Eine Beobachtung, die sie mit Hilfsorganisationen teilen. Erst kürzlich gab die Volkshilfe bekannt, dass die Zahl der Erstberatungen um fast 50 Prozent gestiegen ist. Vor allem Alleinerziehende sind betroffen.
Auch die beiden Juristen sind täglich mit dem Thema konfrontiert. Und allzu oft sind Mieter völlig überfordert, wenn eine Räumungsklage ins Haus steht. „Viele ignorieren das Schreiben. Weil es vom Gericht kommt, muss es persönlich behoben werden. Sehr oft passiert das gar nicht“, schildert Obereder.
In der Folge nehmen die betroffenen Mieter auch den Gerichtstermin nicht wahr. Obereder, die entsprechende Klagen für den 2. und 20. Wiener Gemeindebezirk bearbeitet, kann ein Lied davon singen. „Ich setze an einem Tag 40 bis 60 derartige Verhandlungen an. Nur fünf bis zehn betroffene Mieter kommen dann auch. Beim Rest ergeht ein Versäumnisurteil.“
Dabei wäre die Delogierung oft noch zu vermeiden. Etwa durch Unterstützung des Wohnschirms – im Jahr 2022 ins Leben gerufen, soll er Menschen vor dem Wohnungsverlust bewahren. Unter anderem werden Mietrückstände beglichen. „Viele Räumungen werden deshalb auch in letzter Minute abgesagt“, sagt Obereder. Der Wohnschirm (www.wohnschirm.at) wurde zuletzt bis ins Jahr 2026 verlängert und um 60 Millionen Euro aufgestockt.
Gleichzeitig steigen auch die Zahlen der Mietzins-Anfechtungen. Und das hat einen einfachen Grund: Prozessfinanzierer haben dieses Feld für sich entdeckt und werden im Erfolgsfall finanziell beteiligt. Mieter haben kein Risiko. „Das ist zu einer echten Industrie geworden“, beobachtet Kovanyi. „Das sind allerdings keine Mieterschützer, sondern Geschäftemacher.“
Es dürfte sich aber auszahlen. Die Erfolgsquote liegt laut Richterin Obereder bei 90 Prozent.
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