Westbahnhof-Areal: Wie ein Bordell zum Grätzeltreff wird

Ein Paar geht auf einem Bürgersteig an einem mit Graffiti bedeckten Gebäude entlang.
Jahrelang versuchte der damalige Bezirksvorsteher vergebens den Westbahnpark zum Leben zu erwecken. Stadträtin Ulli Sima (SPÖ) präsentiert jetzt einen Beteiligungsprozess für die Gestaltung

Das kleine Haus auf der Felberstraße im 15. Bezirk, direkt neben dem Rustensteg, kennt man. Früher war es ein bekanntes Bordell. Der Name: Club 28. Seit Jahren steht es leer. Das wird sich jetzt ändern.

Ein Kartenausschnitt des 15. Bezirks in Wien, der den Standort Stadtraum Mitte 15 in der Felberstraße 78 zeigt.

Denn, wie Planungsstadträtin Ulli Sima (SPÖ) gemeinsam mit ÖBB-Infrastruktur-Vorständin Silvia Angelo und dem neuen Bezirksvorsteher des 15. Bezirks Dietmar Baurecht (SPÖ) am Montag verkündete, soll genau hier ein Grätzel-Treffpunkt für den jüngsten und dicht besiedelten Bezirk entstehen.

Anrainer aus den Bezirken 15, 14, 7 und 6 sollen hier über die Zukunft des Areals am Westbahnpark diskutieren. Geplant sind Workshops, Besprechungen und eine Info-Stelle. Betrieben wird das Haus in Zukunft von der Gebietsbetreuung, heißt es. Startschuss sollen vier themenspezifische Spaziergänge am Areal sein, die bereits am 19. November stattfinden.

Mega-Pool am Areal

Über die Entstehung eines Parks auf dem rund 6 Hektar großen brachliegenden Areal der ÖBB wurde schon oft und seit Langem gesprochen.

Seit 2019 gibt es die Initiative „Westbahnpark“. Sie umfasst mittlerweile 40 Personen und ist ein Zusammenschluss von Architekten, Biologen, Künstlern, Juristen und anderen, die fordern, dass das nicht genützte Areal zu Grünraum wird.

 

Drei Personen stehen auf einer Brücke mit Graffiti im Hintergrund.

ÖBB-Infrastruktur-Vorständin Silvia Angelo, Stadträtin Ulli Sima und Bezirksvorsteher Dietmar Baurecht (beide SPÖ) beim Lokalaugenschein 
am Areal.

„Das Areal muss eine Freifläche bleiben“, sagt Hannes Gröblacher von der Initiative. Auch das Projekt und die Idee eines Mega-Pools mit einer Länge von 1,2 Kilometer sollte damals den Menschen bewusst machen, wie viel Platz hier frei liege und dass man das Areal schützen müsse. Vor allem vor einer Bebauung, sagt Gröblacher.

Das Areal sei eine wichtige Frischluftschneise: Unbebautes Areal sei notwendig, um vor der Erderwärmung zu schützen. „Die kühle Luft kommt von hier bis in die Innenstadt“, sagt Gröblacher. Am Freitag um 15 Uhr plane man daher auch eine Aktion, in der Luft symbolisch inPlastik-Taschen vom Westbahn-Areal bis zum Platz der Menschenrechte transportiert wird. „Wir wollen den Druck erhöhen“, sagt Gröblacher.

Zufälligerweise läuft auch die Online-Petition der Initiative bis 19. November (westbahnpark.jetzt). Also bis zu jenem Tag, an dem die Grätzel-Spaziergänge der Stadt starten. Mehr als 7.500 Menschen haben bereits ihre Unterschrift hinterlassen.

Ein Bahnhof mit mehreren Gleisen, Zügen und einem Parkplatz mit Autos.

Blick auf einen Bahnhof mit mehreren roten und grauen ÖBB-Zügen.

Blick über einen Bahnhof mit mehreren Gleisen und Zügen.

Ein Unterstützer des Parks war auch der damalige Bezirksvorsteher Gerhard Zatlokal (SPÖ), der sich später aufgrund seiner Projekte (Stichwort: Gürtelpool und Ikea-Grätzel) mit der Stadt-SPÖ zerstritt. Er plante im Sommer 2021 einen Pop-up-Park auf dem Areal. Dieser wurde vonseiten der ÖBB abgesagt: Sie forderten nämlich eine 24-Stunden-Security. Dafür fehlte schließlich das Geld.

Die Initiative befürchtet jedenfalls, dass das Areal künftig auch für Wohnbau zur Verfügung stehen soll und nur die Zwischenräume als Park genützt werden.

Eine Gruppe von Menschen überquert eine Straße und trägt große, hellgrüne Kissen auf dem Rücken.

Aktion beim Urbanize-Festival: Die Initiative Westbahnpark.jetzt transportierte bereits "Frische Luft" vom Wienerwald in den Westbahnpark. Weitere Aktionen werden folgen.

„Alles ist möglich“

Ob hier nun Wohnhäuser oder doch ein Pool entstehen sollen, wird sich weisen: „Alles ist möglich“, sagt dazu Stadträtin Sima. Man wolle jedenfalls im Beteiligungsprozess erörtern, was gewünscht sei – gemeinsam mit den Anrainern und den Initiativen. Dazu müsse man auch die Herausforderungen aufzeigen: etwa die unterschiedlichen Ebenen am Areal, die Gleise und die bestehenden Nutzungsverträge. Aber natürlich liege der SPÖ „auch der soziale Wohnbau am Herzen“, so Sima.

Für die ÖBB sei das Areal vergleichbar mit dem Areal Neues Landgut. „Unsere Immobilienstrategie sieht vor, dass wir die Grundstücke behalten und Baurechte vergeben.“ Übrigens: Der Ursprungsplan für das Areal war überhaupt ein anderer. Eine Bundesstraße sollte gebaut werden und den grünen Berg mit dem Gürtel verknüpfen, heißt es aus der Flächenwidmungsabteilung der MA 21 (Stadtentwicklung). „Das entspricht nicht mehr der gewünschten Klimafitness“, heißt es. „Die Flächenwidmung für gemischtes Baugebiet werde man ändern müssen“.