig positiv: „Das war die absolut richtige Entscheidung. Ich möchte heute nicht mehr alleine in einer Wohnung leben.“

Wenn er jetzt den anderen in der "WG Melange“ mitteilt, dass er gerade Kaffee gekocht hat, dann muss er diesen nur selten alleine trinken.

Es gibt zahlreiche Studien, die belegen, dass Menschen, die in einer sich wertschätzenden Gemeinschaft leben, länger gesund bleiben oder, um es nüchtern volkswirtschaftlich zu formulieren, später Pflegebedarf benötigen.

"Keine zehn Pferde"

„Hier bringen mich keine zehn Pferde mehr raus“, erzählt Martina Parihar, die erst vor drei Monaten in die WG eingezogen ist. In dem Haus einer Genossenschaft, in dem sie zuvor wohnte, kannte sie von ihren vierzig Nachbarn gerade einmal zwei näher. „Und wegen jedes Glühbirndls meine Nichten anrufen, das wollte ich auch nicht auf Dauer.“ In der WG klopft sie kurz nebenan an. Und der rüstige Willi rückt gleich mit Werkzeug an.

Altbewährt: Wie man in einer WG für Ältere zusammenlebt

Natürlich ist die Caritas die Caritas. Aber auch die Caritas muss zumindest ihre Kosten decken. Für die WG-Bewohner bedeutet das wiederum, dass sie monatlich 560 Euro für eine 30--Einheit und 814 Euro für eine 46--Einheit bezahlen müssen, exklusive Betriebskosten, aber inklusive mehr als 400 m² Gemeinschaftsfläche, die von allen genützt werden können.

Sie müssen sich nicht heiraten

Fünf Menschen, jede eine eigene Persönlichkeit - mit viel Lebenserfahrung, dem einen oder anderen Wehwehchen, glücklichen und auch mal traurigen Momenten. Das Gute ist: Sie müssen sich nicht heiraten, aber sie können sich ins Herz schließen.

Nicht immer können alle an den wöchentlich anberaumten Zusammenkünften in der WG teilnehmen. Ein Mal im Monat gibt es einen Jour fixe mit der Sozialberaterin Silke Scharf, die selbst einiges an Erfahrung mit gemeinschaftlichen Wohnen einbringen kann.

Besser Konsent als Konsens

Scharfs Blick von außen ist hilfreich. Dieser Erkenntnis stimmt auch das Quintett in der Alters-WG zu. Immer gehe es um den Konsent, im Gegensatz zum Konsens ist das eine Lösung, bei der mit dem geringst möglichen Widerstand in der Gruppe zu rechnen ist.

Good old Willi wird beispielsweise heute vorschlagen, dass sich die Gemeinschaft künftig ein Mal pro Monat professionelle Unterstützung für die Reinigung der Gemeinschaftsräume (auch eine kleine Waschküche gehört dazu) leisten sollte, was mit zusätzlichen Kosten verbunden ist.

Wird sein Vorschlag größtmögliche Zustimmung finden? Das soll das Geheimnis der Fünf in ihrer WG bleiben. Vor ihrer Entscheidung wollen sie aber noch einen Wunsch loswerden: Drei Wohneinheiten stünden noch leer. Möchte da niemand aus der großen Gruppe der älteren Damen und Herren einziehen?

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